«Krieg gegen Weihnachten»Atheisten verbannen Jesuskind aus Park
Amerikas Atheisten stehen ihren superreligiösen Widersachern in nichts nach: In Santa Monica haben sie erreicht, dass erstmals seit 60 Jahren keine Krippe mehr ausgestellt werden darf.
- von
- Martin Suter
In Amerikas jährlich neu ausbrechendem «Krieg gegen Weihnachten» ist in Kalifornien eine frühe Schlacht geschlagen worden. Am Montag hat eine Bundesrichterin im Bezirk Los Angeles mit einem vorläufigen Urteil das «Santa» aus dem öffentlichen Raum von Santa Monica verbannt: Anders als jedes Jahr seit 1953 dürfen christliche Gruppen heuer ihre mannshohen Krippenskulpturen nicht mehr im Palisades Park beim Strand ausstellen.
Die Richterin Audrey Collins segnete mit ihrem Spruch ein Verbot von Santa Monicas Regierung ab. Die Stadtoberen hatten genug von den aufwändigen Querelen, die seit drei Jahren um die Krippenbild-Tradition toben. Um Ruhe zu haben, verboten sie im Juni kurzerhand sämtliche festen religiösen Darstellungen in dem öffentlichen Park.
«Pontius Pilatus war genau so ein Statthalter»
«Die Atheisten haben gewonnen», klagte nach dem Richterspruch William Becker, ein Anwalt des «Komitees für die Krippenszenen von Santa Monica». Vor Fernsehkameras rügte er das Urteil als Ausdruck einer «Erosion des Verfassungsrechts auf freie religiöse Rede». Über Weihnachten sei Schande gekommen: «Pontius Pilatus war genau so ein Statthalter.»
Befürworter der Trennung von Religion und Staat bejubelten die Entscheidung: «Religion ist an sich entzweiend und gehört einfach nicht in einen öffentlichen Park», sagte Anne Laurie Gaylor zur «Los Angeles Times». Die Co-Präsidentin der «Stiftung für Freiheit von Religion» fragte: «Es gibt an jeder Ecke steuerbefreite Kirchen - reicht das nicht?»
Das Urteil beendet eine Tradition, die Santa Monica einst den Titel «Stadt der Weihnachtsgeschichte» verlieh. Fast sechs Jahrzehnte lang errichteten die Krippenfreunde jeweils Anfang Dezember im Palisades Park 14 zwei Meter hohe Schaukästen, in denen die Geschichte der Geburt Jesu mit Skulpturen erzählt wird. Die sogenannten Dioramen enthielten mannshohe Figuren von Maria, Josef, den anderen biblischen Charakteren und natürlich vom «Baby Jesus» in der Krippe.
Atheisten gewannen Mehrzahl der Ausstellungsplätze
Dem bekennenden Atheisten Damon Vix war die religiöse Schau seit langem ein Dorn im Auge. Vor drei Jahren bewarb er sich bei der Stadt darum, auch seinen Nichtglauben präsentieren zu dürfen. Er erhielt die Erlaubnis dazu und stellte ein grosses Schild auf. Geschrieben stand darauf: «Reason's Greetings» - Grüsse der Vernunft -, ein Wortspiel auf den Weihnachtsgruss «Season's Greetings».
Vergangenes Jahr legte Vix nach und bewog Dutzende Nichtglaubensgenossen, sich auch um Ausstellungsplätze zu bewerben. Santa Monica war gezwungen, die in dem Park verfügbaren Plätze zu verlosen. Ergebnis: Von 21 Plätzen gingen ausser dreien alle an Atheisten. Vix und seine Co-Atheisten stellten schmucklose Schilder auf, zum Teil mit religionsneutralen Sprüchen früherer US-Präsidenten, zum Teil mit satirischen Botschaften.
Dass die christlichen Darstellungen auf zwei Dioramen zusammenschrumpften, ärgerte breite Teile der Bevölkerung. Als aufgebrachte Vandalen viele der atheistischen Exponate besudelten, lief bei der Stadtverwaltung das Fass über. Letzten Juni verbannten sie sämtliche religiösen Schaustücke aus dem Park - eine Order, die nun von der Richterin gestützt wurde.
Wenig Chancen bei Berufung
Der Urheber der Kontroverse ist mit dem Resultat zufrieden. Ein Verbot sei besser als konkurrierende religiöse und atheistische Darstellungen auf öffentlichem Raum, sagte er zur «New York Times». Es sei «immer übel», wenn sich Religion im Staat breitmache.
Die Befürworter der Krippenschau überlegen sich, ob sie gegen das Urteil Berufung einlegen wollen. Rechtsexperten geben ihnen allerdings wenig Chancen. Richterin Collins habe im Einklang mit anderen Entscheidungen geurteilt, sagte zum Beispiel Charles Haynes, ein Experte für Religionsrecht, zur «Los Angeles Times». In solchen Fällen gelte alles oder nichts, erklärte Haynes. «Wenn der Staat ein begrenztes Forum schafft, kann er nicht nach Weltanschauungen diskriminieren.»