Bezirksgericht BülachAsylsuchender (25) muss wegen Geiselnahme 7,5 Jahre ins Gefängnis
Ein Eritreer, der bei der Entführung von sechs Landsfrauen im Sudan mitgeholfen haben soll, musste sich kürzlich vor dem Bezirksgericht Bülach verantworten. Am Dienstag gab das Gericht das Urteil bekannt.
- von
- Stefan Hohler
Darum gehts
- Ein Eritreer soll an der Entführung von sechs Landsfrauen im Sudan mitgeholfen haben.
- Eine der Frauen erkannte ihn am 11. Oktober 2017 vor dem Zürcher Migrationsamt in Oerlikon scheinbar wieder.
- Kürzlich musste er sich vor dem Bezirksgericht Bülach verantworten.
- Er bestritt die Vorwürfe und gab an, die Frau nicht zu kennen.
- Das Bezirksgericht verurteilte den Mann wegen Geiselnahme zu einer Freiheitsstrafe von 7,5 Jahren.
Es war eine dramatische Szene an jenem 11. Oktober 2017 vor dem Zürcher Migrationsamt in Oerlikon, als eine junge Frau ihren angeblichen Peiniger wiedererkannte. Sie war völlig aufgelöst, weinte und schlug auf den damals 22-jährigen Mann ein. Der Mann soll sie im Sudan auf der Flucht nach Europa überfallen, misshandelt und von den Angehörigen Lösegeld erpresst haben. Die Frauen wurden nach mehrwöchiger Gefangenschaft freigelassen, nachdem die Angehörigen ein Lösegeld von je 3000 Dollar bezahlt hatten. Die Opfer wurden von den Entführern geschlagen, misshandelt, vergewaltigt und mit dem Tod bedroht.
Der 22-jährige Eritreer kam im August 2019 in Haft und musste sich Mitte April vor dem Bezirksgericht Bülach verantworten. Der heute 25-jährige Asylsuchende war angeklagt, bei der Entführung von sechs Landsfrauen im April 2015 im Sudan mitgeholfen zu haben. Er soll dabei als Dolmetscher zwischen der arabisch sprechenden Entführerbande und den Angehörigen der Opfer fungiert haben. Nun hat das Bezirksgericht ein Urteil in diesem Fall gefällt. Der Mann muss wegen Geiselnahme 7,5 Jahre ins Gefängnis.
Schlepperkosten mit Lösegeld bezahlt
Der Beschuldigte war noch von einer zweiten Frau belastet worden. Für das Gericht waren die Aussagen der beiden Opfer glaubhaft: «Sie stimmten überein, es gab keine Anzeichen für Absprachen», sagte der Vorsitzende. Auch bezüglich eines Motivs für falsche Anschuldigungen gebe es keine Hinweise, weder Geldvorteil noch Vorteile für das Asylverfahren. Das Gericht geht davon aus, dass der Beschuldigte mit dem Lösegeld die Schlepperkosten von 4000 Dollar von Libyen nach Italien bezahlte.
Für das Gericht wäre die Einsatzstrafe bei elf oder zwölf Jahren gelegen. Dass es aber deutlich darunter geht, hängt mit der Rolle des Beschuldigten zusammen. «Sie hatten die Rolle eines Mitläufers oder eines Kollaborateurs», so der Vorsitzende.
Beschuldigter streitet die Tat ab
Der Asylsuchende hatte die Tat immer abgestritten. Er habe sich zu diesem Zeitpunkt in der sudanesischen Hauptstadt Khartum befunden. Der Verteidiger hatte an der Verhandlung einen Freispruch verlangt, zudem soll sein Mandant aus der Sicherheitshaft entlassen werden. Der Staatsanwalt hatte wegen qualifizierter Geiselnahme eine Freiheitsstrafe von 14 Jahren gefordert.