Obdachlos mit Kleinkindern?: «Ab Donnerstag stehen wir auf der Strasse»

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Obdachlos mit Kleinkindern?«Ab Donnerstag stehen wir auf der Strasse»

Eduardo Escobar lebt seit 2005 in der Schweiz. Nun droht ihm samt seiner Frau und den kleinen Töchtern ein Leben auf der Strasse.

Noah Knüsel
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Noah Knüsel

«Sogar Alkis wird mehr geholfen»: Escobar erzählt seine Geschichte. (Video: nk)

«Noch nie habe ich Sozialhilfe bezogen», sagt Eduardo Escobar. «Warum fremdes Geld annehmen, wenn es auch so irgendwie geht?», war seine Devise. Der 44-Jährige lernte seine Frau, eine Schweizerin, in seiner Heimat Peru kennen und kam mit ihr 2005 ins Land. Sieben Jahre später ging er für soziale Projekte zwei Jahre lang zurück nach Südamerika. Als seine Frau 2014 starb, fingen die Probleme an. Viel Geld sei auf dem gemeinsamen Konto eingefroren worden, so Escobar.

Mittlerweile hat er wieder geheiratet und mit seiner neuen Frau zwei Kinder. Nach der Geburt seiner jüngsten Tochter im Dezember 2016 verlor der Südamerikaner seine Stelle. Damals sei er zum ersten Mal ans Sozialamt seiner Wohngemeinde Spreitenbach herangetreten: «Doch sie wollten mir nicht helfen, obwohl ich vorher nie Sozialhilfebezüger war.» Im Gegenteil: Die ganze Zeit habe er korrekt in die Arbeitslosenkasse einbezahlt.

«Die machen das extra»

Nun hat Escobar Anfang Mai seine Wohnung verloren, weil er mit der Miete im Rückstand war. Seither lebt er mit seiner Frau und den beiden Töchtern auf einem Campingplatz im Kanton Aargau, wo sie 50 Franken pro Nacht bezahlen. Doch auch das kann sich die Familie nicht mehr leisten. «Ab Donnerstag weiss ich nicht mehr, was ich mache», sagt der Südamerikaner, «dann stehen wir auf der Strasse.»

Ein weiteres Mal habe er Sozialhilfe beantragt, sei aber immer vertröstet worden. Der 44-Jährige ist von der Gemeinde Spreitenbach enttäuscht: «Ich denke, die machen das extra.» Zweimal habe man etwa die Dokumente seiner Tochter verloren, sodass die Familie seit zwei Jahren auf den Entscheid zum Familiennachzug wartet: «Meine Frau kann nicht arbeiten und wir bekommen keine Kinderzulagen.»

Wenn sich die Situation nicht verbessert, müssen sie die Schweiz verlassen, möglicherweise in Richtung Spanien. Aber Escobar will nicht weg: «Ich liebe die Schweiz, ich sehe dieses Land als meine Heimat an.» Er liebe Jeremias Gotthelf, Mani Matter, ja sogar Fondue. «Ich will hier für meine Kinder eine Zukunft aufbauen.»

Gemeinde kann keine Stellung nehmen

Jürg Müller, Gemeindeschreiber der Gemeinde Spreitenbach, kann zu laufenden Verfahren und somit auch zum konkreten Fall von Escobar keine Stellung nehmen. Er sagt aber grundsätzlich: «Möchte jemand Sozialhilfe erhalten, muss er einen Antrag stellen und alle erforderlichen Unterlagen korrekt einreichen.» Die Sozialkommission tage einmal im Monat, dann erhalte man den Entscheid. «In der Praxis lässt sich allgemein beobachten, dass viele Leute die Dokumente nicht fristgerecht, unvollständig oder gar nicht einreichen. Da müssen sie sich aber an der eigenen Nase nehmen.»

Liege ein vollständiges Gesuch vor, werde darüber im Rahmen der Zuständigkeit ordnungsgemäss befunden und der Entscheid mit Rechtsmittelbelehrung eröffnet. «Dringliche Gesuche werden durch einen Ausschuss der Sozialkommission kurzfristig, das heisst schneller, behandelt.»

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