Anja Zeidlers Tochter (3) war bei Geburt dabei – Expertin warnt

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Gefahr für UnvorhergesehenesAnja Zeidlers Tochter (3) war während Hausgeburt dabei – Expertinnen ordnen ein

Mit der Hausgeburt ging für Anja Zeidler ein Traum in Erfüllung. An der Seite der Influencerin war auch ihre dreijährige Tochter Jela. Doch wie sinnvoll ist es, ein Kind dabei zu haben?

von
Toni Rajic
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Grosse Freude im Hause Zeidler-Anicic: Sie sind nun zu viert.

Grosse Freude im Hause Zeidler-Anicic: Sie sind nun zu viert.

Privat
Anja entschied sich für eine Hausgeburt und erfüllte sich damit einen grossen Wunsch. Die Erfahrung beschreibt sie als «Natur pur».

Anja entschied sich für eine Hausgeburt und erfüllte sich damit einen grossen Wunsch. Die Erfahrung beschreibt sie als «Natur pur».

Privat
An ihrer Seite waren stets ihr Verlobter Milan und ihre Tochter Jela.

An ihrer Seite waren stets ihr Verlobter Milan und ihre Tochter Jela.

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Darum gehts

  • Anja Zeidler ist zum zweiten Mal Mami geworden. Ihr Sohn hat am 10. März um 23.45 Uhr das Licht der Welt erblickt.

  • Die 29-Jährige hat den Kleinen zu Hause geboren und sich damit einen Traum erfüllt. An ihrer Seite war auch Tochter Jela (3). 

  • Eine Expertin klärt auf, welche Gefahren und Vorzüge es für Kinder gibt, wenn sie an einer Hausgeburt dabei sind.

Fast alle Babys kommen in der Schweiz im Spital zur Welt. Lediglich ein Prozent der werdenden Mütter entscheidet sich laut Angaben des Schweizerischen Hebammenverbandes für eine Hausgeburt. Eine von ihnen ist die Luzerner Influencerin Anja Zeidler. Die 29-Jährige erfüllte sich damit einen lang gehegten Traum. Die Erfahrung beschreibt sie als «Natur pur». Zudem bedeute es ihr viel, dass während der Entbindung ihr Verlobter Milan Anicic (27) und ihre gemeinsame Tochter Jela an ihrer Seite waren. Doch wie sinnvoll ist es, ein dreijähriges Kind so sehr mit einzubeziehen?

Dr. Monika Strauss, Kinderpsychiaterin zuständig für Säuglinge und Kleinkinder am Universitäts-Kinderspital Zürich, rät davon ab: «Jede Geburt birgt Risiken und nicht vorhersehbare Situationen. Wenn ein Kind beispielsweise Sturzblutungen, Hektik und im schlimmsten Fall eine Abholung durch Rettungssanitäter miterlebt, kann das schwer traumatisierende Folgen mit sich bringen.» Laut der Medizinerin seien solche Situationen, in denen Kontrollverlust erlebt wird, oftmals auch bei werdenden Eltern für Geburtstraumas verantwortlich.

Zudem bestünde nach einer schlimmen Geburtserfahrung die Gefahr, dass sich Kinder alleine fühlen, wie Strauss erklärt: «Da Hausgeburten in der Schweiz eine Seltenheit sind, können Kinder, die ein derartiges Negativ-Erlebnis mitbekommen, sich nicht mit Gleichaltrigen austauschen, weil so eine Erfahrung fehlt.»

Kinder an der Hausgeburt brauchen Klarheit

Wer sich trotz der Risiken für die Anwesenheit der älteren Kinder entscheidet, sollte ein klares Setting schaffen. «Es ist essenziell, im Voraus möglichst detailliert aufzuzeigen, wie die Situation aussieht – dem Kind beschreiben, dass Mami vielleicht einen roten Kopf bekommt, zu schwitzen beginnt und es laut werden kann», so die Expertin. Dies könne man gut mit Bildern und Büchern vermitteln. Wichtig sei, dabei auf die Reaktion der Kleinen zu achten und bei einer allfälligen Abneigung nichts zu forcieren.

Wie ein Video von Anja zeigt, befand sich Töchterchen Jela am Rand des Geburtspools. Streichelte ihr Mami und gab ihr Küsschen. Vor Ort war auch Anjas Mutter, die sich um die Betreuung ihrer Enkelin kümmerte. Löblich, meint die Kleinkindspezialistin : «Das Kind sollte während der ganzen Zeit wissen und zu spüren bekommen, wer seine Vertrauensperson ist. Darüber hinaus sollte ein Umfeld geschaffen werden, in dem es Wahlmöglichkeiten und Freiheit hat, sich zurückzuziehen, wenn es keine Lust mehr auf das Geschehnis rund um die Geburt hat.»

Anja Zeidler hat die intimen Momente für die Ewigkeit festgehalten.

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«Ich bin überzeugt, dass sich diese Erfahrung tief in Jela verankert und sie später mal eine ganz andere Einstellung zum Thema Geburt als die meisten haben wird», meinte Anja Zeidler im Gespräch mit 20 Minuten. Davon hält Dr. Monika Strauss wenig: «Das ist eher elterliches Wunschdenken. Aus medizinischer Sicht ist dies nicht zu erwarten. Das Erinnerungsvermögen von Kindern beginnt im Alter von zwei bis drei Jahren. Aber ein Dreijähriges versteht den Vorgang einer Geburt noch nicht als etwas, das es auf sein zukünftiges Ich beziehen kann. Bestenfalls kann es sich an eine aufregende Situation zurückerinnern, in der sie die Mutter als stark wahrgenommen hat und sie als Vorbild für sich sehen.»

Die Medizinerin betont aber auch, dass eine Hausgeburt Vorteile hat: «Wenn alles gut läuft, kann es zwischen den Beteiligten und vor allem zwischen den Geschwistern eine engere Beziehung fördern. Das Erstgeborene ist nicht aus heiterem Himmel einem Geschwisterchen ausgesetzt, das die Eltern nun massgebend für sich beansprucht.» Zudem sei die Geburt weiteren Nachwuchses für Familien oft das erste Mal, dass man sich vom ersten Kind trennen muss und einige Tage im Spital verbringt – dieses mitunter stressbesetzte Trennungserlebnis falle bei einer Entbindung in den eigenen vier Wänden weg.

Sollen Kinder bei der Hausgeburt dabei sein?

Erfahrene Hebamme widerspricht 

Christine Fässler ist seit mittlerweile 30 Jahren Hebamme und hat sich auf Hausgeburten spezialisiert. Dank ihrer Hilfe kamen über 1127 Babys zur Welt. Sie stimmt Monika Strauss in vielen Aspekten zu: «Freiwilligkeit ist Grundvoraussetzung für alles und Klarheit bietet Sicherheit – den Eltern und den anwesenden Kindern.» Doch aus hypothetischen Gefahren davon abzuraten, findet sie falsch. «Damit eine Hausgeburt überhaupt infrage kommt, müssen viele Grundvoraussetzungen stimmen: Es muss eine gute Schwangerschaft sein, die Frau bei bester Gesundheit sein, das Baby richtig liegen – um nur einige zu nennen.» Aufgrund der intensiven Vorbereitung und der Selektion seien Komplikationen laut ihr eine Seltenheit.

Sollte es doch zu Schwierigkeiten kommen, sei eine frühzeitige Intervention essenziell: «Die Verantwortung liegt bei der Hebamme, zu erkennen, wenn Unvorhergesehenes eintritt und das Kind mit der im Voraus definierten und anwesenden Betreuungsperson wegzuschicken.» Dabei betont sie aber: «Diese Rolle können weder Hebammen noch Papi übernehmen. Das muss jemand aus dem Umfeld des Kindes und der Familie sein.» In ihrer langjährigen Karriere seien viele älteren Geschwister zwar im Haus, hätten die Geburt allerdings verschlafen.

Nach einer Hausgeburt beginnt das Familienleben direkt

Weiter berichtet Fässler, dass sich Frauen während der Entbindung auch umentscheiden und die eigenen Kinder doch nicht dabei haben wollen: «Es gibt Fälle, in denen sich werdende Mamis nicht auf die Geburt und die Wehen konzentrieren können, sich gestört oder gehemmt fühlen und deshalb lieber im kleineren Kreise weiter machen.»

Den grössten Vorteil in einer Hausgeburt sieht die Hebamme darin, dass die Familie direkt danach zusammenfindet: «Das Leben mit einem weiteren Familienmitglied startet sofort und nicht erst nach dem Spitalaufenthalt. Wenn ich die Freude in den Augen der Eltern und Geschwisterchen sehe, bin ich mit Glück erfüllt. Das ist der Grund, wieso ich meine Arbeit seit so vielen Jahren liebe.» Schliesslich appelliert sie an die Gesellschaft und meint, dass wir zahlreiche Optionen für Hausgeburten hätten und diese nicht zu verurteilen seien. 

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