Das Bild ist eklig: Es zeigt Kot, der in einer WC-Schüssel schwimmt – und dabei das arabische Wort für Allah bildet. Als Kommentar steht dazu: «I have proof of Allah» – Ich habe einen Beweis für Allah (siehe Diashow). Gepostet hat den Beitrag ein Facebook-User namens «Last crusade against islam». Und zwar auf einer Schweizer Seite namens Defend Switzerland – Anti-Islam, als deren Logo ein Kreuzritter dient. Die Betreiber der islamfeindlichen Seite hielten es offensichtlich nicht für nötig, den beleidigenden Post, der seit Mai online ist, zu löschen.
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Unter den zahlreichen «Freunden» von Defend Switzerland tummeln sich auch mehrere prominente SVP-Exponenten. Etwa die Nationalräte Pirmin Schwander, Hans Fehr, Walter Wobmann, Hans Kaufmann, Felix Müri, Nadja Pieren, Yvette Estermann oder Alfred Heer, zudem der abgewählte Nationalrat Thomas Fuchs und Blocher-Schwiegersohn Roberto Martullo. Doch auch Ständeratspräsident Filippo Lombardi (CVP) gehört dazu.
Alle beteuern, von nichts gewusst zu haben
Alle von 20 Minuten auf ihre Freundschaft angesprochenen SVP-Exponenten beteuern, ihnen sei der genaue Inhalt von Defend Switzerland nicht bekannt gewesen. «Dieses Foto ist sehr primitiv», sagt die Luzernerin Yvette Estermann. Der Zürcher Alfred Heer erklärt: «Man darf nicht auf diese Art Hass schüren.» Thomas Fuchs ärgert sich, dass sich auf Facebook viele «Psychopathen» tummelten, die zum Teil über Nacht ihre Profile veränderten. «Mit solchem Mist kann ich nichts anfangen.»
«Ich kann bei 2600 Facebook-Freunden nicht jeden einzelnen durchleuchten», sagt auch Walter Wobmann. Der Vater der Minarett-Initiative betont, er kämpfe dagegen, dass der politische Islam in unseren Breitengraden Fuss fasse – heisse Inhalte wie das Kot-Foto jedoch nicht gut. «Aber man übertreibt es auch: Bei den Linksextremen wischt man solche Sachen einfach unter den Tisch.»
«Abgrenzungsproblem zu den Rechtsextremen»
Alfred Heer räumt ein, er habe früher zu wenig genau hingeschaut bei Freundschaftsanfragen. «Da gabs eine Schweizerfahne, und ‹Defend Switzerland› tönt ja auch harmlos.» Mittlerweile sei er aber vorsichtiger geworden. Yvette Estermann sagt, sie habe bei Dutzenden Anfragen pro Woche nicht die Zeit, jede einzelne zu überprüfen. So verlässt sie sich darauf, ob Bekannte von ihr bereits mit der anfragenden Seite befreundet sind – eine Strategie, die in diesem Fall offensichtlich wenig taugte, weil zuvor bereits Parteikollegen Defend Switzerland für vertrauenswürdig gehalten hatten.
Politberater Louis Perron findet, die Erklärungen der betroffenen SVPler tönten plausibel. «Ich würde ihnen deshalb keinen Strick daraus drehen.» Das solle aber über eines nicht hinwegtäuschen: «Die SVP hat schon lange ein Problem mit der Abgrenzung zur rechtsextremen Szene – das gilt auch für einzelne Exponenten auf Bundesebene.» Mit ihren Kampagnen, die hart an die Grenze gingen, rufe die Partei zuweilen Geister, die sie nicht mehr loswerde. Perron erinnert als Beispiel an die islamfeindlichen Plakate, welche die SVP 2009 im Aargau aufhängte: «Maria statt Scharia».
Einige SVPler ziehen die Konsequenzen
Die politische Konkurrenz hält sich hingegen mit Kritik zurück. SP-Fraktionschef Andy Tschümperlin: «Es kann passieren.» Politiker seien nun mal daran interessiert, möglichst breit auf Facebook vernetzt zu sein, um ihre Botschaft an die Leute zu bringen. «Jeden Facebook-Freund durchzuchecken geht einfach nicht.» Die Reaktion sei aber entscheidend, hält Tschümperlin fest: «Wird man auf menschenverachtende Inhalte hingewiesen, muss man seine Freundschaft sofort beenden. Sonst teilt man offensichtlich das fragliche Gedankengut.»
Heer, Estermann und Fuchs haben Defend Switzerland nach der Anfrage von 20 Minuten tatsächlich ihre Facebook-Freundschaft aufgekündigt. Bei Walter Wobmann stand der Schritt am frühen Dienstagabend noch aus.
so ein quatsch
die leute fragen immer mehr bei mir nach, wie man von facebook los kommt und die svp will sich erst einmal auf das niveau Social-Media bringen. Wie weit sind den die hinten drin? Die SVP sollte lernen, wie man ohne Social-Media mit den Leuten in Kontakt bleiben kann...
Die SVP ist nicht mehr bürgerlich
Früher, als die SVP noch eine geachtete, bürgerliche Partei war, hatte sie nie solche Probleme. Seit aber die Zürcher SVP-Hardliner und -Ideologen Ch. Blocher und Ch. Mörgeli diese Partei an den rechtern Rand des schweiz. Parteienspektrums gefahren haben, gibt es diese Art von Problemen immer wieder. Das heutige Gedankengut der SVP (Kernthema: Die Fremden) ist schon weit weg von dem des Bürgertums. Heute ist die SVP vergleichbar mit anderen rechts-populistischen Parteien/Bewegungen am rechten Rand im Ausland.
SVP säte Wind und erntet Sturm
Die SVP wird nun die Geister, die sie über Jahre rief, nun nicht mehr los. Oder noch passender: Wer Wind sät, wir Sturm ernten.
Schlechte Ausreden
Tut mir leid, aber mir fällt es doch schwer, Ausreden wie "ich habe nicht genau hingeschaut" zu akzeptieren. Dass sich im Internet solche Hassgruppen tummeln, ist überhaupt nicht neu und spätestens seit dem Kristallnacht-Gstürm auf Twitter sollten Politiker dafür sensibilisiert sein. Dass sie das nicht sind, bedeutet entweder, dass sie schlichtweg unfähig sind, damit umzugehen, oder es jetzt einfach als Ausrede benutzen. Gilt übrigens für Politiker jeglicher Couleur, nicht nur der SVP (auch wenn sich das Problem dort zu häufen scheint).
Beispiel Ägypten
Zeitgleich räumt in Kairo das Militär die Protestcamps der Muslimbrüder. Damit könnte jetzt die Stunde der Radikalen gekommen sein. Wer garantiert uns, dass es in einigen Jahren nicht auch so bei uns sein könnte?