Goldküsten-KnatschAnwohner laufen Sturm gegen Tempo 50
An der Zürcher Goldküste rollt wegen Bauarbeiten viel Verkehr statt über die Seestrasse durch Wohnquartiere – und das mit 50 km/h. Anwohner wehren sich – bislang vergeblich.
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Freitagmorgen, kurz vor fünf Uhr: Im Quartier zwischen Küsnacht und Erlenbach herrscht bereits früh morgens reger Verkehr. Ein Auto nach dem anderen flitzt mit Tempo 50 durch die sonst ruhigen Quartierstrassen. «Das ist absolut unverantwortlich», sagt Anwohnerin Ajsa Rentsch. «An diesen Strassen wohnen zahlreiche Familien mit Kindern, die diese Strassen auf dem Weg zur Schule und in den Kindergarten überqueren». Sie hat deshalb zusammen mit über 1000 anderen Anwohnern eine Petition unterschrieben. Darin fordern sie nebst zusätzlichen Fussgängerstreifen und einer sicheren Veloroute 66, dass auf den Quartierstrassen wieder Tempo 30 gilt.
Weil die Seestrasse zwischen Küsnacht und Erlenbach während rund achtzehn Monaten saniert wird, muss der Verkehr teils durch die Wohnquartiere umgeleitet werden. Seit Dienstag ist dafür eine Verkehrssteuerung in Betrieb, die anzeigt, wie viele Minuten die Fahrt durch die Seestrasse und wie lange sie durch die sogenannte Entlastungsroute dauert. Mit der Umleitung auf Quartierstrassen will der Kanton lange Rückstaus auf der Seestrasse verhindern. Zudem hat er die Geschwindigkeit auf den umliegenden Strassen von 30 auf 50 km/h erhöht. Diese Verkehrsmassnahme stösst bei den Anwohnern auf grosses Unverständnis.
«Der totale Wahnsinn»
Beim Kanton sieht man die Situation aber etwas entspannter: «Die Verkehrssicherheit ist gewährleistet», sagt Dominik Bonderer, Leiter Kommunikation der kantonalen Baudirektion. «Dies bestätigten die Schulgemeinde und jetzt auch der Statthalter des Bezirks Meilen, der sämtliche Anträge um Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abgewiesen hat.» Die Gemeindepolizei habe bei Messungen von über 700 Fahrzeugen auf den Quartierstrassen eine Durchschnittsgeschwindigkeit von lediglich rund 29 km/h festgestellt. Zudem sei keine einzige Geschwindigkeitsübertretung gemessen worden. Anwohner Michael Kindermann, der die Situation an einer Quartierstrasse in einem Video (siehe unten) festgehalten hat, sieht das anders. «Viele Autofahrer fahren 50 und mehr. Das ist der totale Wahnsinn!» Er bezweifelt, dass sich die Verantwortlichen selber ein Bild vor Ort machten.
Auch bemängeln die Anwohner, dass Autofahrer selbst zu verkehrsarmen Zeiten auf die Entlastungsroute umgeleitet werden. Und wirklich schneller sei man dort laut Kindermann mit 50 statt 30 km/h auch nicht. In einem Selbsttest war er mit 50 km/h bloss 42 Sekunden schneller als mit Tempo 30.