Vollgeld-DebatteBanken schöpfen 329 Milliarden aus dem Nichts
Die Vollgeld-Initiative verlangt, dass nur noch die SNB Geld schöpfen kann. Wie viel Geld wird überhaupt von Geschäftsbanken geschaffen?
- von
- K. Wolfensberger
Vollgeld-Mediensprecher Reinhold Harringer im Gespräch mit der Agentur SDA (Video: SDA).
Private Banken sollen kein Geld mehr schöpfen: Das ist die Kernforderung der Vollgeld-Initiative. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) wäre dann nicht nur für die Schaffung von Bargeld, sondern auch für die elektronische Geldschöpfung allein zuständig. Das von den Banken in der Form von Kreditvergaben bisher geschaffene Buchgeld würde in elektronisches Geld der Nationalbank verwandelt. Die Vorteile aus Sicht der Initianten: Weniger Bankenkrisen und mehr Stabilität für das Finanzsystem sowie eine Entschuldung der Gesellschaft.
Doch wie viel Geld schöpfen die Banken heutzutage tatsächlich selbst? Dieser Frage beantworteten die Initianten am Dienstag an einer Pressekonferenz in Zürich. Sie bezogen sich auf Daten der SNB von 2014, die zeigen: Insgesamt betrug das elektronische Geld der Geschäftsbanken knapp 329 Milliarden Franken.
Anteil der Grossbanken liegt bei knapp 50 Prozent
Dabei wurde ein Anteil von 48 Prozent von den beiden Grossbanken Credit Suisse und UBS geschaffen, knapp 159 Milliarden Franken. Es folgen die Kantonalbanken (86 Milliarden oder 26 Prozent) sowie die Raiffeisenbanken (gut 17 Milliarden oder circa fünf Prozent). Die restlichen Milliarden entfallen auf andere Banken.
Weiter äusserten sich die Initianten an der Pressekonferenz zum Verhältnis des geschöpften Geldes der Banken gegenüber den Einlagen der Kunden. Bei den Raiffeisenbanken, deren Anteil an der Schöpfung elektronischen Gelds relativ tief ist, sei die Deckung umgekehrt entsprechend gross. Sie betrage ungefähr 90 Prozent. Bei den Kantonalbanken liege der Anteil bei 78 Prozent, bei den Grossbanken sogar nur bei 57 Prozent.
Der pensionierte UBS-Banker und Unterstützer der Initiative Hans Zuberbühler erklärte an der Pressekonferenz: «Für die Raiffeisenbanken beispielsweise würde sich durch eine Umstellung auf Vollgeld kaum etwas ändern.» Die angelegten Spargelder würden schon fast dem Volumen der ausstehenden Kredite entsprechen. Allgemein gelte: Kleine und mittlere Banken würden von Vollgeld profitieren. Die Grossbanken umgekehrt müssten sich stärker um eine Vorfinanzierung von Investitionen bemühen.
Raiffeisen selbst nicht einverstanden
Auf Anfrage von 20 Minuten kritisiert Raiffeisen Schweiz allerdings die Berechnungen. So betrage der Anteil der Raiffeisenbanken an den gesamten Sichteinlagen der Banken inzwischen nicht mehr 5, sondern über 12 Prozent. Oder in absoluten Zahlen: Anstatt auf gut 17 Milliarden beliefen sich die Sichteinlagen inzwischen auf etwa 50 Milliarden Franken.
Die Bank sieht sich selbst im Fall einer Annahme der Initiative auch nicht als Profiteurin. Ein Sprecher sagt zu 20 Minuten, dass eine Systemumstellung auf Vollgeld erhebliche Veränderungen bedeuten würde. Es sei kaum absehbar, wie sich die Struktur der Sichteinlagen nach einer Annahme der Initiative verändern würde und was dies für die Refinanzierung des Kreditgeschäfts bedeuten würde.
Kritik von der Bankiervereinigung
Die Grossbanken UBS und Credit Suisse verweisen für eine Stellungnahme auf die Schweizerische Bankiervereinigung. Der Verband kritisiert die Initiative ebenfalls: «Unser Geldsystem beruht nicht auf der Aufgabe, Geld zu schaffen, sondern einerseits Spareinlagen entgegenzunehmen und andererseits die Wirtschaft und Privatpersonen mit Krediten zu versorgen.»
Gerade in der Schweiz funktioniere das ausgezeichnet, so der Verband. Ein Experiment wie das Vollgeld würde dieses System unabschätzbaren Risiken aussetzen. Aus diesem Grund würden auch Bundesrat, Nationalbank und die gesamte Wirtschaft die Vollgeld-Initiative ablehnen.