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DrogenpolitikAmsterdam schliesst 43 Coffeeshops

Repressive Wende in der «Cannabis-Hauptstadt» der Welt: Amsterdam schliesst 43 der 228 Coffeeshops auf Stadtgebiet. Auch der international bekannte «The Bulldog» auf dem Leidseplein soll verschwinden.

Bis Ende 2011 müssen 43 der insgesamt 228 Coffeeshops von Amsterdam schliessen. Dies berichtet die niederländische Zeitung «Telegraaf» in ihrer Online-Ausgabe.

Die Behörden der niederländischen Hauptstadt (Regierungssitz ist jedoch Den Haag) kommen mit der Schliessung der Lokale einer Vorgabe der Regierung Balkenende nach. Die Gemeinden sind aufgefordert, Regeln zur minimalen Distanz zwischen Coffeeshops und Schulen aufzustellen und durchzusetzen.

Zu nahe bei der Schule

Den 43 betroffenen Amsterdamer Coffeeshops wird zum Verhängnis, dass sie alle sich in einem Umkreis von weniger als 250 Metern zu einer Mittelschule befinden. Dies ist auch bei dem auch ausserhalb der Niederlande bekannten «The Bulldog» auf dem Touristentreffpunkt Leidseplein der Fall. Ihm droht das Aus, weil er zu nahe beim Barlaeus-Gymnasium liegt.

«Besser als im Ausland»

Der sozialdemokratische Bürgermeister Job Cohen setzt die repressivere Politik eher unwillig um. Amsterdam führt denn auch keinen Mindestabstand von Coffeeshops zu Primarschulen ein — weil dann kaum noch einer übrigbleiben würde. Derzeit befinden sich über 25 Prozent aller niederländischen Coffeeshops in Amsterdam und machen die Stadt zur «Cannabis-Hauptstadt» der Welt.

«Das System, das wir jetzt haben, ist einigermassen erfolgreich und auch besser als im Ausland», sagte Cohen dem «Telegraaf». Der Bürgermeister plädiert für einen durchwegs geregelten, geschlossenen Kreislauf von Ankauf bis Verkauf. So könne die Ware besser auf ihre Qualität hin kontrolliert und zudem besteuert werden.

Konservatives «Rollback»?

Bisher basiert die Drogenpolitik in den Niederlanden, die scharf zwischen weichen und harten Drogen unterscheidet, auf dem liberalen «Gedoogbeleid» («Duldungspolitik»). So genannte «Softdrugs», vornehmlich Cannabis, sind zwar nicht etwa erlaubt, aber der Konsum ist nicht strafbar. Der Konsument muss allerdings mindestens 18 Jahre alt sein; die Abgabe von Drogen an Minderjährige wird hart bestraft.

Die Coffeeshops müssen sich an bestimmte Regeln halten. So ist der Ausschank von Alkohol verboten und der Verkauf von Cannabis ist auf fünf Gramm pro Transaktion beschränkt.

Seit der schon seit 2002 amtierende konservative Ministerpräsident Jan Peter Balkenende (CDA) 2006 eine Koalition mit der ChristenUnie und den Sozialdemokraten (PvdA) eingegangen ist, hat sich die bisher äusserst tolerante Drogenpolitik der Niederlande verschärft. Allerdings kann die Regierung aufgrund der zahlreichen Ein- und Mitsprachemöglichkeiten der untergeordneten Körperschaften das Ruder nicht einfach herumwerfen: Drogenpolitik ist in den Niederlanden über weite Strecken kommunale Politik.

Es dürfte daher noch eine ganze Weile dauern, bis Amsterdam den Titel der «Cannabis-Hauptstadt» einbüsst.

(dhr)

Rauchverbot im Coffeeshop

In den Niederlanden gilt seit 1. Juli 2008 ein strenges Rauchverbot in der Gastronomie. Seither dürfen in den Coffeeshops auch keine Joints mehr geraucht werden, die Tabak enthalten. Grössere Coffeeshops haben inzwischen Fumoirs eingerichtet.

Der Konsum von Cannabis in Pfeifen, Wasserpfeifen oder auch Joints bleibt aber erlaubt, so lange kein Tabak beigemengt wird. Allerdings hat die zuständige Behörde, die «Voedsel en Waren Autoriteit», keine Befugnis, den Tabakgehalt von Joints überprüfen zu lassen.

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