Falscher Abfallsack 320 Fr. Strafe – Deutsche fühlt sich wie Verbrecherin
Die neu zugezogene Monika Niehaus ist entsetzt ob des Schweizer Rechtssystems. Sie hatte ihren Abfall nicht in einem Züri-Sack entsorgt – mit teuren Folgen.
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Statt in einem weissen Zürisack wie hier auf dem Bild entsorgte Monika Niehaus ihren Abfall in einem schwarzen Sack.
Monika Niehaus fühlt sich wie eine Verbrecherin. Dabei ist die 66-jährige Deutsche noch nie mit dem Gesetz in Konflikt gekommen – bis sie neulich von Weimar nach Zürich zog. Sie erkundigte sich bei Freunden, wie die Müllentsorgung hier funktioniert: «Es hiess, ich müsse Züri-Säcke kaufen.» Die Fachärztin befolgte den Rat und fragte im Laden eine Verkäuferin: «Sie drückte mir eine Rolle mit schwarzen Säcken in die Hand.»
Dass aber richtige Züri-Säcke weiss sind und mehr kosten, sei ihr nicht bewusst gewesen. Dies änderte sich aber bald, als sie ihre schwarzen Säcke nach draussen stellte. Denn sie bekam Post von der Stadtpolizei. «Sie wiesen mich darauf hin, dass ich meinen Abfall nicht korrekt entsorgt hätte und personenbezogenes Material im Sack gefunden worden sei.» 320 Franken sollte sie deswegen bezahlen – sonst droht ihr eine Freiheitsstrafe von zwei Tagen. «Ich war geschockt, schliesslich habe ich nicht in betrügerischer Absicht gehandelt, sondern habe nur der Verkäuferin vertraut», sagt Niehaus. Sie findet, eine Verwarnung hätte auch gereicht: «Das hätte ich auch widerstandslos akzeptiert.»
«Ich fühle mich mit einer Kriminellen auf eine Stufe gestellt»
Niehaus erklärte dies dem zuständigen Sachbearbeiter am Telefon und in einem Brief, wie sie sagt. Doch statt einer Antwort erhielt sie nur einen Strafbefehl vom Statthalteramt des Bezirks Zürich. «Darin wurden mein Vergehen und die Geldstrafe nochmals bestätigt.» Sie erhob Einsprache und erklärte ihre Situation in einem Brief: «Leider erhielt ich bisher keine Antwort.» Die Strafe habe sie bereits bezahlt und sie benutze nun die richtigen Züri-Säcke. Verletzt fühle sie sich dennoch: «Mit dem Strafbefehl und der Androhung der Haftstrafe werde ich mit einer Kriminellen auf eine Stufe gestellt.»
Hansjost Zemp, stellvertretender Statthalter, kann sich zum Fall nicht äussern, da es sich um ein laufendes Verfahren handelt. Generell schütze aber Unwissenheit vor Strafe nicht: «Wenn ich nach Deutschland gehe, erkundige ich mich schliesslich auch, wie die Gesetze dort sind.»
Laut Leta Filli, Sprecherin von ERZ Entsorgung + Recycling Zürich, gibt es sogar eine Warnung: «Stellt jemand beim ersten Mal einen falschen Sack vor die Haustür, legen wir ihm einen Flyer in den Briefkasten – erst beim zweiten Mal leiten wir die Daten an die Polizei weiter.» Warum Niehaus diesen nach ihren eigenen Angaben nicht erhalten hat, kann sie sich nicht erklären. Letztes Jahr hat das Statthalteramt Zürich 1662 Fälle wegen illegaler Abfallentsorgung zur Anzeige gebracht. 2013 waren es nur 1362 gewesen.
Ausländer sind gut informiert
Laut Christof Meier, Leiter der Integrationsförderung Stadt Zürich, würden sich Ausländer gewöhnlich auch über die hiessige Abfallentsorgung informieren: «Es ist ein grosses Thema, das auch an Integrationsveranstaltungen behandelt wird.» Und eigentlich klappe es auch sehr gut: «In diesem Fall hatte die Neuzuzügerin Pech – sie wurde offenbar im Laden falsch informiert.»