Coronavirus in Frankreich500 neue Sekten gefährden besonders junge Menschen und Frauen
In der Covid-Krise verzeichnet Frankreich bis zu 500 neue Sekten. Die Gruppierungen sind weniger religiös, dafür mehr auf Wunder- und Selbstheilung ausgelegt.
- von
- Angela Rosser
Darum gehts
Während der Corona-Zeit wurden in Frankreich 500 neue Sekten gegründet.
Experten sehen Verunsicherung und Angst als Gründe dafür.
Selbsternannte Naturheiler benutzen Corona als Marketingstrategie.
Seit Beginn der Covid-Krise sind in Frankreich rund 500 neue Sekten sowie ähnliche Glaubensgruppen aufgetaucht. Experten zeigen sich ob dieses Trends nicht überrascht. «Wenn die Leute in Situationen geraten, die sie nicht mehr meistern, verfallen sie in extreme oder gar wahnwitzige Glaubenshaltungen», erklärt Didier Pachoud vom Schutzverein Gemppi. Die Pandemie verunsichere und die Ängste seien gross.
Pachoud hält die Zahl von 500 neuen Sekten gar noch für untertrieben, da es eine grosse Dunkelziffer gebe. Die französische Ministerin für Bürgerfragen schätzt die Zahl der Sektenopfer auf circa 140’000, darunter seien besonders viele Frauen und junge Menschen. Was sich zeige, ist, dass religiöse Gruppen wie Scientology oder Sonnentempler nicht mehr im Vormarsch seien, sondern Gruppen oder Einzelpersonen mit esoterischen Gesundheitsversprechen den Zuwachs dominierten, wie die «Aargauer Zeitung» berichtet.
Survival-Camp forderte Todesopfer
Vergangenen Sommer verstarb in der Nähe von Lorient im Nord-Westen Frankreichs ein 25-jähriger Mann an einer Magenvergiftung. Während eines Survival Camps verwechselte jemand zwei Pflanzen, was den Mann das Leben kostete. Acht weitere Teilnehmer konnten im Spital gerettet werden.
Solche teils meditativen Erfahrungen würden selten im Nirwana, sondern viel häufiger in einem Bett im psychiatrischen Pflegeheim enden, so Pachoud. Diese Theorie belege sich auch mit sogenannten Gesundheitskuren wie dem Extrem-Fasten oder Rohkost-Therapie. Dem Alternativ-Mediziner Thierry Casasnovas spülte gerade Letzteres hunderte Anzeigen von Angehörigen ins Postfach, deren Familienmitglieder sich auf unter 40 Kilogramm gehungert haben. Grosse juristische Konsequenzen hat er jedoch keine zu befürchten.
Corona als Marketingstrategie
Casasnovas ist nicht der Einzige, der die Covid-Krise zu seinem Vorteil nutzt. Die Frage, ob die Anti-Covid-Impfung nicht ein «planetarer Genozid» sei, stellt zum Beispiel der Genfer Naturheiler, wie er sich selbst bezeichnet, Tal Schaller in seinem neuen Buch. Schaller veröffentlichte bereits über zwanzig Bücher zu Themen wie Schamanismus und Urintherapien.
Das Problem in der Schweiz liege weniger bei den Sekten als bei neuen Verschwörungstheorien. Laut dem nur in der Westschweiz aktiven Interkantonalen Informationszentrum für Glaubensfragen (CIC) distanzierten sich deren Anhänger genauso schnell und radikal von ihren Familien wie die Mitglieder von ausgewiesenen Sekten.
Brauchst du oder braucht jemand, den du kennst, Beratung oder Hilfe beim oder nach dem Ausstieg aus einer Sekte?
Hier findest du Hilfe:
Infosekta, Fachstelle für Sektenfragen, Tel. 044 454 80 80
Dargebotene Hand, Tel. 143
Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147
Hast du oder hat jemand, den du kennst, Mühe mit der Coronazeit?
Hier findest du Hilfe:
BAG-Infoline Coronavirus, Tel. 058 463 00 00
BAG-Infoline Covid-19-Impfung, Tel. 058 377 88 92
Dureschnufe.ch, Plattform für psychische Gesundheit rund um Corona
Branchenhilfe.ch, Ratgeber für betroffene Wirtschaftszweige
Hotline bei Angststörungen und Panik, Tel. 0848 801 109
Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147
Dargebotene Hand, Tel. 143
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