Asyl für Afghaninnen: SP nimmt Baume-Schneider in Schutz - SVP-Aeschi ist «schockiert»

Publiziert

Asyl für AfghaninnenSP nimmt Baume-Schneider in Schutz – SVP-Aeschi ist «schockiert»

Neu haben Afghaninnen ein Anrecht auf B-Bewilligung in der Schweiz. Den Entscheid kommunizierte das SEM nicht. Die Bürgerlichen zeigen sich verärgert – die SP nimmt den Entscheid ihrer Bundesrätin in Schutz.

1 / 6
Das Staatssekretariat für Migration unter Elisabeth Baume-Schneider hat eine Prozessänderung im Migrationsrecht vorgenommen. Afghaninnen haben neu Anrecht auf eine B-Bewilligung in der Schweiz.

Das Staatssekretariat für Migration unter Elisabeth Baume-Schneider hat eine Prozessänderung im Migrationsrecht vorgenommen. Afghaninnen haben neu Anrecht auf eine B-Bewilligung in der Schweiz.

20min/Matthias Spicher
Die FDP unter Präsident Thierry Burkart zeigt sich entrüstet darüber, dass dies nicht kommuniziert wurde und fordert die Rückgängigmachung dieser Änderung.

Die FDP unter Präsident Thierry Burkart zeigt sich entrüstet darüber, dass dies nicht kommuniziert wurde und fordert die Rückgängigmachung dieser Änderung.

20min/Celia Nogler
Auch SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi ist empört. Baume-Schneider versuche, gegen den Willen eines grossen Teils der Bevölkerung noch mehr Asylmigranten in die Schweiz zu bringen.

Auch SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi ist empört. Baume-Schneider versuche, gegen den Willen eines grossen Teils der Bevölkerung noch mehr Asylmigranten in die Schweiz zu bringen.

20min/Matthias Spicher

Darum gehts

  • Neu haben Frauen aus Afghanistan Anrecht auf eine B-Bewilligung in der Schweiz. Diese Änderung wurde vom SEM nicht kommuniziert.

  • Die bürgerlichen Parteien zeigen sich entrüstet und fordern, dass die Änderung rückgängig gemacht wird.

  • SP-Nationalrätin Céline Widmer hält zu ihrer Bundesrätin. Die FDP mache Wahlkampf auf dem Buckel der Schwächsten.

  • Polit-Analyst Mark Balsiger schätzt die Geschehnisse kurz vor den Wahlen ein. Für national-konservative und migrationskritische Kräfte sei die Änderung ein dankbarer Steilpass gewesen.

Das Staatssekretariat für Migration (SEM) hat eine Praxisänderung im Migrationsrecht vorgenommen. Neu gelten Frauen aus Afghanistan als «besonders schützenswerte Gruppe» und haben somit Anrecht auf eine B-Bewilligung in der Schweiz.

Auch der Familiennachzug wird dadurch ermöglicht. Kommuniziert hat das SEM diese Änderung jedoch nicht – sehr zur Entrüstung der bürgerlichen Parteien. Die FDP wies in einer Medienmitteilung auf die Änderung hin und forderte, dass diese «Praxisänderung rückgängig gemacht wird».

SVP zeigt sich «schockiert und entrüstet»

SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi ist stinksauer: «Ich bin schockiert und entrüstet, das ist ein Skandal», sagt er. Er fragt sich, ob dieser Entscheid in Rücksprache mit dem Bundesrat getroffen wurde oder ob SEM-Vorsteherin Elisabeth Baume-Schneider diesen in Eigenregie vollzogen habe.

«Sie versucht, gegen den Willen eines grossen Teils der Bevölkerung noch mehr Asylmigranten in die Schweiz zu bringen», so Aeschi. Das werde Milliarden von Franken an Folgekosten nach sich ziehen – zu einem Zeitpunkt, in dem die Schweizer Bevölkerung mit teuren Energie-, Wohn- und Gesundheitskosten kämpfe, so der SVP-Mann.

Mit der B-Bewilligung haben Personen auch die Option, ihre Familie in die Schweiz zu holen. «Sie werden ihre Ehemänner in die Schweiz holen und hier das Gesundheitssystem zusätzlich belasten, sie werden ihre Kinder mitnehmen, was Mehrkosten in den Schulen aufgrund von Integrationsunterricht bedeutet und bei Kindern im Teenageralter ist die Gefahr hoch, dass diese kriminell werden», ist sich Aeschi sicher.

SP: «Haltlose und billigste Wahlkampfrhetorik»

Auch die Mitte-Partei überzeugt die Praxisänderung des SEM nicht. «Der Entscheid von Bundesrätin Baume-Schneider ist nicht zielführend», sagt Mitte-Präsident Gerhard Pfister. Afghanische Flüchtlinge seien in der Schweiz zu Recht geschützt. «Aber es gibt keinen Grund, den Familiennachzug generell zu gewähren», so Pfister.

SP-Nationalrätin Céline Widmer hingegen hält zu ihrer Bundesrätin. «Die FDP macht Wahlkampf auf dem Buckel der Schwächsten», sagt sie. Selbstverständlich bräuchten Afghaninnen unverzüglichen Schutz.

«Das Taliban-Regime ist grausam. Menschen aus Afghanistan – insbesondere Frauen und Mädchen – nicht zu schützen, ist in keiner Art und Weise mit der humanitären Tradition der Schweiz vereinbar», so Widmer. Im Übrigen erachte sie die Unterstellungen der FDP gegenüber Bundesrätin Baume-Schneider als «haltlose und billigste Wahlkampfrhetorik».

«Dankbarer Steilpass für national-konservative Kräfte»

Mark Balsiger ist Politanalyst.

Mark Balsiger ist Politanalyst.

Privat

Herr Balsiger, es sind noch fünf Wochen zu den Wahlen. War das ein geschickter Zeitpunkt für diese Praxisänderung?

Wie viel Einfluss man auf den Zeitpunkt der Änderung hatte, kann ich nicht beurteilen. Klar ist, dass es für national-konservative und migrationskritische Kräfte ein dankbarer Steilpass ist. Das nutzen sie jetzt, um ihre Leute zu mobilisieren. Keine Frage, fünf Wochen vor den Wahlen sorgt eine solche Meldung für Aufruhr.

Weshalb steigt nun auch die FDP in die Asylthematik ein?

Mitte August hielt die FDP eine Medienkonferenz zu ihrer Migrationspolitik ab. Es liegt auf der Hand, dass sie auf dieser Schiene weiterfährt. Ursprünglich war Migration für die Liberalen kein Kernthema in diesem Wahljahr, im August riefen sie aber ihren «Hart, aber fair»-Ansatz in Erinnerung, den sie seit 2013 verfolgen. Das ist wahltaktisch motiviert: Auf diese Weise will die FDP vermeiden, dass sie Stimmen an die SVP verliert.

Das SEM kommunizierte die Änderung nicht an die Öffentlichkeit. Könnte das den Eindruck erwecken, dass es diese verheimlichen wollte?

Das SEM ist sich seit vielen Jahren bewusst, dass es unter Dauerbeobachtung steht. Hätte es eine separate Kommunikation zum Familiennachzug aus Afghanistan gemacht, wäre dies erst recht zum Thema geworden. Auch andere Ämter kommunizieren nicht proaktiv alle Änderungen – diese liessen sich aber nicht so einfach skandalisieren, wie jene des SEM. 

Keine News mehr verpassen

Mit dem täglichen Update bleibst du über deine Lieblingsthemen informiert und verpasst keine News über das aktuelle Weltgeschehen mehr.
Erhalte das Wichtigste kurz und knapp täglich direkt in dein Postfach.

Deine Meinung