Antirassismus-Artikel: Auch Diskriminierung von Schweizern bestrafen?

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Antirassismus-ArtikelAuch Diskriminierung von Schweizern bestrafen?

Ein Türke wollte seine Wohnung nicht an Schweizer vermieten. Lukas Reimann (SVP) will solche Diskriminierungen jetzt explizit unter Strafe stellen.

Florian Meier
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Florian Meier
Der SVP-Nationalrat Lukas Reimann will, dass auch die Diskriminierung von Schweizern explizit im Antidiskriminierungs-Artikel des Strafgesetzbuches verboten wird.

Der SVP-Nationalrat Lukas Reimann will, dass auch die Diskriminierung von Schweizern explizit im Antidiskriminierungs-Artikel des Strafgesetzbuches verboten wird.

«3,5-Zimmer-Wohnung, ab sofort, günstig, keine CH». Dieses Inserat eines Türken erschien 2013 im «Rheintaler Boten». Daraufhin erstatteten zwei Personen Anzeige wegen Verdachts auf Rassendiskriminierung – und blitzten bei der Justiz ab. Kürzlich hat auch das Bundesgericht die Beschwerde abgewiesen. SVP-Nationalrat Lukas Reimann zeigt sich im «St. Galler Tagblatt» «entsetzt» über dieses Vorgehen. Er fordert nun eine Überarbeitung des Antidiskriminierungs-Artikels, den er wiederholt kritisiert hat.

Die vieldiskutierte Norm verbietet heute explizit die Diskriminierung aufgrund der Rasse, Ethnie oder der Religion. Kürzlich befürwortete der Nationalrat zwei Vorstösse, die verlangen, auch die Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung explizit gesetzlich zu verbieten. «Wenn einzelne Personengruppen erwähnt werden, soll man auch die Schweizer in den Artikel schreiben», fordert Reimann als Reaktion auf das St. Galler Inserat.

Reimann will jetzt einen entsprechenden Vorstoss ausarbeiten. Wie er diesen genau formulieren will, weiss er noch nicht. «Ich könnte mir aber gut vorstellen, die Schweizer explizit im Artikel zu erwähnen.» So könnten sich auch Schweizer besser gegen Diskriminierung wehren.

Umsetzung wäre wohl schwierig

Rechtsanwalt David Gibor findet diesen Vorschlag problematisch. «Ein rechtsstaatliches System wie unseres muss darauf ausgerichtet sein, alle Menschen und Gruppen anhand definierter Kriterien gleich zu behandeln.» Würde man nun die Schweizer explizit wegen ihrer Nationalität im Strafgesetz vor Diskriminierung schützen, während man alle anderen Nationalitäten unerwähnt liesse, verletzte man diesen Grundsatz. «Zudem würde man damit eine Art strafrechtlichen Naturschutzpark für Schweizer anlegen.» Wollte man dies verhindern, müsste man neben den Schweizern auch alle anderen Nationen der Welt in das Gesetz aufnehmen, etwa auch den Vatikanstaat.

Doch was wäre, wenn man einfach die Diskriminierung aufgrund der Nationalität in den Strafartikel aufnehmen würde? Auch das sei eine eher fragwürdige Idee, wie Gibor erklärt. «Während unser Gesetzgeber mit der Rasse, Ethnie und Religion Merkmale schützen wollte, welche den Menschen im unentrinnbaren Kern seiner Persönlichkeit treffen, ginge es beim Kriterium der nationalen Zugehörigkeit bloss um den Schutz einer Gruppe aufgrund ihrer gesetzlich erworbenen Bürgerrechte.» Der historische Gesetzgeber sei offenkundig nicht der Meinung gewesen, dass der gemeinsame politische Wille einer Gruppe strafrechtlich zu schützen sei, so Gibor.

«Man müsste unendlich viele Eigenschaften aufzählen»

Diese Probleme sieht auch Reimann. «Kann man den Artikel schon nicht abschaffen, müssen wir ihn aber wenigstens anpassen.» Er würde ihn am liebsten ganz umformulieren und verallgemeinern, so, dass er ganz ohne Aufzählungen auskommt. «Dann müsste man aber auch die Eigenschaften Rasse, Ethnie und Religion streichen, und das wäre sicher nicht mehrheitsfähig.»

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