Besetztes Beznau«AKW ist nicht sicher vor Terror-Angriff»
Warum können hundert Greenpeace-Aktivisten ohne Probleme ein AKW entern? Diese Frage muss sich die Betreiberin Axpo seit Mittwochmorgen gefallen lassen.
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Die Verantwortlichen bei der Umweltorganisation Greenpeace reiben sich die Hände: Ihre Aktion am Mittwochmorgen, als gegen hundert Aktivisten Beznau stürmten, machte schweizweit Schlagzeilen. Sie wollten darauf aufmerksam machen, dass die Anlage in Beznau veraltet sei; sie solle sofort stillgelegt werden.
Derweil rieben sich 20-Minuten-Leser die Augen: Wie kann es sein, dass sich Aktivisten mittels einfacher Leitern ohne grosse Hürden Zugang verschaffen können? Wenn es Aktivisten können – dann schaffen es Terroristen ebenfalls. Bei der Betreiberin Axpo wiegelt man ab. Der Bereich, in den die Aktivisten eingedrungen seien, sei nicht «sicherheitsrelevant».
«Reale Bedrohung»
Das Überqueren der Umzäunung habe die sofortige Alarmierung der Sicherheitskräfte zur Folge. Die Axpo teilte mit: «Sicherheitsrelevante Bereiche der Anlage können nur mit besonderen Berechtigungen und Vorkehrungen wie Ausweispflicht und Retinascan betreten werden.»
Diese Erklärung will Nationalrat Bastien Girod (Grüne) nicht gelten lassen: «Wie einfach die Greenpeace-Aktivisten aufs Gelände gelangten, zeigt, dass Beznau in verschiedenen sicherheitsrelevanten Bereichen Mängel aufweist.» Man unterschätze schlichtweg die Gefahr eines Terrorangriffs in der Schweiz. «Das ist eine sehr reale Bedrohung.» Er twitterte am Morgen: «AKW nicht sicher vor Terror-Angriff.»
Und Greenpeace-Sprecher Marco Fähndrich ergänzt: «Dass die Aktivisten so einfach aufs Gelände gelangt sind, zeigt einmal mehr, dass Fragen zur Sicherheit dringend gestellt werden müssen, wenn nicht mal dieser Schutz gewährleistet werden kann.»
Flugzeugabstürze werden neu untersucht
Das Eidg. Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) will zum konkreten Fall in Beznau keine Stellung nehmen. Sprecher Sebastian Hueber verweist auf die allgemeinen Vorkehrungen bei den Kernkraftwerken der Schweiz. «Bauliche Vorrichtungen wie Zäune, Schranken (…) verhindern bzw. verzögern das Eindringen einer Täterschaft.» Weitere Massnahmen würden den «Schutz in die Tiefe» gewährleisten. Hueber: «Wir haben derzeit keine Hinweise darauf, dass dieser Schutz in die Tiefe nicht funktioniert hat.»
Terroristen, die sich am Boden nähern, werden nach dem Überqueren des Zauns entdeckt. Bei einem Angriff aus der Luft – wie bei den Terroranschlägen am 11. September 2001 – bleibt für eine Reaktion keine Zeit. Das Ensi lässt deshalb die Betreiber der AKWs das Thema eines vorsätzlichen Flugzeugabsturzes neu untersuchen.
Die neuen Simulationen sind eine Neuauflage von Tests aus dem Jahr 2003. Damals beschloss das Ensi – nach den New Yorker Terroranschlägen – das Thema ebenfalls aufzunehmen. Nun wartet die Behörde auf die neuen Resultate: «Gestützt auf die neuen Untersuchungsergebnisse wird das Ensi anschliessend prüfen, ob zur Erhöhung des Schutzgrades weitere Massnahmen notwendig sind.»
Dass die Möglichkeit eines Terrorangriffs aus der Luft auch in der Schweiz besteht, davon ist Bastien Girod überzeugt. «Hier in der Schweiz verschliesst man davor die Augen.» Es gebe «Spinner», die aus irgendeinem Grund auf sich aufmerksam machen wollten, sagt der Nationalrat. Das müsse nicht die Al-Kaida sein. «Jeder kann sich im Internet die Anleitung für eine Bombe holen, jeder kann sich rudimentär zum Piloten ausbilden lassen.»