Uganda: Auge in Auge mit dem Silberrücken

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UgandaAuge in Auge mit dem Silberrücken

Gorilla-Trackings sind kein Spaziergang. Doch die Strapazen werden mit unvergesslichen Momenten belohnt.

von
Marlies Seifert

Ein letzter, kräftiger Hieb mit der Machete. Die Aufregung ist spürbar. Vorsichtig schiebt Rangerin Peace das überhängende Gestrüpp zur Seite, es knackt im Unterholz – und da liegt er in voller Pracht: Bweza. Mit gespitzten Lippen zupft der 200-Kilo-Koloss Blättchen um Blättchen von einem dünnen Zweig und fixiert uns dabei mit seinen leuchtend rotbraunen Augen. Das Herzklopfen weicht einem Kloss im Hals. Wir haben es zu den Berggorillas geschafft. Ein erhebendes Gefühl. Nur 880 Exemplare leben noch im Dreiländereck zwischen der Demokratischen Republik Kongo, Ruanda und Uganda, rund die Hälfte davon hier im Bwindi-Nationalpark.

Nebelschwaden hängen in den Baumkronen des Bwindi Impenetrable Nationalparks in Uganda.

Nebelschwaden hängen in den Baumkronen des Bwindi Impenetrable Nationalparks in Uganda.

M. Seifert
Er ist Heimat der letzten Berggorillas.

Er ist Heimat der letzten Berggorillas.

M. Seifert
Silberrücken Bweza lebt mit seiner Gruppe im südlichen Rushga-Teil des Nationalparks.

Silberrücken Bweza lebt mit seiner Gruppe im südlichen Rushga-Teil des Nationalparks.

M. Seifert

Seinen Beinamen «impenetrable» – undurchdringlich – trägt das Gebiet nicht umsonst. Dicke Nebelschwaden hängen wie Watte in den Baumkronen, als wir den schmalen Pfad verlassen. Fortan kämpfen wir uns durch ein Dickicht aus meterhohen Farnen, Bambus und Dornbüschen, waten durch knöcheltiefen Matsch und hangeln uns an Lianen den Berg hinauf. «Das Tracking kann 15 Minuten oder einen ganzen Tag dauern», hatte uns Peace vorgewarnt, denn: «Gorillas halten sich nicht an Verabredungen», wie sie sagt.

Tourismus nützt dem Naturschutz

Besuche bei den sanften Riesen sind streng limitiert. Maximal acht Personen pro Familie sind täglich zugelassen. 600 Dollar kostet die notwendige Bewilligung. Neben dem Naturschutz kommt das Geld auch direkt der lokalen Bevölkerung zugute, was wiederum der Wilderei Einhalt gebietet. «Die Leute haben gemerkt, dass ein lebender Gorilla mehr wert ist als ein toter», sagt Peace. Auch die Träger, die uns an diesem Tag behilflich sind, sind Bauern aus den benachbarten Dörfern. Vom Nationalpark aus sieht man ihren Arbeitsplatz. Die einstigen Regenwälder auf den umliegenden Hügeln sind längst abrasiert, Stattdessen schrauben sich Felder an den Hängen hoch. Die wachsende Bevölkerung Ugandas braucht Platz. Und Nahrung.

Hier im Unesco-Weltnaturerbe zwitschern derweil die Vögel ihr Morgenkonzert. Bereits bei Tagesanbruch brachen Fährtenleser auf, um die fünf an Menschen gewöhnten Gruppen (siehe Box) im südlich gelegenen Rushaga-Teil des Bwindi aufzuspüren. Sie suchen im Gebirgswald nach Nestern, Kot, abgebrochenen Ästen und geben via Walkie-Talkie ihre Position durch. Nach gut einer Stunde haben wir sie eingeholt. «Eure Zeit läuft», sagt Peace. Die Kameras klicken. Zwei Halbstarke tollen in den Baumwipfeln umher, ein Baby macht erste ungelenke Kletterversuche. Mama schaut friedlich kauend zu. «20 Kilogramm Futter verdrückt ein ausgewachsener Gorilla am Tag», sagt Peace. Die Nahrung besteht hauptsächlich aus Blättern, Früchten und wilden Gurken. Doch: «Auch verschiedene Heilpflanzen wissen sie einzusetzen.»

Krankheiten vermeiden

98,4 Prozent unserer DNA teilen wir mit den Menschenaffen. Um die Übertragung von Krankheitserregern zu vermeiden, müssen wir einen Abstand von mindestens sieben Metern zu unseren nahen Verwandten einhalten. Besonders Jungtiere halten sich daran jedoch nicht immer. «Kommt euch ein Affe nahe, imitiert seit Verhalten. Zupft Blätter von den Ästen, knurrt und senkt immer wieder den Blick», instruiert uns Peace.

Nach exakt 60 Minuten endet unsere Audienz. Bweza knurrt gutmütig und wirft uns einen letzten Blick zu. Dann entschwindet der Silberrücken wieder in die Tiefen des Regenwalds. Die Show ist vorbei. Das Publikum macht sich mit strahlenden Gesichtern auf den Rückweg, der jetzt gar nicht mehr so anstrengend scheint.

Gorilla Habituation Experience Bevor Trekkings zu den Gorillas möglich sind, müssen die Tiere an Menschen gewöhnt werden. Während zwei bis drei Jahren bauen Verhaltensforscher, Ranger und Fährtenleser eine Beziehung den Primaten auf. Sind die Wildtiere einmal an die Anwesenheit von Menschen gewöhnt, können sie auch tierärztlich versorgt werden. Im Rushaga-Teil des Bwindi Impenetrable Nationalpark werden derzeit zwei Berggorillagruppen habituiert. Im Rahmen der Gorilla Habituation Experience kann man den Parkarbeitern über die Schulter schauen und statt einer Stunde ganze vier Stunden mit Menschenaffen verbringen. Das Erlebnis ist nur in Uganda möglich und kostet 1500 US-Dollar. Bwindiforestnationalpark.com

Gorilla Habituation Experience Bevor Trekkings zu den Gorillas möglich sind, müssen die Tiere an Menschen gewöhnt werden. Während zwei bis drei Jahren bauen Verhaltensforscher, Ranger und Fährtenleser eine Beziehung den Primaten auf. Sind die Wildtiere einmal an die Anwesenheit von Menschen gewöhnt, können sie auch tierärztlich versorgt werden. Im Rushaga-Teil des Bwindi Impenetrable Nationalpark werden derzeit zwei Berggorillagruppen habituiert. Im Rahmen der Gorilla Habituation Experience kann man den Parkarbeitern über die Schulter schauen und statt einer Stunde ganze vier Stunden mit Menschenaffen verbringen. Das Erlebnis ist nur in Uganda möglich und kostet 1500 US-Dollar. Bwindiforestnationalpark.com

Infos

Entebbe ist ab Zürich zum Beispiel mit Ethiopian Airlines via Addis Abeba erreichbar. Rund um den Bwindi-Nationalpark gibt es diverse Unterkünfte. Die Chameleon Hill Lodge bei Kisoro thront über dem Lake Mutanda und erinnert mit ihrem farbenfrohen Design an ein Hunderwasserhaus.

Die Reise fand auf Einladung des Tourismusbüro Uganda statt. Infos: Visituganda.com

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