Vergewaltigung in Emmen372 Männer müssen zum Massen-DNA-Test
Im Vergewaltigungs-Fall von Emmen müssen 372 Männer innerhalb von 15 Tagen zum DNA-Test antraben. Bei der Auswahl nahmen sie Facebook zu Hilfe.
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- ij
Drei Monate nach der Vergewaltigung einer Velofahrerin in Emmen LU lässt die Staatsanwaltschaft ein Massenscreening durchführen. 372 Männer müssen sich einem DNA-Test unterziehen. «Der Brief mit der Vorladung ging heute auf die Post», sagt Simon Kopp, Sprecher der Staatsanwaltschaft.
Die Vorgeladenen hätten 15 Tage Zeit, um zum Abstrich vorbeizukommen. Ausserdem überprüft die Polizei deren Alibis.
Für diese Überprüfung wurde gemäss Kopp ein eigenes Büro eingerichtet, das auch am Wochenende offen ist. Die gewonnenen Daten werden laufend ausgewertet.
Ermittler glauben, Täter kannte den Tatort
Den Massen-DNA-Test hat das Zwangsmassnahmengericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft gutgeheissen und angeordnet. Kopp: «Bei der Eingrenzug der Männer, die wir zum Test vorgeladen haben, waren zwei Kriterien entscheidend: Tatortbezug und Ähnlichkeit zum Täter-Signalement.»
Tatortbezug bedeute, die Person sei am Tatort gesehen worden, ihr Arbeitsweg führe dort durch oder sie wohne dort in der Nähe. Dies ist für die Ermittler wichtig. Kopp: «Wir gehen davon aus, dass der Täter den Tatort kannte.» Es sei darum eher jemand, der aus der Gegend komme. «Möglicherweise hat er den Tatort zuvor sogar ausgesucht.»
«Angaben des Opfers sind sehr glaubwürdig»
«Beim Signalement stützen wir uns auf die Angaben des Opfers», sagt Kopp. Dieses hatte den Täter als grossen, schlanken Mann mit mokkabrauner Haut und schwarz-braunen gekrausten Haaren beschrieben. Er sei zwischen 19 und 25 Jahre alt und spreche gebrochen Deutsch. Der Mann ist Raucher.
Um zu überprüfen, ob die Männer ins Täter-Signalement passen, habe man diverses Fotomaterial von Ausweisen, aber auch aus Facebook und anderen sozialen Medien ausgewertet. Ausserdem wurden zahlreiche Täter überprüft, die im selben Tatbereich vorbestraft sind. Kopp: «Unter den eingeladenen 372 Personen sind auch vorbestrafte Männer.» Ausserdem habe man alle Signalemente eher grosszügig interpretiert, um sicher niemanden zu verpassen. «Die Angaben des Opfers halten wir aber für sehr glaubwürdig.»
DNA-Spuren an Kleidung des Opfers
Im Juli wurde eine 26-jährige Frau auf dem Dammweg in Emmen von einem Velo gerissen und vergewaltigt. Sie wurde dabei so schwer verletzt, dass sie querschnittsgelähmt ist. Ein rechtsmedizinisches Gutachten geht davon aus, dass der Sturz vom Velo die schweren Verletzungen verursacht hat.
Der Täter konnte bisher nicht gefasst werden. Trotz einer auf bis zu 10'000 Franken ausgesetzten Belohnung erhielten die Ermittler keine Hinweise, die zu einem konkreten Verdächtigen geführt hätten. Die Luzerner Polizei konnte jedoch an den Kleidungsstücken des Opfers die DNA des Täters sicherstellen.
Zweiter Massen-Gentest
Massen-Gentests werden nur selten durchgeführt. Der erste und bislang einzige, der in der Schweiz durchgeführt worden war, führte nicht zum Täter. Nach der Tötung einer Psychoanalytikerin im Zürcher Seefeld waren 2011 300 Männer zur DNA-Probe aufgeboten worden. Sie wurden alle entlastet.
Die Luzerner Staatsanwaltschaft konnte das Massenscreening nicht selbst anordnen, sondern musste dieses beim Zwangsmassnahmengericht beantragen. (ij/sda)
Männer können sich gegen DNA-Test wehren
Bei Strafuntersuchungen muss es in der Regel einen hinreichenden Tatverdacht geben, um eine Massnahme anzuordnen. «Bei Massenuntersuchungen gibt es nur einen tatbezogenen Verdacht, weil die Personen in ein bestimmtes Raster fallen», erklärt Christian Renggli, stellvertretender Generalsekretär des Luzerner Kantonsgerichts.
Die Strafprozessordnung schreibe vor, dass gegen Verfügungen und Verfahrenshandlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft die Beschwerde zulässig ist. Im Kanton Luzern müsse man sich dafür ans Kantonsgericht wenden.
Wichtig: «Wenn nach dem Vergleich mit dem Täterprofil klar ist, dass diese Person nichts mit dem Verbrechen zu tun hat, wird die DNA-Probe sofort vernichtet. Sie gelangt nicht in die DNA-Datenbank», sagt Renggli. (ann)