Proteste gehen weiterAl-Kaida besetzt Stadt im Jemen
Im Jemen scheint die Regierung immer mehr an Macht zu verlieren. Dies offenbar zum Vorteil der Terrororganisation Al-Kaida.
Mutmassliche Al-Kaida-Kämpfer haben laut Augenzeugenberichten eine Kleinstadt im Süden des Jemens besetzt. Die Extremisten hätten in der Ortschaft Dschaar am Samstag Kontrollpunkte errichtet und mehrere leerstehende Regierungsgebäude besetzt, sagte in Bewohner. Die Polizei habe sich aus Dschaar zurückgezogen.
Die Stadt liegt zwischen einer Bergregion, in der die Al-Kaidaaktiv ist, und der 35 Kilometer südwestlich gelegenen, strategischwichtigen Hafenstadt Aden. Die Übernahme des Ortes deutet daraufhin, dass das Terrornetzwerk verstärkt versucht, aus den politischen Unruhen im Jemen Kapital zu schlagen.
Jemenitischer Präsident sucht Vermittler
Der jemenitische Präsident Ali Abdullah Saleh hat sich nach wochenlangen Protesten bereiterklärt, die Macht unter bestimmten Bedingungen abzugeben. Voraussetzung dafür sei jedoch, dass eine dritte Partei im Konflikt zwischen ihm und seinen Gegnern vermittle, sagte er am Samstag dem Nachrichtensender Al-Arabija.
Diese Aufgabe könne das Nachbarland Saudi-Arabien übernehmen, alle arabischen Golfstaaten zusammen oder die Europäer, fügte er hinzu.
Das Herrscherhaus von Saudi-Arabien ist zwar besorgt über die Lage im Jemen und hat Präsident Saleh seit der Eskalation der Proteste vergangene Woche die kalte Schulter gezeigt. Einen möglichen Interimspräsidenten für den Jemen, der ein Abgleiten ins völlige Chaos verhindern könne, hätten sie jedoch bislang noch nicht gefunden, hiess es in Riad.
Saleh, der seit 1978 an der Macht ist, erklärte in dem Interview weiter, er wolle einen «respektvollen Machtwechsel». Der Präsident warnte gleichzeitig vor einem Zerfall des Landes, das zu einem zweiten Somalia werden könne.
An einer Versammlung regime-treuer Stammesführer und Lokalpolitiker widersprach er Spekulationen, er verhandle bereits mit Führern der Opposition über die Modalitäten einer Machtübergabe. «Wir stehen fest wie ein Gebirge und lassen uns von diesen Ereignissen nicht beeinflussen», erklärte er am Samstag in der Hauptstadt Sanaa.
Im Jemen kommt es seit sechs Wochen zu teils gewaltsamen Massenprotesten gegen den seit 32 Jahren regierenden Präsidenten Ali Abdullah Saleh. Sicherheitskräfte und Saleh-Anhänger haben bisher fast 100 Regimegegner getötet und mehr als 1000 verletzt. (sda/dapd)