Schwere Vorwürfe: 70-Stunden-Woche bei Apple-Zulieferer Pegatron

Aktualisiert

Schwere Vorwürfe70-Stunden-Woche bei Apple-Zulieferer Pegatron

Apple gerät erneut in Misskredit: Aktivisten prangern skandalöse Arbeitsbedingungen in den chinesischen Fabriken des Auftragfertigers Pegatron an.

von
owi
Die Arbeitsbedingungen bei Apple-Zulieferer Foxconn (Bild) werden seit Jahren kritisiert. Nun sieht sich auch Pegatron mit schweren Vorwürfen konfrontiert.

Die Arbeitsbedingungen bei Apple-Zulieferer Foxconn (Bild) werden seit Jahren kritisiert. Nun sieht sich auch Pegatron mit schweren Vorwürfen konfrontiert.

Apples Auftragsfertiger Foxconn steht seit Jahren wegen miserabler Arbeitsbedingungen in der Kritik. Seine neusten Produkte lässt Apple aus Kostengründen vermehrt auch beim Foxconn-Rivalen Pegatron fertigen. Nun stellt sich heraus, dass sich für die Angestellten kaum etwas zum Positiven geändert hat. Im Gegenteil: Die Arbeitsbedingungen in den chinesischen Pegatron-Fabriken, die Apple-Produkte wie das iPad und iPhone herstellen, sind schlimmer als bislang bekannt. Das behauptet ein umfangreicher Report der Nichtregierungsorganisation China Labor Watch (CLW), der am Montag veröffentlicht wurde.

Das «Wall Street Journal» und Spiegel Online hatten vorab Einblick in den Bericht. Spiegel Online hat zudem vor Ort in Shanghai recherchiert und Autoren des Reports getroffen.

Apples Zulieferer verstossen laut China Labor Watch systematisch gegen chinesisches Arbeitsrecht. Mehr als 10'000 Schüler und Studenten müssten in den teils gefährlichen Fabriken arbeiten. Vermittelt werden sie von Schulen, die dafür angeblich eine Provision erhalten. Die Vorwürfe der NGO wiegen schwer: In den Fabriken mangle es am Sicherheitstraining, an Fluchtwegen und sogar an grundlegender Erste-Hilfe-Ausrüstung. Die oft minderjährigen Angestellten würden angepöbelt und eingeschüchtert, zudem seien sie teils unzulänglich mit Schutzkleidung ausgerüstet. Arbeiter, die das iPad zusammenbauen, tragen laut China Labor Watch Handschuhe, die sie nicht genügend vor den Materialen schützen.

Über 60 Arbeitsstunden pro Woche

Eine Arbeitsschicht dauert oft länger als 12 Stunden, 80 Überstunden pro Monat seien nicht selten. Kaschiert werden diese Missstände angeblich durch ein betrügerisches Abrechnungssystem, das Überstunden systematisch unterschlägt, heisst es im Bericht. Angestellte sollen 66 bis 69 Stunden pro Woche arbeiten, Apples Obergrenze liegt bei 60 Stunden. Der jüngste Report der Nichtregierungsorganisation China Labor Watch steht laut Apple-Blog 9to5Mac im krassen Gegensatz zum aktuellsten Bericht von Apple selbst, der von angeblich deutlich verbesserten Arbeitsbedingungen und 46 Arbeitsstunden pro Woche bei Pegatron spricht.

Chinesische Angestellte, die nicht länger bei Pegatron arbeiten wollen, haben einen schweren Stand: Das WSJ berichtet, dass Pegatron systematisch Identitätsausweise einziehe, um die Arbeiter am Kündigen zu hindern. Ohne Personalausweis können die Angestellten keine andere Stelle annehmen, da sie sich nicht ausweisen können. Wer trotzdem abspringt, werde oft um den Lohn geprellt.

Apple hat den Vorwurf der einbehaltenen Identitätskarten gegenüber dem WSJ bestätigt und gesagt, man verlange von Pegatron, diese Praxis zu unterlassen.

China Labor Watch hatte von März bis Juli verdeckte Ermittler in drei Fabriken geschickt und rund 200 Interviews mit Arbeitern gemacht. «Unsere Untersuchung hat gezeigt, dass die Arbeitsbedingungen in Pegatron-Fabriken noch schlimmer sind als in Foxconn-Fertigungsstätten», stellte CLW-Direktor Li Qiang fest. «Apple erfüllt seine eigenen Standards nicht.»

Apple und Pegatron nehmen Stellung

Weitere im Bericht erwähnte Missstände sind seit längerem bekannt: Wie Foxconn soll auch Pegatron seinen Mitarbeitern «schlechte Wohnbedingungen» zumuten. Die Rede ist von brechend vollen Schlafräumen, kalten Duschen, überfüllten Essensräumen und 30-minütigen Warteschlangen vor den Fabriken. Pegatron-Chef Jason Cheng sagte gegenüber dem WSJ: «Wir werden die Anschuldigungen vollständig untersuchen und sofort alles unternehmen, um Verstösse gegen das chinesische Arbeitsrecht zu korrigieren.»

Auch Apple hat mit einem Statement auf die neusten Vorwürfe reagiert: «Wir verpflichten uns, für sichere und faire Arbeitsbedingungen innerhalb unserer ganzen Zulieferkette zu sorgen», wird der IT-Riese vom WSJ zitiert. Man habe seit 2007 15 umfassende Prüfungen bei Pegatron durchgeführt, inklusive Überraschungsprüfungen innerhalb der letzten 18 Monate.

Pegatron und dessen Tochterfirmen Riteng und AVY stellen iPhones, iPad-Teile sowie Apple-Computer her. Mit den neuen Aufträgen hatte Pegatron die Zahl der Arbeiter im Frühling von 50'000 auf 70'000 erhöht. Experten schätzen, dass rund ein Drittel der weltweit verkauften iPhones und iPads bei Pegatron fabriziert werden.

Mit Material der Nachrichtenagentur SDA.

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