Heikles Gipfeltreffen: Assads langer Schatten über dem Araber-Gipfel

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Heikles GipfeltreffenAssads langer Schatten über dem Araber-Gipfel

Die Arabische Liga tagt erstmals seit über 20 Jahren wieder in Bagdad. Neben viel Prestige winkt der irakischen Regierung aber auch ein diplomatischer Hochseilakt in der Syrien-Frage.

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Auf diesen Tag mussten die Iraker lange warten: Erstmals seit über 20 Jahren tagt ab heute die Arabische Liga in Bagdad. Am Donnerstag werden die Staatschefs erwartet. Eigentlich hätte der prestigeträchtige Event bereits im März 2011 über die Bühne gehen sollen, wurde dann aber aufgrund des Arabischen Frühlings auf Mai und später auf 2012 verschoben. Inzwischen dürfte klar sein, dass die Verwerfungen auch dieses Jahr nicht verschwinden werden. Aussitzen ergibt keinen Sinn.

Sollte der Gipfel wirklich stattfinden, wäre das für die Regierung von Nuri al-Maliki ein grosser diplomatischer Erfolg. Nach der Diktatur Saddam Husseins und der amerikanischen Besatzung des Landes ist der Irak unter seiner Führung – zumindest symbolisch – wieder in den Kreis der arabischen Staatenfamilie zurückgekehrt. Es wäre auch eine persönliche Genugtuung: Der Premierminister ist Schiit, weshalb vor allem die sunnitischen Golfmonarchien sich bisher geweigert hatten, ihre Beziehungen zum Irak zu normalisieren.

Für al-Maliki steht viel auf dem Spiel: Spätestens seit der Verhaftung des einflussreichen sunnitischen Vizepräsidenten Tarik al-Haschemi im vergangenen Dezember steht er innenpolitisch unter enormem Druck. Das Prestige eines Besuchs von König Abdallah von Saudi-Arabien und anderen arabischen Staatschefs könnte ihm innenpolitisch eine dringend benötigte Verschnaufpause verschaffen. Darüber hinaus winken verbesserte Handelsbeziehungen und damit auch mehr Direktinvestitionen aus den reichen Golfmonarchien. Mit deren Hilfe könnte er zudem auf der internationalen Bühne effektiver agieren, zum Beispiel um die letzten verbliebenen UNO-Sanktionen aus der Saddam-Ära zu beseitigen.

Iranische Interessen berücksichtigen

Neben diesen Chancen birgt der Gipfel aber auch immense Risiken für Maliki. Die Sicherheitslage in Bagdad ist immer noch prekär, ein Anschlag auf den Gipfel hätte kaum abzusehende Folgen. Die unmittelbarste Gefahr geht aber von einem arabischen Staatschef aus, der nicht einmal unter den Teilnehmern sein wird: Baschal al Assad. Die Situation in Syrien, dessen Mitgliedschaft in der Arabischen Liga derzeit ausgesetzt ist, steht ganz oben auf der Agenda und bringt die irakische Führung mächtig in die Bredouille. Das Gipfeltreffen in Bagdad droht die schizophrene irakische Position in der Syrienkrise vollends zu blosszulegen.

Im Unterschied zu Ländern wie Saudi-Arabien, Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten, hatte der Irak lange Zeit nur milde Kritik an Baschar al-Assad für dessen brutales Vorgehen gegen die Zivilbevölkerung geübt. Als Schiit hegt Maliki gewisse Affinitäten für dessen ebenfalls schiitisches Regime. Ausserdem kann er es sich nicht leisten, in dieser Frage auf Konfrontationskurs mit den Iranern zu gehen. Teheran, das einen Fall des Assad-Regimes mit allen Mitteln verhindern will, verfügt im Irak über beträchtlichen Einfluss. Al-Maliki verdankt etwa seine zweite Amtszeit nach den Wahlen 2010 in nicht unwesentlichem Ausmass iranischen Vermittlungsbemühen. Diese hatten nach monatelangem Druck den Heisssporn Muktada al-Sadr zum Eintritt in die Koalition al-Malikis bewogen.

Saudi-Arabien signalisiert Goodwill

Auf der anderen Seite kann es sich der Irak nicht leisten, seine arabischen Nachbarn zu verärgern, wenn er künftig auf deren Hilfe zählen will. In den vergangenen Wochen hat die irakische Regierung ihren bislang wohlwollenden Ton gegenüber Syrien verschärft. Sie scheint sogar die Entsendung einer arabischen Friedenstruppe nach Syrien zu befürworten, wie dies die Arabische Liga jüngst vorgeschlagen hat. Die arabische Staatengemeinschaft hat auf die Geste reagiert, indem der für letztes Jahr geplante Gipfel in Bagdad diesmal tatsächlich stattfinden wird. Im Februar hatte Saudi Arabien erstmals nach Saddam Husseins Einmarsch in Kuwait 1990 einen Botschafter für Bagdad ernannt.

Nuri al-Maliki ist ein gewiefter Taktiker, das beweist seine inzwischen seit 2006 andauernde Regierungszeit in einem tief gespaltenen Land. Ob sich der Gastgeber der Arabischen Liga zum Thema Syrien äussern kann, ohne entweder seine arabischen Nachbarn oder seine Quasi-Schutzmacht Iran zu verärgern, darf mit Spannung werden.

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