Afghanistan20 Jahre für Artikel über Frauenrechte
Die Todesstrafe gegen einen wegen Gotteslästerung verurteilten afghanischen Journalisten ist in 20 Jahre Gefängnis umgewandelt worden. Er hatte einen Artikel in Umlauf gebracht, der Fragen zur Gleichstellung der Frau im Islam stellt.
Das bestimmte am Dienstag ein Berufungsgericht in der afghanischen Hauptstadt Kabul. Sajed Perwis Kambachsch und sein Anwalt kritisierten das Berufungsurteil als «ungerecht» und kündigten Einspruch an. Zu Beginn des Berufungsprozesses im Mai hatte sich der aus der schiitischen Minderheit des Landes stammende Kambachsch für unschuldig erklärt.
«Ich bin Muslim und würde es mir niemals erlauben, meine Religion zu beleidigen.» Er sei gefoltert worden und habe die Anschuldigungen unter Zwang unterzeichnet, sagte der 23-Jährige, der neben dem Studium für eine Lokalzeitung gearbeitet hatte. Das Provinzgericht von Balch hatte den Journalisten im Januar verurteilt, ohne dass der Anwalt des Mannes an dem Prozess teilnehmen oder sich der Journalist selbst verteidigen konnte.
Ihm wurde vorgeworfen, in einem Artikel den Islam «beleidigt» und Koranverse «falsch ausgelegt» zu haben. Kambachsch hatte den Artikel im Internet gefunden und mit eigenen Anmerkungen versehen. Er beschäftigt sich mit der Frage, warum sich der Islam nicht modernisiert und den Frauen gleiche Rechte gewährt. Bei dem Berufungsprozess am Dienstag sagten frühere Mitstudenten aus, Kambachsch habe «anti-islamische und beleidigende Fragen» gestellt. Ein Kommilitone sagte jedoch vor Gericht, seine im ersten Prozess gemachte Aussage sei unter Zwang entstanden.
Strafe wegen Bruder?
Das im Januar von einem Gericht in Masar-i-Scharif verhängte Todesurteil hatte Proteste in afghanischen Medien sowie von Menschenrechtsgruppen und aus dem Ausland ausgelöst. Das Oberhaus des afghanischen Parlaments sprach sich dagegen für die Vollstreckung der Strafe aus. John Dempsey, ein US-Anwalt, der seit sechs Jahren an einer Reform der afghanischen Justiz arbeitet, erklärte, dass Kambachsch nach wie vor keinen fairen Prozess erhalten habe.
Ein Komitee zum Schutz von Journalisten in New York äusserte die Vermutung, der Student sei bestraft worden, weil sein Bruder Jakub Ibrahimi über Menschenrechtsverletzungen im nördlichen Afghanistan geschrieben habe. Der Bruder selber bestätigte gegenüber der Agentur AP, von ihm kritisierte Warlords hätten Druck auf eine Verurteilung von Sajed Perwis Kambachsch ausgeübt.
(pbl/sda)