FresspäckliArmee ärgert sich über Gratisbier für Rekruten
Wenn Rekruten ein nettes Briefchen schreiben, schicken ihnen Firmen Fresspäckli zu. Das Militär hat daran keine Freude.
- von
- J. Probst/Q. Llugiqi
Mit diesen Tipps überstehst du die Rekrutenschule. (Video: pam)
Am Montag startete die Winter-Rekrutenschule. Rund 11'600 Rekruten mussten laut Zahlen der Schweizer Armee einrücken. Sie werden die nächsten Monate zu Soldaten gedrillt: mit kilometerlangen Märschen und wenig Schlaf.
Doch die jungen Männer bereiten sich auf die Strapazen der Rekrutenschule vor: So postet etwa die Instagram-Seite Armysieche, die über 26'000 Abonnenten zählt, Tipps für die angehenden Soldaten. Dort verraten Altgediente, welche Socken ideal für die Kampfstiefel sind oder dass eine Powerbank essenziell sei (siehe Video oben).
Gratisbier für Rekruten
Ein Tipp hat es in sich: «Schreibt Firmen an und sagt ihnen, dass ihr in der RS seid», schreibt ein User. Denn, so behauptet er: «Oft schicken sie euch ein Päckli.» Immer Snacks auf sich zu haben, sei sehr wichtig, sagt auch der Betreiber der Seite, der anonym bleiben will. «Je nach Koch isst man in der RS nicht gut, da ist man froh um Getreideriegel oder Trockenfleisch.»
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20 Minuten hat bei Firmen nachgefragt. Und tatsächlich: Einige senden gratis Fresspäckli an Rekruten. Fleischverarbeiter Bell etwa schickt Rekruten laut Sprecher Fabian «in der Regel» etwas zu, wenn sie die Firma anschrieben: «Ein Fresspäckli von uns enthält meist Trockenfleisch und Snacks.» Es sei eine «schöne Geste» den Rekruten gegenüber.
Und auch die Brauerei Feldschlösschen: «Es gibt die Tradition, dass wir Rekruten eine Freude mit einem Fresspäckli machen, wenn wir freundlich angeschrieben werden», sagt Sprecherin Gaby Gerber.
Die Brauerei stelle dann jeweils «ein kleines Paket» zusammen: «zum Teilen mit den Kollegen der Einheit.» Solche Fresspäckchen für Rekruten, die alkoholfreies und normales Bier beinhalten, sollen «ein kleines Dankeschön für ihren Einsatz für die Schweiz» sein.
«Wir tun ein Sixpack ins Päckli»
Gratisbier gibt es auch beim Konkurrenten Heineken, zu dem die Marken Calanda, Eichhof und Haldengut zählen: «Wir verschicken im Sommer etwa vier bis fünf Fresspäckli pro Woche an Rekruten, im Winter sind es etwas weniger», sagt Sprecher Antonio Govetosa.
«Ins Päckli tun wir ein Sixpack des Lieblingsbieres und Werbegeschenke wie T-Shirts und Schlüsselanhänger.» Das soll ein Goodie für die Rekruten sein, die Heineken «einen lustigen oder originellen Brief schreiben», so Govetosa. Eine gezielte Werbekampagne sei es nicht.
Der Energydrink-Hersteller Red Bull verschickt zwar nicht direkt Getränke, erklärt aber, dass interessierte Rekruten bei gewissen Grosshändlern zu besonderen Konditionen Red Bull in die Kaserne bestellen könnten.
Auch Detailhändler Coop hat ein Herz für Rekruten: «Wir senden den Rekruten jeweils Coop-Geschenkkarten, mit denen sie sich dann selber eine passende Lebensmittelauswahl zusammenstellen können», so Sprecherin Marilena Baiatu. Damit wolle der Detailhändler «den Rekruten den Alltag mit Coop-Produkten kulinarisch etwas versüssen».
Armee: «Unnötig und eher geschmacklos»
Bei den Rekruten kommen die Päckli der Firmen gut an (siehe Box). Gar keine Freude daran hat jedoch die Armee: «Die Angehörigen der Armee werden gut und ausreichend versorgt und ernährt», sagt Armeesprecher Daniel Reist. Dass Rekruten um Fresspäckli bitten, finde das Militär «unnötig und eher geschmacklos». Es gebe bedürftigere Leute, die eher Hilfe brauchten als die Rekruten.
Besonders stört sich die Armee an den Bier-Paketen: «Alkohol in Rekrutenpäckchen ist verpönt», so Reist. Es sei nicht vorgesehen, dass Brauereien Bier an Rekruten schickten, denn schon Alkohol im Zimmer zu haben, sei verboten. Das Bier dürfe höchstens im Privatauto gelagert werden und nur im Ausgang getrunken werden.
Die Brauereien appellieren derweil an die Selbstverantwortung der Rekruten: «Wir gehen davon aus, dass sich die Rekruten an die geltenden Regeln des Militärs halten, und unser Bier nur in ihrer Freizeit geniessen», sagt Heineken-Sprecher Govetosa. Auch Feldschlösschen-Sprecherin Gerber betont, dass das Päckli ausserhalb der Dienstzeit genossen werden soll.
«Fresspäckli sind ein Highlight»
«Fresspäckli sind ein Highlight»
Ein ehemaliger Rekrut erklärt 20 Minuten, warum «Fresspäckli» in der RS wichtig sind. «Im anstrengenden aber auch monotonen Alltag sind Päckli gerade zu Beginn der Rekrutenschule ein Highlight.» Denn am Kiosk sei die Auswahl begrenzt, zudem gibt es noch nicht so viele Möglichkeiten, Snacks ausserhalb zu besorgen, besonders, wenn sich die Kaserne ab vom Schuss befinde.
Wer eines oder mehrere Fresspäckli erhält, sei in der Gruppe ein gefragter Mann, erzählt er. «Es entsteht teils ein regelrechter Neid.» Gratis-Päckli von Firmen seien da im Vergleich zu Sendungen von Freunden und Familie besonders begehrt. «Es natürlich besonders cool, wenn dir eine Firma persönlich etwas in die RS schickt.»