Shitstorm gegen Zoo BaselStatt Einschläfern – früher hätte der Direktor das Orang-Utan-Baby aufgezogen
Der Zolli schläferte am Dienstag ein Orang-Utan-Junges ein, nachdem seine Mutter verstorben war. Eine Handaufzucht komme aus diversen Gründen nicht in Frage, begründete der Direktor den Entscheid. Vor 60 Jahren platzierte der Zoo Primaten noch in Familien.

- von
- Jeanne Dutoit
Darum gehts
Am letzten Januartag entschied sich der Zoo Basel dazu, ein vier Tage altes Orang-Utan-Baby einzuschläfern. Das Jungtier hatte am gleichen Tag, aus noch unbekannten Gründen, seine Mutter verloren. In einem Statement vor den Medien äusserte sich Zoodirektor Olivier Pagan, wieso der Zolli das Junge nicht am Leben gelassen hat. «Nein, wir wollen keine Handaufzucht», so Pagan deutlich.
Einen Primaten aufzuziehen, sei nicht so simpel, wie es sich manch einer vorstellten würde. Ein «Wunschtraum» sei es, überhaupt davon auszugehen, ein Primaten-Jungtier über den Berg zu bringen. Und dann fange die richtige Arbeit erst an. Eine Reintegration in die Menschenaffenwelt sei sehr schwierig. Diesen Leidensweg wollte der Zoo dem Orang-Utan-Baby ersparen, so der Zoodirektor.
Zusammen mit den Kindern in den Ferien im Tessin
Dabei vertrat der Zoo lange eine andere Haltung. 2003 wurde zuletzt ein Menschenaffe von Hand aufgezogen, wobei es in Basel insgesamt nur zu drei solchen Aufzuchten kam. «Danach hatte man in Basel und in der europäischen Population ausreichend Erfahrung gesammelt, um festzustellen, dass die Haltung in natürlichen Gruppen und Handaufzuchten schlecht zu vereinbaren sind», erklärt der zuständige Kurator Adrian Baumeyer. «Handaufzuchten, insbesondere bei Menschenaffen, haben fast immer Verhaltensauffälligkeiten zur Folge.» Das war auch bei der weltberühmten Gorilla-Dame Goma so.
Am 23. September 1959 wurde das Gorilla-Mädchen Goma im Zolli geboren. Goma war eine Sensation. Sie war der erste in Europa geborene Gorilla überhaupt. Weltweit berichteten Medien über die Geburt des Jungtieres.
Weil die kleine Goma nicht bei ihrer Mutter trinken konnte, griff der Zolli zu drastischen Massnahmen. Er verabreichte dem Muttertier Achilla ein Beruhigungsmittel und entnahm ihr Goma. Sie wurde in die Familie des Zoodirektors Ernst Lang platziert. Dort trug sie Windeln, verbrachte Zeit im Laufgitter, ass mit ihrer menschlichen Familie am Tisch und verbrachte die Ferien mit Langs Kindern im Tessin, wie sich Kurator Adrian Baumeyer in einem Portrait in der NZZ (Bezahlartikel) erinnert.
Den Menschen das Leben lang verbunden
«Wichtige Etappen in Gomas Leben waren die schrittweise Integration in die Gorillagruppe zusammen mit ihren Spielgefährten Pepe und Kati sowie Gomas Mutterschaft mit ihrem Sohn Tamtam, der als erstes Gorillakind weltweit im Beisein eines Silberrückenmannes herangewachsen ist», schreibt der Zolli. Dass sie ihren Sohn ohne menschliche Hilfe aufzog, wurde von den Medien in den 70er-Jahren als Sensation gehandelt.
Goma habe gelernt, ein Mensch zu sein. Ernst Lang empfand für sie Vatergefühle, das sagte er ganz offen, so der Kurator. «Als Folge ihrer aussergewöhnlichen Kindheit war Goma ihr ganzes Leben den Menschen verbunden und war deshalb in ihrer Gruppe lange eine Aussenseiterin geblieben», schrieb der Zolli, als sie 2018 im Alter von 58 Jahren verstarb.
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Schweizerische Tiermeldezentrale, wenn ein Tier entlaufen/zugelaufen ist
Stiftung für das Tier im Recht, für rechtliche Fragen
GTRD, Grosstier-Rettungsdienst, Tel. 079 700 70 70 (Notruf)
Schweizerische Vogelwarte Sempach, für Fragen zu Wildvögeln, Tel. 041 462 97 00
Tierquälerei:
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