Shops im Bahnhof: 33'000 SBB-Angestellte kaufen 10% günstiger ein

Aktualisiert

Shops im Bahnhof33'000 SBB-Angestellte kaufen 10% günstiger ein

Die SBB fragen ihre Mieter in den Bahnhöfen für Rabatt-Deals an. Fürs SBB-Personal und die Bahn-Rentner gibt es darum Kaffee, Brot oder Blumen mit 10 Prozent Abschlag.

S. Spaeth
von
S. Spaeth

Während der normale Reisende für das am Bahnhof noch eiligst erworbene «Pendlerfrühstück» mit Kaffee und Gipfeli den vollen Preis bezahlt, kommen die rund 33'000 SBB-Mitarbeiter und die 20'000 pensionierten SBB-Angestellten in vielen Bahnhofshops in den Genuss von Abschlägen – egal, ob sie beruflich oder privat unterwegs sind. Was zählt, ist der Mitarbeiter-Ausweis oder je nach Berufsgattung die Uniform.

«Wir gewähren den SBB-Mitarbeitern einen Rabatt von 10 Prozent», bestätigt ein Sprecher des beliebten Sutter Begg in Basel. Die stark frequentierte Bäckerei mit Take-away-Kaffee befindet sich gleich am Eingang der grossen Bahnhofshalle. Laut dem Sprecher wurde Sutter Begg im letzten Herbst erstmals schriftlich von der Vermieterin SBB um Rabatte angefragt. Weil die Bäckerei mit insgesamt 25 Standorten in der Region Basel nicht sofort reagierte, wurde sie gegen Jahresende erneut kontaktiert. Laut dem Sutter-Sprecher betonten die SBB, fast alle Mieter im Bahnhof Basel würden bei der Rabattaktion mitmachen.

«Normale Pendler werden neidisch»

Auf Nachfrage von 20 Minuten bestätigen die SBB, neue und bestehende Mieter in den Bahnhöfen regelmässig um Rabatte anzufragen. Die Aufgabe werde von den lokalen SBB-Immobilienbewirtschaftern ausgeführt. «Ziel ist es, dass sowohl die Ladenbesitzer als auch das SBB-Personal profitieren können», sagt SBB-Sprecher Reto Schärli. Bei den Rabatten fürs Bahnpersonal machen laut SBB vorwiegend die eher kleineren Läden mit. Am Hauptbahnhof Zürich sind es etwa 30 Firmen: vom Avec-Laden über die Bäckerei bis hin zum Blumenladen. In Basel sind es laut den SBB rund zehn Firmen.

«Die SBB-Angestellten haben mit dem Mitarbeiter-GA und den Rabatten in den Bahnhofshops besonders viel Glück. Das lässt den einen oder anderen normalen Pendler neidisch werden», sagt Dominique Roten, Sprecher des Konsumentenforums (kf) zu 20 Minuten. Dass die SBB als Vermieterin der Verkaufsflächen die Ladenbesitzer um Rabatte fürs Bahnpersonal anfragt, ist laut kf problematisch. Es bestehe die Gefahr, dass das Bahnunternehmen bei den Rabattverhandlungen seine Machtposition missbrauche. Das kf glaubt zwar nicht an einen flächendeckenden Missbrauch, «Einzelfälle von überambitionierten SBB-Verhandlern sind aber nicht auszuschliessen», so Roten.

Rabatte sind laut SBB freiwillig

Die SBB wehren sich gegen den Vorwurf, Druck auf die Vermieter auszuüben: «Die Ladenbesitzer gewähren die Rabatte auf rein freiwilliger Basis», betont SBB-Sprecher Schärli. Die SBB würden die Preisnachlässe auf einem SBB-Mitarbeiterportal auflisten. Ziel der Shops sei es, dank der Sonderkonditionen fürs SBB-Personal einen Mehrumsatz zu erzielen. Zudem haben die Ladenbetreiber laut Schärli jederzeit die Möglichkeit, die Vereinbarung schriftlich zu kündigen.

Die SBB sind im Besitz von fünf Bahnhöfen mit Einkaufszentren (früher Railcity). Laut der GfK-Studie Detailhandel Schweiz 2015 setzten die Läden und Verpflegungsanbieter an den Bahnhöfen Zürich, Basel, Bern, Genf und Luzern im Jahr 2014 insgesamt rund eine Milliarde Franken um. Den Grossteil davon entfiel auf die Branchen Lebensmittel (36%), gefolgt von Restaurants/Take-away (23%) sowie Kiosk und Tabakwaren (9%).

Kurt Schreiber*, was halten Sie davon, wenn die SBB-Mitarbeiter Rabatte in den Bahnhofshops erhalten?

Diese Rabatte sind für die Angestellten der SBB sehr angenehm. In anderen Grossbetrieben kursieren aber ebenfalls Listen mit Geschäften, wo mit Rabatt eingekauft werden kann. Aus dieser Warte ist nichts dagegen einzuwenden.

Wo sehen Sie denn das Problem?

Es ist problematisch, wenn die SBB-Liegenschaftsbewirtschafter solche Rabatt-Fragen stellen. Sie können dies wohl tun, müssen aber klar – und das am besten schriftlich – festhalten, dass dies keinen Einfluss aufs Mietverhältnis hat.

Die Rabatte gelten auch für den pensionierten SBB-Angestellten. Finden Sie das korrekt?

Dass die Rabatte auf die Pensionierten ausgedehnt werden, hat eine gewisse Logik. Als diese Personen normal arbeiteten, haben sie auch ein vergünstigtes GA erhalten. Wenn sie pensioniert sind, bekommen sie das GA weiter zum Vorzugspreis. Ich bin eher grosszügig und mag dies den Leuten gönnen.

*Kurt Schreiber ist Präsident von Pro Bahn. Die Organisation vertritt die Interessen der Kunden des öffentlichen Verkehrs. (sas)

Deine Meinung