MordprozessFrau des Enkels erschossen: Mann (79) muss 20 Jahre hinter Gitter
Eine dreifache Mutter wurde 2021 in ihrer Wohnung in Winterthur erschossen. Der Täter, ihr serbischer Schwiegergrossvater, muss sich nun vor Gericht verantworten.
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Zusammenfassung zum Prozess
Der Serbe (79), der die Frau (32) seines Enkels erschossen hat, ist wegen Mordes zu einer Freiheitsstrafe von 20 Jahren verurteilt worden. Zudem wird er für 15 Jahren des Landes verwiesen.
Mit dem Urteil des Bezirksgerichts Winterthur ist der Prozess um den Femizid vom Februar 2021 in Winterthur beendet. Für das Gericht ist erwiesen, dass der 79-Jährige die dreifache Mutter erschossen hat. Die vom Beschuldigten gemachte Notwehrsituation glaubt es nicht. «Es gab keinen Grund, warum das Opfer auf Sie hätte losgehen sollen», sagte der Richter.
Die Tötung sei ganz klar ein Mord gewesen. Er habe aus nächster Nähe sechs Schüsse auf die Frau abgegeben. «Es war eine eigentliche Hinrichtung», sagte der Richter. «Sie haben quasi gottgleich als Herrscher über Leben und Tod geurteilt.»
Der Beschuldigte wurde ebenfalls wegen Sozialhilfebetrugs schuldig gesprochen. Am Prozess vom Dienstag hat die Staatsanwältin eine lebenslängliche Freiheitsstrafe verlangt. Es sei ein Ehrenmord gewesen. Der Serbe hatte Notwehr geltend gemacht. Sein Verteidiger hat auf einen Freispruch vom Mordvorwurf plädiert.
«Es war eine eigentliche Hinrichtung»
Für das Gericht ist erwiesen, dass der heute 79-jährige Serbe in einer Wohnung in Winterthur die dreifache Mutter und Frau seines Enkels mit sechs Schüssen getötet hat. Die vom Beschuldigten erklärte Notwehrsituation ist für das Gericht nicht glaubhaft. «Es gab keinen Grund, warum das Opfer auf Sie hätte losgehen sollen», sagte der Richter. Es gebe auch keine Hinweise, dass die Frau ein Messer hatte. Die Tötung ist für das Gericht ganz klar ein Mord. «Sie sind mit einem geladenen Revolver auf Besuch zu der Mutter mit dem 19-monatigen Kleinkind gegangen.» Das Opfer habe sich nicht wehren können. Er habe aus nächster Nähe sechs Schüsse auf die Frau abgegeben. «Es war eine eigentliche Hinrichtung. Sie haben quasi gottgleich als Herrscher über Leben und Tod gehandelt», sagte der Richter. Der Verurteilte wurde ebenfalls wegen Sozialhilfebetrugs in der Höhe von rund einer viertelmillion Franken schuldig gesprochen.
Frau des Enkels erschossen – Serbe (79) muss 20 Jahre ins Gefängnis
Das Bezirksgericht Winterthur hat den 79-jährigen Serben, der die Frau (32) seines Enkels erschossen hat, wegen Mordes zu einer Freiheitsstrafe von 20 Jahren verurteilt. Er wird für 15 Jahre des Landes verwiesen. Zudem muss der Verurteilte den sieben Angehörigen des Opfers hohe Genugtuungssummen bezahlen.
Urteil wird am Donnerstag gefällt
Zum Schluss sagt der Beschuldigte, dass der Richter die Wahrheit sagen und nicht stundenlang lügen soll. Der Prozess ist beendet und das Gericht wird das Urteil am Donnerstagnachmittag um 16 Uhr fällen. Damit ist der News Ticker für heute beendet.
Anwalt verlangt Freispruch von Mordvorwurf
Der Anwalt des Beschuldigten verneint die Heimtücke, welche ein Qualifikationsmerkmal für Mord ist. Der 79-Jährige habe auch keinen archaischen Lebensstil geführt, wie die Staatsanwältin argumentiert habe. Den Revolver habe sein Mandant in Serbien legal gekauft und ihn immer mit sich getragen. Dass er die Tötung schon in seinem Heimatland geplant habe, dafür gebe es keine Hinweise.
Weiter sagt der Anwalt, dass man eine Notwehrsituation nicht widerlegen könne. Die Frau hätte beim Treffen in der Wohnung Worte sagen können, die sein Mandant als Bedrohung erachtet haben könnte. Sein Fazit: «Mein Mandant ist vom Mordvorwurf freizusprechen.» Es gebe auch Zweifel an der vollen Schuldfähigkeit seines Mandanten aus medizinischen Gründen.
Auch vom Vorwurf des Sozialhilfebetrugs will der Verteidiger einen Freispruch. Es sei nicht widerlegt, dass der Rentner seinen Lebensmittelpunkt in der Schweiz gehabt habe.
Hat Ehemann den Grossvater angestiftet?
Der Anwalt der Eltern und der beiden Brüder des Opfers stellt die Frage, ob der Beschuldigte nicht vom Enkel und Ehemann der Frau zur Tat angestiftet wurde. Es gebe zahlreiche Indizien, der Ehemann hätte mit der geplanten Scheidung auch ein Motiv gehabt. Der Anwalt hofft, dass diese Frage in einem weiteren Verfahren noch genauer untersucht wird. Er verlangt für die Eltern des Opfers 40’000 und 35’000 Franken Genugtuung, die beiden Brüder sollen je 7500 Franken erhalten.
Es gibt bis 15.10 Uhr eine Pause.
Kleinkind war bei der Tat dabei
Für die Staatsanwältin ist die Tat ein klarer Mord. «Der Beschuldigte hat hinterhältig und grausam gehandelt und im Beisein des 19 Monate alten Kleinkindes dessen Mutter erschossen.» Er habe das Opfer mit sechs Schüssen niedergestreckt. «Er hat die Ehre ohne Rücksicht auf Verlust wiederherstellen wollen», sagt die Staatsanwältin. Die angebliche Notwehr sei eine reine Schutzbehauptung. Deshalb sei die Maximalstrafe «lebenslänglich» angebracht.
Staatsanwältin verlangt lebenslänglich
Die Staatsanwältin verlangt wegen Mordes eine lebenslängliche Freiheitsstrafe sowie die Anordnung einer Landesverweisung von zehn Jahren. «Der Beschuldigte hat grosses Leid verursacht und drei Kinder haben die Mutter verloren.» Auch die Nachbarschaft sei über die brutale Tat erschüttert gewesen.
«Das Familienoberhaupt hat die Ehre durch die Lebensweise der Frau beschmutzt gesehen», sagt die Anklägerin. Die geplante Scheidung und intime Fotos der Frau hätten beim Beschuldigten das Fass zum Überlaufen gebracht. Sie habe die Familie in Serbien verlassen und sei nach Winterthur gezogen. «Deshalb hat sich der Rentner entschlossen, die 32-jährige Frau und dreifache Mutter zu töten.» Nach der Tat liess er sich von der alarmierten Polizei widerstandslos verhaften.
Mit 14,5 Jahren geheiratet
Der Richter fasst nun den Lebenslauf kurz zusammen. Der Beschuldigte ist in einem Dorf in Serbien aufgewachsen. Er hat auf dem Bauernhof des Vaters gearbeitet und mit 14,5 Jahren geheiratet. «Das war Mode bei uns». Er ist mit 19 und 23 Jahren Vater von zwei Töchtern geworden und zog mit seiner Frau nach Frankreich. Dort haben sie in einer Fabrik gearbeitet, während die beiden Kinder bei den Grosseltern in Serbien lebten. 1989 zog er mit der ganzen Familie in die Schweiz und arbeitete als Nachtportier. Hier hat er wegen eines Arbeitsunfalls eine IV-Rente erhalten. Er ist nicht vorbestraft.
Der Richter will wissen, was er dazu sagt, den drei Urenkeln die Mutter genommen zu haben. «Es gibt nichts Schlimmeres», antwortet er. Er hätte sich besser auch noch erschossen, als den Rest seines Lebens im Gefängnis zu verbringen: «Das ist sehr schwer.»
Der Prozess geht um 13.30 Uhr mit den Plädoyers der Staatsanwältin und der Verteidigung weiter.
Sozialhilfemissbrauch
Dem Beschuldigten wird zudem Sozialhilfebetrug vorgeworfen. Er hat seit 1991 eine lnvalidenrente und ab 1999 Ergänzungsleistungen erhalten, obwohl er seit 2010 nicht mehr in der Schweiz, sondern in Serbien lebte. Er habe damit die Ausgleichskasse um eine Viertelmillion Franken betrogen. Dazu macht der Angeklagte keine nachvollziehbaren Aussagen.
Sechs Schüsse aus nächster Nähe abgegeben
Der Beschuldigte ist geständig, auf die Frau geschossen zu haben. «Warum haben sie sechsmal geschossen?», fragt der Richter. «Aus purer Angst», lautet die Antwort des beschuldigten Serben. Er habe noch nie so grosse Angst in seinem Leben gehabt.
Die Distanz habe etwa 1,5 Meter betragen, so der Beschuldigte. Der Richter erwähnt das forensische Gutachten, welches bei einem Schuss eine Distanz von fünf bis zehn Zentimetern angibt. Auch die anderen Schüsse seien aus weniger als 50 Zentimetern Distanz abgegeben worden. Das Opfer habe sich auf dem Sofa befunden und sei nicht auf den Beschuldigten losgegangen. «Das stimmt nicht», antwortet der 79-Jährige, «alles gelogen.» Als sie auf ihn losgangen sei und ihn mit dem Tod «Gulasch, Gulasch!» bedroht habe, habe er geschossen.
«Ich mache aus dir Gulasch»
Der Richter will nochmals wissen, warum er einen 25 Zentimeter langen Revolver mit sechs Kugeln nach Winterthur mitgenommen habe. «Warum muss man in der Schweiz mit einer solchen Waffe herumlaufen?», fragt der Richter. Der Beschuldigte antwortet nur, dass er in Serbien die Waffe immer bei sich gehabt habe: «Ich hätte mich nur davon getrennt, wenn ich gestorben wäre.»
Nun wird er zum eigentlichen Tatvorwurf befragt. Er habe geläutet und sei zu seiner Schwiegerenkelin im zweiten Stock gegangen. «Als sie mich erblickt hat, hat sie das Messer in der Küche behändigt», antwortet er. Sie habe gesagt: «Ich mache aus dir Gulasch.» Sie habe ihn bedroht und er habe sie erschossen. «Das würde jeder Mensch machen», antwortet er.
Beschuldigter nimmt Aussagen zurück
Der Richter erwähnt eine Aussage des Beschuldigten bei der Polizei, dass sie eine Beziehung mit einem anderen Mann gehabt und damit die Ehre der Familie verschmutzt habe. Davon will er am heutigen Prozess nichts mehr wissen. Er habe nicht gewusst, dass sie einen Liebhaber in Serbien gehabt habe und dass Nacktbilder von ihr im Umlauf gewesen seien. «Ich liebe die Frau bis zum letzten Tag und werde sie nie aus meinem Herzen ausschliessen», sagt der 79-Jährige.
Das Gericht macht bis elf Uhr eine kurze Pause.
Beschuldigter spricht von Notwehr
Der Richter fragt, ob er von den Scheidungsabsichten der Frau seines Enkels gewusst habe. Als der Beschuldigte dies verneint, fragt ihn der Richter, warum er sie dann erschossen habe. «Das war Notwehr», antwortet er. Sie habe ihn mit einem 40 Zentimeter langen Messer abschlachten wollen. «Aber es wurde am Tatort kein Messer gefunden», sagt der Richter. Das habe jemand weggenommen, antwortet der Beschuldigte.
«Ich wollte meine Schwiegerenkelin nicht töten»
Nun beginnt die Befragung des 79-jährigen Serben, seine Antworten sind konfus und unlogisch. Als der Richter sagt, dass er die Frau seines Enkels mit sechs Kugeln erschossen hat, unterbricht ihn der Beschuldigte. «Wenn ich tausend Kugeln gehabt hätte, hätte ich alle abgefeuert.»
Der Richter zitiert die Anklageschrift, die von einer rachsüchtigen Abrechnung schreibt. «Nicht einmal die Hälfte stimmt», antwortet der Beschuldigte. Weiter sagt der Richter, dass er laut Anklageschrift die Ehre der Familie habe retten wollen, weil sie seinen Enkel verlassen habe. «Was sagen Sie zu diesem Vorwurf?», fragt der Richter. «Ich wollte meine Schwiegerenkelin nicht töten», antwortet der Beschuldigte.
Der Richter will wissen, warum er einen Revolver in die Schweiz und beim Besuch der Schwiegerenkelin in Winterthur mitgenommen habe. «Das weiss nur der liebe Gott», antwortet er.
Gericht lehnt Prozessabbruch ab
Das Gericht lehnt den Antrag des Verteidigers ab. «Das Gericht geht – gestützt auf das psychiatrische Gutachten – davon aus, dass der Beschuldigte schuldfähig ist», sagt der Vorsitzende.
Prozessunterbruch gefordert
Der Verteidiger verlangt vom Gericht einen Unterbruch des Prozesses. Zuerst sollen Fragen bezüglich der Verhandlungs- und Schuldfähigkeit seines Mandanten geklärt werden. Der Beschuldigte soll neuropsychiatrisch in einer Memory Clinic untersucht und das psychiatrische Gutachten bezüglich der Schuldfähigkeit ergänzt oder neu verfasst werden. «Es besteht der Verdacht auf eine Demenz, dies ist aber nicht umfassend abgeklärt worden», sagt der Anwalt.
Die Staatsanwältin lehnt den Antrag ab. Das bestehende psychiatrische Gutachten reiche und es bestehe kein Grund, ein neues zu verfassen. Das Gericht wird nun über den Antrag entscheiden. Der Prozess wird um 9.30 Uhr weitergeführt.
Beschuldigter wird im Rollstuhl in Gerichtssaal geführt
Der Prozess beginnt. Der Beschuldigte wird im Rollstuhl in den Gerichtssaal geführt. Er hat laut medizinischen Gutachten gesundheitliche Einschränkungen und leichte kognitive Defizite. Das Gericht wird deshalb ausreichende Pausen für Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahmen, allenfalls Blutzuckermessungen machen. Er wird am Prozess durch Personal eines Pflegezentrums begleitet.
Am Prozess ist die Öffentlichkeit ausgeschlossen, nur akkreditierte Berichterstatter dürfen im Gerichtssaal anwesend sein.
Der Prozess ist auf drei Tage angesetzt:
Dienstag, 9. Januar 2024, 8.15 Uhr, den ganzen Tag,
Mittwoch, 10. Januar 2024, 8.15 Uhr, den ganzen Tag sowie
Donnerstag, 11. Januar 2024, 8.15 Uhr, den ganzen Tag.
Der Prozessbeginn verzögert sich am Dienstag allerdings.
Der Femizid vom 16. Februar 2021 erschütterte die Schweiz: Ein heute 79-jähriger Serbe reiste nach Winterthur zur 32-jährigen Frau seines Enkels und seiner 19 Monate alten Urenkelin. An der Türe gab er sich als «Deda» – also Grossvater – zu erkennen, worauf ihm die Frau die Haustür öffnete.
Kurze Zeit später – nachdem ihm die dreifache Mutter Kaffee servierte – soll er zur Waffe gegriffen und der Serbin aus nächster Nähe drei Mal in den Oberkörper und drei Mal in den Kopf geschossen haben. Wie aus der Anklageschrift zu entnehmen ist, führten die Schüsse zum sofortigen Todeseintritt vor Ort.
Der 79-jährige Beschuldigte steht ab heute vor dem Bezirksgericht Winterthur. Er muss sich unter anderem wegen Mordes verantworten. Die Staatsanwaltschaft fordert eine lebenslängliche Freiheitsstrafe sowie eine zehnjährige Verweisung.