ÜbergewichtAbspeck-Camps boomen in der Schweiz
In den USA sind sie längst Alltag: Fat Camps für übergewichtige Kinder. Auch in der Schweiz werden solche Programme immer beliebter.
- von
- Th. Bigliel

Bildungs- und Ferienzentrum Neu-Schönstatt in Quarten: Hier sollen demnächst die Pfunde purzeln.
In Weight Loss Camps sagen übergewichtige Kinder in den USA ihren Pfunden den Kampf an. Auch hierzulande stösst die amerikanische Idee auf immer grösser werdendes Interesse. Kein Wunder: Neue Zahlen des Bundesamts für Gesundheit belegen, dass 20 Prozent der Schweizer Kinder zu viele Kilos auf die Waage bringen.
In Quarten SG findet dieses Jahr zum ersten Mal ein Sommercamp für übergewichtige Kinder statt. Hinter dem Projekt stehen zwei junge Betriebsökonomen aus Chur. Das an einem Berghang gelegene Dorf Quarten «eigne sich perfekt», sagt Projektleiter Hannes Elmer. Im Gegensatz zu anderen Adipositas-Projekten wollen Elmer und seine Kollegin Sereine Vischer ohne Steuergelder über die Runden kommen. Dass das funktioniert, zeigt der Blick in die Spendenkasse: Mehrere tausend Franken hat das Team bereits zusammentragen können. Eine Crowd-Funding-Kampagne soll nun weitere Mittel in die Kasse spülen.
Prominente Unterstützung
Der Kampf gegen die Fettleibigkeit kommt auch bei Profisportlern gut an. Mit Langstrecken-Europameister Viktor Röthlin und Kunstturnerin Ariella Käslin wird das Projekt gleich von zwei prominenten Spitzensportlern unterstützt. Viel Zeit für Autogramme werden die Kinder jedoch nicht haben, denn neben dem körperlichen Training soll in Quarten auch gepaukt werden. Die Kinder sollen lernen, wie sie neben der Bewegung auch gesunde Ernährung in ihr Leben integrieren können. Eine Idee, die Röthlin gefällt: «Diese Kombination bildet für viele Kids den Startschuss in ein gesundes Leben», lässt sich Röthlin auf der Homepage des Projekts zitieren.
Wird Quarten in Zukunft zu einem Drill-Mekka für Fettleibige? «Nein», sagt Elmer. Ein Bootcamp nach amerikanischem Vorbild wolle man nicht sein. Zwar gehe man mit den Kindern wandern und schwimmen, doch Nachwuchsathleten werden im Camp keine geformt. «Da sich das Programm an 10- bis 13-Jährige richtet und eine Woche dauert, wäre das zu hoch gegriffen», meint Elmer lachend. Im Vordergrund stehe der Spass und der spielerische Umgang mit der eigenen Sportlichkeit.
Kids müssen Gürtel enger schnallen
Auch in anderen Teilen der Schweiz sagt man dem Übergewicht bei Kindern den Kampf an. So etwa im Aargau, in Basel und Zürich. Angela Batschelet vom Sportamt des Kantons Zürich führt sogar bereits seit sieben Jahren Abspeck-Camps durch. Sie sagt: «Das hat sich bewährt.» Wenn bei den Kindern nach einer Woche die Hosen zu rutschen beginnen, sei das für die Betroffenen ein «Riesenerfolg». «Manche Kinder bringen deswegen sogar einen Gürtel ins Camp mit», meint die Sportwissenschaftlerin lachend.
Ein Erfolgserlebnis hatte auch der 14-jährige Malik aus Zürich. Weil er sich nach dem Tod seines Vaters aus Frust Kilo um Kilo angegessen hatte, brachte er bis vor Kurzem 100 Kilo auf die Waage. Mit dem vom Kanton Zürich organisierten Fat Camp konnte er bereits einige Pfunde purzeln lassen. Die Kosten: rund 800 Franken. Im Quartener Projekt sollen es pro Kind nur 400 Franken sein. «Als Privatprojekt und Dank der Hilfe von Sponsoren können wir die Teilnahmegebühren relativ tief halten», sagt Elmer. Der Organisator des Abspeck-Camps ist zuversichtlich, im Sommer bis zu 80 Kinder in Quarten unterbringen zu können.
Das Quartner Adipositas Camp für Kinder (QUACK) findet vom 11. bis 18. Juli im Bildungs- und Ferienzentrum Neu-Schönstatt in Quarten statt. Eltern können ihre Kinder unter www.quack-sg.ch anmelden.