Libyen-AffäreAuflösung der Schweiz ist nicht ernst zu nehmen
Die Abschaffung der Schweiz will Libyen von der Uno fordern. Noch sind keine Details der Eingabe bekannt, aber schon jetzt ist klar: Libyens Anliegen ist nicht ernst zu nehmen.
- von
- Lukas Mäder
Es ist ein offensichtlicher Affront: Libyen stellt einen Antrag an die Uno, die Schweiz aufzuteilen. Die Uno-Generalversammlung, die am 15. September beginnt, soll dieses Traktandum diskutieren. Gaddafi möchte das Land entlang der Sprachgrenzen teilen und diese Regionen an die Nachbarländer anschliessen (20 Minuten Online berichtete). Doch der abstruse Vorschlag ist chancenlos. Das sei ein Sturm im Wasserglas, sagt Walter Kälin, Uno-Experte und Professor an der Universität Bern. «Ich kann diesen Antrag nicht ernst nehmen.»
Mehrheit der Mitglieder müsste zustimmen
Eine genaue Einschätzung kann Kälin aber noch nicht vornehmen, da noch unklar ist, um welche Art von Vorstoss es sich handelt. Es könnte sich um einen Resolutionsentwurf, einen Antrag auf Ergänzung der Tranktandenliste oder nur um ein Statement in der Eröffnungsrede handeln. Beim zuständigen Uno-Gremium, dem General Committee, sei bisher kein Antrag eingegangen, der die Schweiz betreffe, teilt das Aussendepartement gegenüber 20 Minuten Online mit. Gemäss den Informationen der Sendung «10vor10» scheint es sich um den Antrag zur Aufnahme des entsprechenden Traktandums zu handeln. «Für die Aufnahme eines Punktes in die Traktandenliste müssen nach Verfahrensordnung die Mehrheit aller Uno-Mitgliedstaaten zustimmen», sagt Kälin.
Inhaltlich sieht der Uno-Experte Kälin ebenfalls ein Problem. «Das Begehren, einen Mitgliedsstaat aufzulösen, widerspricht der Uno-Charta», sagt er. Dort sei die souveräne Gleichheit aller Mitglieder festgeschrieben. Die Auflösung liegt laut Kälin nicht in der Kompetenz der Generalversammlung. Doch wirklich erstaunt ist der Professor nicht — eher belustigt. Denn absurde Forderungen würden öfter an die Uno herangetragen, sagt er: «Aber wirklich behandelt nicht.»
Weitere Provokationen möglich
Dieser Umstand wird auch der Schweiz zugute kommen. Der Antrag Libyens ist wohl auch in erster Linie als gezielte Provokation im Umfeld der aktuellen Affäre zu sehen. Doch auch wenn das Abschaffungstraktandum nicht durchkommt: Gelegenheit für weitere Seitenhiebe gegen die Schweiz hat Libyen, das ein Jahr lang den Vorsitz der Generalversammlung innehat, trotzdem — beispielsweise am 15. September. Dann hält ein libyscher Vertreter die Eröffnungsrede, möglicherweise Gaddafi persönlich.