Verfassungsänderung: 45 Millionen Ägypter zu den Urnen gerufen

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Verfassungsänderung45 Millionen Ägypter zu den Urnen gerufen

In Ägypten hat der erste Test für den vom Volk erzwungenen Übergang zur Demokratie begonnen: Eine Annahme von Verfassungsänderungen soll den Weg zu baldigen Wahlen ebnen.

Maggie Michael und Hamza Hendawi
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Maggie Michael und Hamza Hendawi
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Gut einem Monat nach dem Sturz des langjährigen Präsidenten Hosni Mubarak sind in Ägypten am Samstag etwa 45 Millionen Menschen zu einem Volksentscheid über Verfassungsänderungen aufgerufen gewesen. An den Wahllokalen herrschte grosser Andrang. Das Referendum über insgesamt neun Verfassungsänderungen galt als erster Test für den vom Volk erzwungenen Übergang zur Demokratie.

Eine Zustimmung der Mehrheit würde den Weg zu Parlaments- und Präsidentenwahlen in diesem Jahr ebnen. Ein «Nein» würde die von den Streitkräften gesetzte Frist für die Übergabe der Macht an eine gewählte zivile Regierung um ein halbes Jahr verlängern. Sie können das Änderungspaket nur als Ganzes ablehnen oder annehmen.

Jubel in Ägypten

Die Verfassungsänderungen sind von einem vom Militär eingesetzten Komitee Ende Februar vorgeschlagen worden. Es geht um Regelungen, die dem am 11. Februar gestürzten Mubarak seine jahrzehntelange autoritäre Herrschaft ermöglichten.

«Ägypten ist frei! Ägypten ist frei!»

Unter anderem sieht das Änderungspaket eine weitgehende Abschaffung der Zulassungsvoraussetzungen für Präsidentschaftskandidaten vor sowie eine Limitierung der Amtszeit des Präsidenten auf zwei je vierjährige Amtsperioden. Geplant ist ausserdem, alle Abstimmungen von der Justiz überwachen zu lassen und sie somit dem Einflussbereich des Polizeiministeriums zu entziehen.

Befürworter hoffen auf Stabilisierung

Notstandsgesetze sollen mit der Zustimmung eines gewählten Parlaments nur noch für einen Zeitraum von sechs Monaten erlassen werden dürfen. Danach soll in einer Volksabstimmung über eine etwaige Verlängerung entschieden werden. In den vergangenen 30 Jahren wurden die Notstandsgesetze von Mubaraks Regime zur Unterdrückung jeglicher Opposition genutzt.

Die Befürworter einer raschen Rückkehr zur Zivilregierung, darunter die Muslimbruderschaft, erhoffen sich von den Verfassungsänderungen eine Stabilisierung der Wirtschaft. Die Gegner, unter ihnen Oppositionsführer Mohamed ElBaradei, hingegen warnen vor einer Schwächung der Demokratie, falls diese zu voreilig eingeführt werde.

«Meine Stimme heute wird einen Unterschied machen», sagte der 48-jährige Erstwähler Hossam Bischai, der mit etwa 300 weiteren Menschen vor einem von Polizisten und Soldaten bewachten Wahllokal in Kairo anstand. «So einfach ist es.» An anderen Wahllokalen, darunter in der zweitgrössten Stadt Alexandria, bildeten sich ähnlich lange Warteschlangen, wie in Bildern des Staatsfernsehens zu sehen war.

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