ArtenvielfaltWie Faulheit beim Gärtnern die Biodiversität schützt
Einen ganzen Monat lang nicht Rasen mähen – für die Artenvielfalt: In Grossbritannien ist der «No Mow May» bereits auf dem Vormarsch. Würde auch die Schweizer Biodiversität von einer solchen Aktion profitieren?
- von
- Gabriella Alvarez-Hummel
Darum gehts
Seit 2019 ermutigt der «No Mow May» (Nicht-Mähen-Mai) Menschen in Grossbritannien und darüber hinaus dazu, ihre Rasenflächen während des Monats Mai nicht zu mähen.
Wenn Rasenflächen nicht gemäht werden, haben Wildblumen und Pflanzen die Möglichkeit, zu blühen und Nahrung für Insekten zu bieten.
Der Zweck ist, die Biodiversität und die Lebensräume für Insekten zu fördern.
Auch in der Schweiz ist es nötig, die Artenvielfalt zu erhalten. Weniger zu mähen ist eine von mehreren Möglichkeiten.
Was ist der «No Mow May»?
Der «No Mow May» ist eine Aktion, die in Grossbritannien ins Leben gerufen wurde und mittlerweile darüber hinaus gewachsen ist. Das Ziel ist, dass Menschen ihre Rasenflächen während des gesamten Monats Mai nicht mähen. Während dieses Zeitraums werden die Rasenflächen bewusst sich selbst überlassen, und Wildblumen und Pflanzen haben die Möglichkeit, zu wachsen und zu blühen. Die Idee ist, Lebensräume für Insekten, insbesondere bestäubende Insekten wie Bienen und Schmetterlinge, zu schaffen und die Biodiversität zu fördern.
Was nützt der «No Mow May»?
Laut den Initianten ist das Nicht-Mähen eine einfache und umweltfreundliche Methode, um die Artenvielfalt zu fördern: Durch das Zulassen von Wildblumen und Pflanzen auf Rasenflächen werden Lebensräume für Insekten und Kleintiere geschaffen. Bienen und andere bestäubende Insekten finden zudem mehr Nahrungsquellen, was ihre Populationen unterstützen kann. Hinzu kommt: Eine ungemähte Rasenfläche kann mehr Wasser aufnehmen und hilft so bei der Regulierung von Wasserabflüssen und Überschwemmungen.
Ist Mähen denn wirklich so schädlich?
Rasenflächen, die häufig gemäht werden, weisen eine tiefere Biodiversität auf, so eine kanadische Studie. Das heisst nicht unbedingt, dass Mähen per se schädlich ist. Es heisst aber, dass reduziertes Mähen viele Vorteile bringen kann. Dr. Chris Watson, Hauptautor besagter Studie: «Selbst eine bescheidene Reduzierung der Häufigkeit des Rasenmähens kann eine Vielzahl von Umweltvorteilen mit sich bringen: gesteigerte Bestäuberaktivität, erhöhte Pflanzenvielfalt und reduzierte Treibhausgasemissionen. Gleichzeitig führt ein längerer Rasen dazu, dass er widerstandsfähiger gegen Schädlinge, Unkraut und Trockenperioden ist.»
Ganz grundsätzlich: Wie natürlich ist Rasen eigentlich?
Eigentlich gar nicht. Rasen kommt in der Natur nicht vor. Der gepflegte, kurz gemähte Rasen wurde erst ab dem siebzehnten Jahrhundert zum Symbol von Reichtum und Luxus. Denn wer sich die Pflege eines Rasens – der noch dazu keine konkrete Funktion hat, ausser schön auszusehen – leisten konnte, konnte nur extrem reich sein. Constantin Seibt schreibt in seinem Text «Pflanze der Macht» treffend: «Rasen ist eine absurd teure, absurd nutzlose Pflanze: Sie verlangt dauernde Pflege – wird der Rasen nicht regelmässig gedüngt, bewässert, geschnitten, nachgesät, stirbt oder verwildert er sofort. Dafür liefert er niemandem den geringsten Nutzen: Tiere können nicht darauf weiden. Nicht einmal mehr als eine Handvoll Insektenarten können in ihm leben. Kurz: Rasen ist das perfekte Luxusgut. Unbequem, unbrauchbar, unerschwinglich, aber weitherum sichtbar.»
Sollten wir auch ausserhalb des Monats Mai weniger mähen?
Tamson Yeh, eine US-Bodenspezialistin, ist der Meinung, dass der «No Mow May» zwar gute Absichten hege, der Ansatz jedoch nicht unbedingt nur gut sei. Sie argumentiert, dass es viel nützlicher wäre, generell weniger zu mähen, anstatt einfach nur im Monat Mai den Rasenmäher stehen zu lassen. Die oben genannte Studie spricht auch eher dafür.
In der Schweiz gibt es keinen «No Mow May». Gibt es andere, ähnliche Aktionen?
Mission B ist eine Schweizer Organisation, die sich den Erhalt der Biodiversität zum Ziel gesetzt hat. Auch das Mähen spielt dabei eine grosse Rolle. Einige Tipps daraus: Ein- bis zweimal im Jahr mähen. Erst mähen, wenn die Blumen verblüht sind. Besser frühmorgens oder spätnachmittags mähen. Nicht alles auf einmal mähen, sondern gestaffelt. Randbereiche stehen lassen.
Ich habe keinen Rasen. Wie kann ich die Biodiversität trotzdem fördern?
Mission B sagt: Jeder Quadratmeter zählt. Und dazu gehören zum Beispiel Balkone oder auch einfach Fenstersimse. Denn gerade in den Städten steht es oft schlecht um die Biodiversität.
Wie oft mähst du den Rasen im Garten?
Keine News mehr verpassen
Mit dem täglichen Update bleibst du über deine Lieblingsthemen informiert und verpasst keine News über das aktuelle Weltgeschehen mehr.
Erhalte das Wichtigste kurz und knapp täglich direkt in dein Postfach.