Fahrerflucht-Debatte«Autofahrer sind die Milchkühe der Gesellschaft»
Das Thema Fahrerflucht spaltet unsere Leserschaft. Das eine Lager fordert härtere Strafen, das andere mehr Augenmass bei der Ahndung von Verkehrsdelikten.
- von
- mec

Verlassener Kleinlieferwagen in einer Baugrube in Allschwil. Ohne sich um den Schaden zu kümmern, entfernte sich der fehlbare Lenker von der Unfallstelle.
Der Artikel «Angst vor härteren Strafen führt zu mehr Fahrerflucht» hat eine Flut von Kommentaren nach sich gezogen. Die Tatsache, dass sich Verursacher von der Unfallstelle davonstehlen, versetzt die einen in Rage, während andere durchaus Verständnis aufbringen.
Einig ist man sich nur in einem Punkt. Wenn Personen verletzt wurden, darf man sich nicht der Verantwortung entziehen. Anders sieht es aus bei Selbstunfällen. Leser «Erich H.»: «Der Dreher auf der vereisten Autobahnausfahrt hat mich einen Monat, das Billett, 1600 Franken Busse und die teure Reparatur gekostet.» Eigentlich wäre es lediglich ein Blechschaden gewesen, aber «zum Glück hat irgendein besorgter Automobilist die Polizei gerufen», fügt er ironisch an. Falls ihm so etwas wieder passieren würde, bliebe er nicht mehr stehen, schreibt er weiter.
Härtere Strafen
20-Minuten-Leser «Luxus Licht» hat dafür gar kein Verständnis: «Für Fahrerflüchtige braucht es ganz klar härtere Strafen.» Und er ist nicht der Einzige, der vom Gesetz mehr Härte fordert. Von «Kuscheljustiz» ist die Rede, verbunden mit dem Ruf nach drakonischen Strafen. Leser «Ch.I.» setzt das Ganze ins Verhältnis: «Wir haben in der Schweiz das härteste Strassenverkehrsgesetz und dafür das lascheste Strafgesetz.»
Dieser Umstand erzürnt manchen Automobilisten, wie zum Beispiel Leser «Dwayne»: «Einbrecher oder Diebe kommen mit einer bedingten Strafe und lächerlichen 400 Franken Busse davon. Wer einen Unfall verursacht, muss 1600 Franken Busse bezahlen, den Polizeieinsatz, die Pannenhilfe und den Selbstbehalt der Versicherung.» Leser «Alex» bestätigt die Wahrnehmung: «Als Autofahrer ist man ein gefährliches Monster, ein Teufel – und die Milchkuh der Gesellschaft.»
Es wird noch viel schlimmer
Der Vergleich mit Jugendstraftäter Carlos wird öfter herbeigezogen. Gewalttäter seien Opfer, Verkehrssünder seien Schwerverbrecher. In seinem Kommentar vermisst «Martin» bei der Strassenverkehrs-Gesetzgebung das Augenmass: «Drakonische Strafen haben sich noch nie bewährt.» Leser «Till Rückspiegel» erkennt das Dilemma und fragt: «Und was nun? Die Strafen senken, damit kein armes ‹Justizopfer› mehr fliehen muss?»
«Kritix» malt ganz schwarz: «Steigende Fahrerfluchtvorfälle sind eine ganz schlimme Entwicklung. Die permanente Angst vor Repression, sozialem und finanziellem Ruin durch unverhältnismässige Bestrafung und der damit verbundene Stress führen wohl bei charakterschwachen Personen zu solch gleichgültigem Verhalten.» Und weiter: «Die Aggression, wie wir sie zurzeit erleben, gab es vor zehn Jahren noch nicht. Und es wird noch viel schlimmer.»