IS-Sklavinnen: «Als ich mich wehrte, schlug er mich blutig»

Aktualisiert

IS-Sklavinnen«Als ich mich wehrte, schlug er mich blutig»

Jesidische Frauen und Mädchen erzählen, wie sie von IS-Kämpfern missbraucht wurden. In ihrer Verzweiflung haben viele von ihnen versucht, sich das Leben zu nehmen.

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Diese jesidischen Frauen und Kinder hatten Glück im Unglück: Sie konnten sich vor den IS-Kämpfern in Sicherheit bringen. Doch viele ihrer Glaubensgenossinnen werden von Dschihadisten als Sklavinnen gehalten.

Diese jesidischen Frauen und Kinder hatten Glück im Unglück: Sie konnten sich vor den IS-Kämpfern in Sicherheit bringen. Doch viele ihrer Glaubensgenossinnen werden von Dschihadisten als Sklavinnen gehalten.

Keystone/Ulas Yunus Tosun
Amnesty International veröffentlichte Ende Dezember 2014 einen Bericht, in dem rund 40 Opfer zu Wort kommen, die in der Gewalt der IS-Miliz waren und befreit werden konnten.

Amnesty International veröffentlichte Ende Dezember 2014 einen Bericht, in dem rund 40 Opfer zu Wort kommen, die in der Gewalt der IS-Miliz waren und befreit werden konnten.

Keystone/Ulas Yunus Tosun
«Ein Mann namens Salwan holte mich und meine 13-jährige Cousine Arwa ab. Er zwang mich, ihn zu heiraten», kommt etwa die 16-jährige Randa in dem Bericht zu Wort.

«Ein Mann namens Salwan holte mich und meine 13-jährige Cousine Arwa ab. Er zwang mich, ihn zu heiraten», kommt etwa die 16-jährige Randa in dem Bericht zu Wort.

Keystone/str

Dutzende Mädchen und Frauen der jesidischen Minderheit im Irak haben der Hilfsorganisation Amnesty International von ihrer Leidenszeit als Gefangene der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) erzählt. In dem am Montag veröffentlichten dreiteiligen Bericht «Flucht aus der Hölle» kommen rund 40 Opfer zu Wort.

Teil 1: Die Zwangsheirat

Viele der Opfer sprechen im Plural, wenn sie vom Missbrauch und der Folter erzählen, die sie durchgemacht haben. Denn als Gefangene des IS wurden sie in Gruppen gehalten. «Wir waren etwa 150 junge Mädchen, die nach Mosul in ein Hauptquartier des IS gebracht wurden», schildert die 16-jährige Randa, «ein Mann namens Salwan holte mich und meine 13-jährige Cousine Arwa ab. Mich zwang er, ihn zu heiraten. Als ich mich wehrte, schlug er mich, bis meine Nase blutete. (...) Zum Glück konnten Arwa und ich flüchten.» Randa ist zutiefst traumatisiert: «Ich werde das nie vergessen können.»

Eine andere Frau erzählt, wie sie zusammen mit ihrer Schwester mehreren Männern zum Kauf angeboten wurde: «Keiner nahm uns, weil wir nicht hübsch sind und dauernd geheult haben.» Die Schwestern drohten, sich das Leben zu nehmen, sollten sie jemals getrennt werden. «Wäre uns nicht die Flucht gelungen, hätten sie uns zur Heirat gezwungen, wie sie es mit vielen anderen Mädchen taten.»

Teil 2: Die Selbstmordversuche

Aus Furcht vor Vergewaltigung nahmen sich einige IS-Geiseln sogar das Leben. Den Freitod wählte etwa die 19-jährige Jilan, wie ihr Bruder und eines der 20 Mädchen, die bei ihr waren, berichteten. «Eines Tages wurden uns Kleider überreicht, die wie Tanzkostüme aussahen, und sie befahlen uns, zu baden und sie anzuziehen», wird das Mädchen in dem Report zitiert. «Jilan nahm sich im Badezimmer das Leben. Sie schnitt sich die Handgelenke auf und erhängte sich. Sie war sehr schön. Ich glaube, dass sie wusste, dass sie von einem Mann mitgenommen werden würde. Daher tötete sie sich.»

Die 27-jährige Wafa erzählt von ihrem misslungenen Selbstmordversuch: «Meine Schwester und ich wollten uns eines Abends mit unseren Kleidern erwürgen. Wir zogen gegenseitig an unseren Schals, so fest wir konnten, bis wir in Ohnmacht fielen. Andere Mädchen im Raum wachten auf und lösten die Tücher. Danach hielten sie Wache, damit wir es nicht noch einmal tun. Als sie gegen fünf Uhr morgens wieder einschliefen, versuchten meine Schwester und ich es erneut. Und auch diesmal wurden die anderen wach und stoppten uns.»

Teil 3: Die Sklavenhalter

Einige der befragten Jesidinnen wohnten bei den Familien ihrer Peiniger. Die 18-jährige Fawziya erzählt: «In den ersten zehn Tagen liessen uns die IS-Soldaten in Ruhe. Dann teilten sie uns in Gruppen von sechs Frauen auf und brachten uns nach Rambussi.» Dort wurde Fawziya von einem 30 Jahre alten IS-Kämpfer gekauft. «Er nahm mich zur Frau. Während vier Tagen blieb er bei mir. Dann brachte er mich zu seiner Familie.»

Die Verwandten waren nicht einverstanden, dass jesidische Mädchen als Sklavinnen gehalten werden. Besonders störte sie, dass die Frauen keine Musliminnen sind: «Seine Eltern sagten zu ihm, dass er mich weiterverkaufen oder weggeben soll, wenn ich nicht zum Islam konvertiere.» Danach drohte der Mann, Fawziya «dem Chef» zurückzugeben. Doch schliesslich hatte die junge Frau Glück: «Zusammen mit anderen Mädchen aus Nachbarhäusern konnte ich fliehen.»

Dramatische Rettung von Jesiden im Nordirak:

(Quelle: Youtube/Michel Reimon)

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