BaselDrei Wochen vor dem Mord entging «Tyson» knapp einer Festnahme
Gewaltdelikte ziehen sich wie ein roter Faden durch die Jugend des Mannes, der auf dem Basler Lysbüchel-Areal am 15. August 2021 einen jungen Mann ermordet haben soll.
Darum gehts
Am 15. August wurde auf dem Basler Lysbüchel-Areal ein 28-jähriger Mann Opfer eines Tötungsdelikts.
Gegen den mutmasslichen Täter, einen 23-jährigen Kroaten, wurde Anklage wegen Mordes erhoben.
Der Beschuldigte wurde bereits mehrfach wegen teils schwerer Gewaltdelikte verurteilt. Er war kaum ein halbes Jahr auf freiem Fuss, als es zur Tat in Basel kam.
Am 15. August wurde auf dem Basler Lysbüchel-Areal ein 28-jähriger Mann aus nichtigem Anlass und völlig zufällig getötet. Der Verstorbene hatte keinen Bezug zu seinem Mörder, einem 23-jährigen Kroaten aus Zürich. Dieser wurde von der Basler Staatsanwaltschaft nun wegen Mordes angeklagt.
Die Tat geschah aus heiterem Himmel. Der Beschuldigte war mit drei Kollegen unterwegs und wollte von einer Party beim benachbarten Lido in die Innenstadt zurückkehren. Einer aus der Gruppe soll das spätere Opfer, das an einem Nachtflohmarkt auf dem Areal teilgenommen hatte, nach dem Weg gefragt haben. Aus unklaren Gründen verpasste ihm der Mann aus der Gruppe eine Ohrfeige.
Dennoch habe sich das Opfer weiter «rein deeskalierend und friedlich» verhalten, als der Beschuldigte mit dem Klappmesser auf ihn losstürmte. Einen weiteren Unbeteiligten räumte er mit einem «Front-Kick» aus dem Weg. Der Beschuldigte muss mit äusserster Brutalität vorgegangen sein. Infolge der Stichverletzungen verlor das Opfer 2,7 Liter Blut, sein Tod konnte trotz Reanimationsversuchen nicht abgewendet werden.
Kampfsport und Jugendstrafen
Die Anklageschrift, die 20 Minuten vorliegt, offenbart ein langes Sündenregister des mutmasslichen Mörders. Dieser betrieb schon seit frühester Kindheit Kampfsport und träumte gar von einer Karriere als professioneller Boxer. Als Jugendlicher trat er unter dem selbst gewählten Spitznamen «Tyson» in Erscheinung, in Anlehnung an sein Idol Mike Tyson.
Nach der obligatorischen Schulzeit wurde er im Ausgang bereits wiederholt mit Gewaltdelikten auffällig. Er sei bekannt gewesen für seine «kurze Zündschnur» und «ausgesprochen brutale Vorgehensweise», hält die Staatsanwaltschaft fest. Eine geregelte Tagesstruktur hatte er nicht. Nach wiederholten Vorfällen wurde er am 24. März 2017 erstmals wegen Angriffs und einfacher Körperverletzung zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwei Monaten verurteilt. Das war nur zwei Monate vor seinem 18. Geburtstag.
Im Mai 2019 folgte die nächste Verurteilung. Diesmal bereits wegen versuchter vorsätzlicher Tötung und weiterer Delikte. Die Freiheitsstrafe von knapp 18 Monaten wurde aber zugunsten einer offenen Unterbringung und ambulanten Behandlung im Massnahmenzentrum Uitikon aufgeschoben. Bis zu seiner Entlassung im März 2021 absolvierte er dort eine Malerlehre.
Nach der Entlassung direkt in alte Muster
Nach der Entlassung sei er «nach kürzester Zeit wieder in alte Verhaltensmuster gefallen», heisst es in der Anklageschrift. Er konsumierte exzessiv Alkohol und Kokain. Daneben betrieb er intensives Krafttraining und verabreichte sich anabole Steroide. Ausserdem habe er in dieser Zeit eine Affinität zu Messern entwickelt.
Am 3. Juli dann kam es im Hinterhof einer Bar in der Dienerstrasse zur nächsten schweren Gewalttat. Der 1,91 Meter grosse und über 100 Kilogramm schwere Kampfsportler attackierte ein wiederum völlig zufälliges Opfer, einen 22-jährigen körperlich unterlegenen jungen Mann. Diesem fügte er lebensgefährliche Schnittverletzungen am Hinterkopf zu.
Ohne die umgehende medizinische Intervention wäre er mit «an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit» daran gestorben, kam das Institut für Rechtsmedizin der Universität Zürich in seinem Bericht zum Schluss.
Haarscharf einer Festnahme entgangen
Nach der Tat rannte er mit seinen beiden Begleitern davon und geriet in unmittelbarer Nähe zum Tatort in eine Polizeikontrolle. Dort habe er sich über die Dauer der Kontrolle beschwert. Und wurde danach laufen gelassen. Die Polizisten wussten offenbar noch nichts von der Bluttat, die sich nur Minuten zuvor in der Dienerstrasse ereignet hatte, oder konnten noch keinen Zusammenhang zum Beschuldigten herstellen. Zur Festnahme kam es erst nach dem angeklagten Mord in Basel.
Wann die Kammer des Basler Strafgerichts den Fall verhandeln wird, ist noch unklar. Bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung gilt die Unschuldsvermutung.
Trauerst du oder trauert jemand, den du kennst?
Hier findest du Hilfe:
Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143
Seelsorge.net, Angebot der reformierten und katholischen Kirchen
Muslimische Seelsorge, Tel. 043 205 21 29
Jüdische Fürsorge, info@vsjf.ch
Lifewith.ch, für betroffene Geschwister
Verein Familientrauerbegleitung.ch
Verein Regenbogen Schweiz, Hilfe für trauernde Familien
Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147
Pro Senectute, Beratung älterer Menschen in schwierigen Lebenssituationen
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