Er will Rache«Assads Familie vor seinen Augen abschlachten»
Abdelhalim Haj Omar hat alles verloren: Drei Söhne und zwei Enkelsöhne starben im Kampf gegen das Regime von Baschar al-Assad. Jetzt will der 70-jährige «Vater der Märtyrer» Rache.
- von
- gux/Reuters
Eine Kugel tötete den ältesten Sohn von Abdelhalim Haj Omar, Ahmed. Der 45-Jährige hatte dieses Jahr an einer Protestkundgebung gegen den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad teilgenommen. Zwei Monate später starb sein zweiter Sohn, der 25-jährige Omar.
«Die Sicherheitskräfte haben seinen Kiefer zertrümmert. Seine Augen waren disloziert. Sie töteten ihn und warfen seine Leiche vor den Eingang des Friedhofs», erzählt der 70-jährige Teppichhändler aus Azaz, einer Stadt südlich der türkischen Grenze, rund 50 Kilometer von Syriens zweigrösster Stadt Aleppo entfernt.
Der dritte Sohn, Mahmoud, schloss sich daraufhin den Kämpfern der Freien Syrischen Armee (FSA) an. Er kam bei einem ihrer Einsätze ums Leben. Auch Abdelhalim Haj Omars beide Enkel starben. Ein PKK-Kämpfer erschoss Mohamed. Und der zwanzigjährige Abdelhamid, der letzte Enkel des Teppichhändlers, starb vor fünf Tagen bei Kämpfen um Aleppo.
Als «Vater der Märyter» bekannt
Rund 40'000 Syrer starben in dem seit März 2011 tobenden Krieg im eigenen Land. So hat fast jede Familie einen Toten zu beklagen. Doch so schwer wie Abdelhalim Haj Omar hat es kaum jemanden getroffen. In seiner Gegend ist der 70-Jährige als «Vater der Märyter» bekannt geworden.
Dass seine Familie fast ganz ausgelöscht wurde, weckt in dem alten Mann Rachegelüste. «Ich hoffe, dass Baschar, so Gott will, nicht stirbt, bevor sie seine Familie vor seinen Augen abschlachten», sagt Abdelhalim Haj Omar. «Dann sollen sie ihn hierher bringen, damit das ganze Land an ihm Rache üben kann. Er hat Syrien zerstört und sein eigenes Volk getötet.»
Der Hass zu Kriegsende
Die vielen Todesopfer generieren tiefen Hass in der syrischen Gesellschaft. So wird es schwierig werden, die verschiedenen Volksgruppen des Landes bei Kriegsende miteinander auszusöhnen.
«Meine Ehefrau Um Ahmed wurde von Sicherheitskräften festgehalten», sagt Abdelhalim Haj Omar verbittert. «Sie sagten ihr: ‹Du hast Terroristen bei dir aufgenommen. Du hast sie beschützt und für vier Tage durchgefüttert.› Obwohl sie das bestritt, schossen sie ihr dreimal in die Beine.»
Abdelhalim Haj Omar geht jeden Tag zum Friedhof von Azaz, wo seine drei Söhne und seine beiden Enkel begraben sind. Trotz seiner Trauer will Abdelhalim Haj Omar nicht aufgeben: «Und wenn ich hundert Söhne hätte, ich würde sie alle in die Revolution schicken. Mein Haupt bleibt erhoben.»