Teilzeit-Männer erzählen«Auf dem Spielplatz sah man mich schräg an»
Dank Stellenbörse und Kampagne soll die Zahl der Teilzeit arbeitenden Männer auf 20 Prozent steigen. Drei Männer, die diesen Schritt bereits gemacht haben, berichten über Vor- und Nachteile.
- von
- J. Pfister

Männer mit ihren Kindern auf dem Spielplatz - noch nicht überall ist dieser Anblick normal.
Vor rund zwei Jahren hat Beat Lüthi zusammen mit seiner Frau den Entscheid gefasst, Teilzeit-Mann zu werden. «Hauptgrund waren unsere beiden Mädchen, die ich wegen meines 100-Prozent-Jobs einfach viel zu wenig gesehen habe.» Drei Tage die Woche kümmerte sich seine Frau um die damals drei und fünf Jahre alten Kinder, die anderen zwei Tage waren sie in der Krippe oder im Hort. «Für uns beide war klar, dass wir die Erziehungsarbeit besser aufteilen wollten», sagt der 41-Jährige.
Vor dem Gang zu seinem Chef hatte der Maschineningenieur, der ETH arbeitet, kein Knieschlottern. «Ich wusste, dass er gegenüber Teilzeit-Arbeit offen eingestellt ist.» Der Antrag für eine Reduktion auf 80 Prozent sei dann auch anstandslos gutgeheissen worden. Weniger verständnisvoll als sein Vorgesetzter zeigten sich Lüthis internationale Forscherkollegen. «Ob mit Kindern oder nicht - ein Teilzeitjob in diesem Beruf ist für sie völlig absurd.»
Lüthi glaubt dennoch nicht, dass seine Karriere unter dem «Papi-Tag» gelitten hat. Zu sagen, dass er durch den Austausch mit den Kindern ein besserer Mitarbeiter geworden wäre, hält er allerdings für übertrieben. «Man darf die Teilzeit-Arbeit nicht romantisieren», so der 41-Jährige. Ein Gewinn sei die zusätzliche Zeit vor allem für die Kinder, die oft gar kein grosses Programm wie Zoo-Besuche oder Ähnliches verlangen würden, sondern es einfach geniessen, wenn sie mit dem Papi zu Hause spielen können.
«Wenn Kinder umfielen, wollten sie zu Mami»
Im Gegensatz zu Lüthi ist Jürg Wiler überzeugt, dass er von seinem Engagement als Teilzeit-Vater im Job profitieren konnte. «Ich habe meine Kompetenzen erweitert, bin flexibler als früher und weiss, was gute Organisation bedeutet», sagt Wiler, der als Journalist neun Jahre lang die Kinderbetreuung 50 zu 50 mit seiner Partnerin teilte. Selbst ein ehemaliger Chef habe ihm nach anfänglicher Zurückhaltung ins Arbeitszeugnis geschrieben: «Trotz Teilzeitanstellung die volle Leistung erbracht.»
Mehr Probleme als die Karriere, die für den heute 50-Jährigen sowieso nie im Vordergrund stand, bereitete Wiler aber anfangs die Beziehung zu den Kindern. «Ich habe ziemlich spontan auf den Wunsch meiner Partnerin nach einer geteilten Betreuung Ja gesagt, aber erst nachher realisiert, was dies eigentlich bedeutet.» So habe es über ein Jahr gedauert, bis er von seinen Kindern - die Tochter ist heute 15 und der Sohn 12 Jahre alt - überhaupt als vollwertige Betreuungsperson akzeptiert wurde. «Wenn zum Beispiel eines der beiden Kinder umfiel oder sonst ein Problem hatte, rief es zuerst immer nach dem Mami. Das war für mich nicht einfach.»
«Im Alltag oft alleine»
Als schwierig erlebte Wiler auch den Alltag als Teilzeit-Papi an seinem ehemaligen Wohnort am rechten Zürichseeufer. «Hier lebten damals nicht viele Hausmänner, und so fühlte ich mich im Alltag oft alleine.» Auf dem Spielplatz sei er als einziger Mann von den Frauen schräg angeschaut worden. Die Situation änderte sich, als die Familie ins urbanere Uster zog, wo sie heute immer noch lebt. «Hier gibt es viele Väter mit Teilzeitpensen in meiner Situation, mit denen ich zusammenspannen kann.»
Trotz einiger Hürden: Wiler, der heute nur noch einen Tag zu Hause bei den Kindern im Teenager-Alter verbringt, hat seine Entscheidung keinen Moment bereut. «Das Zusammensein mit meinen Kindern hat mir nicht nur mehr Erfahrungen gebracht, sondern auch eine bessere Lebensqualität.»
«Meine Frau hat sofort etwas gefunden»
Doch nicht alle Männer können sich diesen Wunsch nach einer besseren Lebensqualität erfüllen. Der 28-jährige Metzger Dominik Neuhaus hätte nur zu gerne Teilzeit gearbeitet, um sich daneben noch um seine dreieinhalb Jahre alte Tochter zu kümmern. Nach einem Burnout war der junge Vater für knapp ein Jahr Vollzeit-Hausmann. Dafür ging seine Frau wieder arbeiten. «Ich und meine Tochter haben das super gemeistert und für mich war schnell klar, dass ich mich künftig mehr an der Erziehung beteiligen wollte.»
Daraus wurde aber nichts. Neuhaus konnte trotz intensiver Suche - rund 40 Bewerbungen in drei Monaten - nichts finden. «Es ist schon erstaunlich: Meine Frau arbeitet in der gleichen Branche und hat sofort wieder eine Teilzeit-Anstellung gefunden», sagt der 28-Jährige, der im Kanton Freiburg wohnt. Beim Arbeitsamt habe man ihm empfohlen, seine Pläne mit der Teilzeit-Arbeit zu überdenken - sie erschwere ihm die Jobsuche, hiess es.
Und prompt: Bei der ersten 100-Prozent-Stelle, auf die sich Neuhaus beworben hatte, konnte er sich vorstellen. «Da meine Mutter nun noch auf die Kleine aufpassen kann, habe ich mich schweren Herzens für diesen Schritt entschieden», sagt Neuhaus. Seinen Wunsch, die Tochter mehr zu betreuen, hat er aber noch nicht aufgegeben. «Ich hoffe, die Gesellschaft ist bald so weit, dass auch Männer, die Teilzeit arbeiten, weitgehend akzeptiert sind.»

Beat Lüthi ist 41 Jahre alt und wohnt zusammen mit seiner Frau und zwei Mädchen im Alter von fünf und sechs Jahren in Zürich. Er arbeitet mittlerweile nur noch 20 Prozent an der ETH als Oberassistent und 60 Prozent in seiner eigenen Firma Photrack, die Strömungen misst.

Jürg Wiler ist 50 Jahre alt und lebt zusammen mit seiner Partnerin und einer Tochter (15) und einem Sohn (12) in Uster. Er arbeitet zur Zeit 80 Prozent als Koordinator des Projekts «Der Teilzeitmann». Zuvor war er 50-80 Prozent beim Schweizerischen Arbeitgeberverband und als Journalist beim «Tagesanzeiger» und beim «Landboten» tätig.
Dominik Neuhaus ist 28 Jahre alt und wohnt mit seiner Frau und der dreieinhalbjährigen Tochter in Vesin im Kanton Freiburg. Der gelernte Metzger suchte nach einem Jahr als Vollzeit-Hausmann eine 50-Prozent-Anstellung - ohne Erfolg. Nun wird er wohl wieder zu 100 Prozent arbeiten.