Strafgericht BS25-Jähriger wegen «passiver Gewalt» gegen Polizisten verurteilt
Der Mann hatte im November 2018 an einer nicht bewilligten Gegendemonstration gegen eine Kundgebung von Rechtsextremen teilgenommen. Obwohl man ihm keine Gewalttaten nachweisen konnte, reichte seine Anwesenheit für eine Verurteilung.
- von
- Steve Last
Zwischen Gegendemonstranten und Polizei kam es zu einem Scharmützel. Der 25-Jährige war dabei, blieb aber passiv. Dennoch wurde er unter anderem wegen Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte verurteilt.
Darum gehts
- Ein 25-Jähriger wurde am Dienstag zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt.
- Die Staatsanwaltschaft war ihm unter anderem Drohung und Gewalt gegen Behörden und Beamte vor.
- Er hatte an der Basel-Nazifrei-Demonstration gegen eine Pnos-Kundgebund teilgenommen.
- Obwohl ihm nur passives Beisein nachgewiesen werden konnte, wurde er schuldig gesprochen.
Das Strafgericht Basel-Stadt verurteilte am Dienstag einen 25-jährigen Schweizer zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sieben Monaten und einer Busse von 200 Franken. Er hatte am 24. November 2018 an einer Demonstration gegen eine Kundgebung der rechtsextremen Pnos in Basel teilgenommen. Während die Gegendemonstranten breit durchmischt und zumeist friedlich waren, befanden sich unter ihnen auch Linksextreme, die die Konfrontation mit den Pnos-Exponenten und der Polizei suchten.
Die Staatsanwaltschaft warf dem Beschuldigten vor, «an vorderster Front» dabei gewesen zu sein, von Rangeleien bis zur Eskalation an der Kreuzung Rosental- und Mattenstrasse. Dort flogen Bierdosen und Steine, die Polizei setzte Gummischrot und Reizgas ein. Gemäss Anklageschrift habe die Gefahr bestanden, dass die Demonstranten die Polizeisperre bei einem Angriff überrannt hätten.
Anwesenheit genug für Veruteilung
Der Beschuldigte bestritt vor Gericht nicht, dort gewesen zu sein. «Ich wollte meine antifaschistische Position vertreten», sagte er. Zur kurzzeitigen Auseinandersetzung mit der Polizei sagte er lediglich, er habe sich nicht daran beteiligt. Das Gegenteil konnte ihm denn auch nicht nachgewiesen werden. Die vermummte Person, die die Staatsanwaltschaft als den Mann identifiziert, übt auf keiner Aufnahme aktiv Gewalt aus.
Doch weil er dort war und sich nicht entfernte, machte er sich des Landfriedensbruchs schuldig. Und weil es in dessen Rahmen zu Gewalthandlungen kam, erfolgte auch der Schuldspruch wegen Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte, wie Gerichtspräsident Marc Oser erklärte. Eine aktive Beteiligung sei für die Erfüllung des Straftatbestands nicht nötig. Passiv dabei zu sein reiche aus.
Zweifel an der Identifizierung
Wie die Staatsanwaltschaft und Einzelrichter Oser von den Aufnahmen eines vermummten Demonstranten auf den Beschuldigten schlossen, wurde am Dienstag nicht ersichtlich. Die Fotos, auf denen er nicht vermummt war, wurden im Saal nicht gezeigt. Sie sollen ihn in einem Outfit zeigen, anhand dessen seine Bewegungen während der Demonstration verfolgt wurden.
Die Videos, die vor Gericht gezeigt wurden, zeigten diese vermummte Person. Allerdings hatten weder der Verteidiger noch sein Mandant diese zuvor gesehen. Oser war nach Sichtung des Videomaterials jedoch «zweifelsfrei überzeugt», dass es sich um den Beschuldigten handelt. Der Verteidiger vermutet hingegen, dass sein Mandant wegen einer einschlägigen Vorstrafe ins Visier der Behörden geraten war.
Sowohl die Verteidigung wie auch das Gericht rügten zudem die Staatsanwaltschaft für ihre diffuse Beweisführung. So habe die Anklage eine Festplatte mit zahlreichen Videos zugestellt, ohne auszuführen, wie sie mit dem konkreten Verfahren in Verbindung stehen. Eine Erklärung blieb derweil auch aus, weil sich die Staatsanwaltschaft von der Verhandlung dispensieren liess.
Die Demonstration blieb weitgehend friedlich. Vereinzelt kam es aber zu Konfrontationen und Scharmützeln.
Der Prozess am Dienstag war nur der erste in einer Reihe von Verfahren, die die unbewilligte Demonstration gegen die bewilligte Pnos-Kundgebung vom 24. November 2018 nach sich zieht. Rund 20 Anklagen wurden bereits an das Basler Strafgericht überwiesen, über 30 sind noch hängig. Sie betreffen Einzelpersonen und werden auch einzeln verhandelt. Einerseits kann so genauer auf die jeweiligen Sachverhalte eingegangen werden. Andererseits bleibt so das öffentliche Interesse kleiner als bei einem Mammutprozess mit dutzenden Beschuldigten.