«Time-out»Das Schicksal der Lakers
Die Lakers feuern Manager Reto Klaus. Der erste Schritt zur Rettung. Aber Trainer Christian Weber ist offensichtlich so gut wie Wayne Gretzky.
Christian Weber (46) gilt zu Recht als einer der grössten Schweizer Spieler aller Zeiten. Aber den Zürcher mit Wayne Gretkzy (49) zu vergleichen, wäre so absurd, wie Micheline Calmy-Rey die gleiche aussenpolitische Bedeutung zuzuschreiben wie Hillary Clinton.
Aber als Trainer ist Weber so erfolgreich wie Gretzky. Wie der Kanadier hat er zwar keinen Erfolg. Aber umso erfolgreicher ist er bei der Bildung seines Clans.
Gretzky verschaffte Kumpels Jobs
Es war im Herbst 2006 in Phoenix. Wayne Gretzky arbeitete als Cheftrainer der Phoenix Coyotes. In den Kabinengängen kam ich mir vor wie zu den guten alten Zeiten der Edmonton Oilers in den 1980er Jahren. Als General Manager arbeitete Michael Barnett, Gretzkys ehemaliger Agent. Die Goalies beübte Grant Fuhr. Auch Paul Coffey war da. Wenn ich mich recht erinnere, war er für das Powerplay zuständig. Und der grosse Vorsitzende der Scouting-Abteilung der Amateure hiess Keith Gretzky, der Bruder von Wayne.
Der Grösste aller Zeiten hatte seinen Kumpels Jobs in Phoenix verschafft. Der Gretzky-Clan ruinierte das Unternehmen. Als Headcoach verpasste Gretzky die Playoffs viermal hintereinander (!). Seine Nachfolger haben nach dem Konkurs die unwesentlich veränderte Mannschaft im Frühjahr 2010 gleich in die Playoffs geführt und steuern bereits wieder auf Playoff-Kurs.
Weber: König der Schweizer «Clanmacher»
Einflussreiche Persönlichkeiten verstehen es in der NHL, eigene Clans zu bilden. Die Macht reicht nicht aus, um auch befreundete Spieler zu holen. Aber immerhin gelingt es oft, seinen Freundeskreis im Management und im Coachingteam zu installieren.
Christian Weber ist der König der Schweizer «Clanmacher». Er hat nach und nach seine «Kumpels» nach Langnau geholt. Jungs, die er im Laufe seiner Karriere als Trainer oder Spieler vor allem in der Organisation der GCK- und ZSC Lions kennt und schätzen gelernt hat. Zum Beispiel: Sandro und Claudio Moggi, Marco Bayer, Matthias Bieber, Eric Blum, Andreas Camenzind, Sven Helfenstein, Aurelio Lemm oder Michel Zeiter. Unter Weber haben die meisten in Langnau ihr bestes Eishockey gespielt und sind teilweise gar zu Nationalspielern gereift. Der Mannschaft hat es indes nicht geholfen: Die Langnauer haben unter Weber die Playoffs immer verpasst und schrammten schliesslich knapp am Konkurs vorbei. Die Steuerzahler mussten die SCL Tigers retten. Webers Nachfolger John Fust segelt die nominell schwächere Mannschaft nun auf Playoffkurs.
Weber holt seine Leute nach und nach zu den Lakers
Unter dem Glockengeläut der Lokalmedien ist der in Langnau gescheiterte «Weber-Clan» weiter gezogen und sich bei den Lakers auf neuen Weidegründen niedergelassen: Webers Freunde haben hier neue Jobs gefunden. Die beiden Assistenten Marco Bayer und Nick Hess arbeiten zwar bei den Lakers, wohnen aber weiterhin in Langnau. Verteidiger Sandro Gmür und Torhüter Matthias Schoder sind ebenfalls bei ihrem Freund Weber untergekommen und nun verstärkt ab nächster Saison auch noch Andreas Camenzind die «Weber-Bruderschaft».
Gut, das ist eine bösartige Analyse. Aber im Misserfolg hilft nur der klare Blick auf Missstände. Das böse Wort für diese Vorgänge heisst Vetternwirtschaft. Im Eishockey sind solche Bruderschaften weltweit gang und gäbe. Einige sind besser als andere beim Bilden von Bruderschaften, Weber ist einer der Besten in diesem Fach. Wie einst Gretzky als Trainer.
Bei Misserfolg nur ein Mittel
Am Ende des Tages zählt im Sport der Erfolg. Bringt Vetternwirtschaft einem Sportunternehmen Erfolg, so werden zu Recht die guten Beziehungen gerühmt. Bleibt der Erfolg wie bei den Lakers aus, gibt es nur ein Mittel, das auch in Nordamerika in solchen Situationen angewendet wird: «House cleaning.» Alle werden gefeuert. Von Manager bis zum Cheftrainer und seinen Assistenten. Der ganze Clan.
An diesem Punkt sind die Lakers inzwischen angelangt. Das «Experiment Weber», mit viel berechtigten Hoffnung gestartet, ist überraschend und unerwartet schnell gescheitert. Richtigerweise ist nun der dafür verantwortlichen Manager Reto Klaus nach 16-jähriger Amtszeit gefeuert worden. Der tüchtige Sportmanager hat grösste Verdienste um die Lakers, er ist sogar einer der Baumeister der NLA-Existenz dieses Unternehmens. Aber er ist in den letzten Jahren ein Opfer seiner Selbstüberschätzung geworden: Mit dem Geld der neue Arena haben Arroganz und Ignoranz seine Sinne fürs Hockeygeschäft immer mehr getrübt.
Kann «Experiment Weber» noch gelingen?
Kann das «Experiment Weber» unter einem neuen Manager doch noch gelingen? Vielleicht und nur bei klarer Gewaltentrennung. Trainer Weber darf nicht auch noch Sportchef werden und so alle Macht übernehmen. Die unhaltbare Situation mit seinen Langnauer Kumpels als Assistenten müsste geklärt werden. Eine neue Leistungskultur kann nur aufgebaut werden, wenn wichtige Spieler, beispielsweise die Ausländer, ausgewechselt werden. Allen voran Stacy Roest, die Symbolfigur des Misserfolges. Pech, dass sein Vertrag ohne jede Not grad verlängert worden ist. Eine neue Dressfarbe wäre auch hilfreich, ja vielleicht wäre es gut, das ganze «Lakers-Experiment» zu beenden und dem ganzen Unternehmen auf nächste Saison einen neuen Namen, eine neue Identität zu geben.
Die Lakers haben mit der Amtsenthebung von Reto Klaus den ersten Schritt in die richtige Richtung getan. Aber wenn sie nicht den Mut für weitere Schritte haben und auf halbem Weg stehen bleiben, führt der Weg in die NLB. Die Abstiegsgefahr bleibt akut.