Titanwurz blüht in Basel: Zürcher Pollen sollen für Nachwuchs sorgen

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Basel«Ich werde die Aasfliege für die Titanwurz spielen»

Montagnacht öffnet sich die Blüte der Basler Titanwurz im Tropenhaus. Das Spektakel zog Tausende Schaulustige an. Der wichtigste Programmpunkt, die Bestäubung, fand aber unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

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Ein Selfie mit der Monsterblüte: Die Basler Titanwurz lockte am Montagabend Tausende Schaulustige an.

Ein Selfie mit der Monsterblüte: Die Basler Titanwurz lockte am Montagabend Tausende Schaulustige an.

20 Minuten/lha
Die Titanwurz blüht nur alle paar Jahre. Die grösste Blume der Welt verströmt dabei einen fauligen Aasgeruch, um Aasfliegen anzulocken.

Die Titanwurz blüht nur alle paar Jahre. Die grösste Blume der Welt verströmt dabei einen fauligen Aasgeruch, um Aasfliegen anzulocken.

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Die Schlange der Titanwurz-Fans zog sich vom Botanischen Garten bis zur Universitätsbibliothek. 

Die Schlange der Titanwurz-Fans zog sich vom Botanischen Garten bis zur Universitätsbibliothek. 

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Darum gehts

  • In Basel blühte am Montagabend die Titanwurz. Die Tropenpflanze ist die grösste Blume der Welt.

  • Die Rodung des Regenwalds auf Sumatra bedroht die einzigartige Blume, ihr Erhalt ist äusserst aufwendig.

  • Das geruchsintensive Spektakel lockte am Montag Tausende ins Tropenhaus. Die Blüte dauert nur zwei Tage.

«Ufschliesse, bitte göhn sie witer!» Wer eine Audienz bei der Titanwurz, lateinischer Name Amorphophallus titanium, hatte, konnte am Montagabend nicht allzu lange innehalten. Ein Foto, einmal tief Luft holen und weiter. Tausende wollten die Blüte der mächtigsten Blume der Welt sehen. «Ich wurde von meinen Eltern hergeschleppt», sagt die neunjährige Sophie. Es sei aber nicht so schlimm, sie sei schon neugierig. Ihre Eltern waren schon beim ersten Mal 2011 dabei. 

Nur alle paar Jahre blüht die Titanwurz, letztmals praktisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit während Corona und jetzt wieder vor vollem Haus in der neuen Titanwurz-Arena im Botanischen Garten der Universität Basel. 2323 Schaulustige haben die Stinkblume am Montagabend bis 23 Uhr besucht.

Zürcher Pollen für die Basler Blume

«Es ist einfach faszinierend, was die Natur hervorbringt», sagt Bruno Erny. Der Leiter des Botanischen Gartens der Universität Basel sieht die Titanwurz nicht zum ersten Mal blühen, aber das tut seiner Begeisterung keinen Abbruch. Mit seinem Team von Botanikern verfolgte er das Spektakel minutiös. Immer wieder wurde die Temperatur der Blüte gemessen. 28,7 Grad um 21.03 Uhr. «Die Titanwurz steht auf der Bremse», witzelt ein Mitarbeiter. Im Verlaufe der Nacht wird sich die Knolle bis auf 37 Grad erwärmen. «Je wärmer, desto mehr von ihrem Duftstoff wird aufsteigen», erklärt Kurator Jurrian De Vos. Dies würde in freier Wildbahn die Aasfliegen anlocken, die zur Bestäubung nötig wären. Im Englischen nennt man die Titanwurz deshalb auch Corpse Flower.

Im Botanischen Garten gibt es aber keine Aasfliegen. «Ich werde die Aasfliege spielen», sagt De Vos. Er hat den wichtigsten Job in dieser Nacht. Nachdem das Tropenhaus um 23 Uhr für die Öffentlichkeit schloss, schritt er dann zur Tat und setzte einen Schnitt am Kolben und tupfte mit einem Pinsel Pollen einzeln auf die Narbe. «Wenn es nicht funktioniert, ist nicht der Pollen schuld», sagt die Gärtnerin des Botanischen Gartens der Universität Zürich. Sie ist nach Basel gekommen, um den Pollen der Zürcher Titanwurz zu bringen, mit dem die Basler Blume bestäubt wird. Die deutlich kleinere Zürcher Titanwurz blühte bereits Mitte Mai

Ob die Bestäubung erfolgreich war, wird sich erst in vier bis fünf Wochen zeigen. Dann würden Datteln heranwachsen. Die selbstverständlich nicht geniessbar seien. 

Von der Palmölgewinnung bedroht

Der Erhalt der Blume ist ein äusserst aufwendiges, aber wichtiges Unterfangen. In freier Natur dürfte es noch knapp tausend Exemplare geben. Die Titanwurz kommt einzig auf Sumatra in Indonesien vor. Was eine Besonderheit sei, wie Chefbotaniker Erny erläutert. Die anderen Amorphallus-Gewächse kämen in Monsungebieten vor. «Man fragt sich, was die Titanwurz im Regenwald verloren hat», so Erny. «Die Rodung und Umnutzung des Regenwaldes auf Sumatra für die Palmölgewinnung sind die grösste Bedrohung», erklärt De Vos, während ununterbrochen Schaulustige an der Blüte vorbei ziehen. «Ufschliesse bitte!» 

Bruno Erny steht daneben und freut sich über das grosse Interesse. «Botanik soll die Leute begeistern», sagt er. Der Botanische Garten habe ja auch einen Vermittlungsauftrag. Es lohne sich, das Tropenhaus in den kommenden Wochen wieder zu besuchen, rät er. «Ab jetzt kann man beobachten, ob die Bestäubung Früchte trägt.»

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