Planespotting war gesternBasler Polizeiautos entzücken Youtube-User
Planespotting war gestern – auf Youtube gibts noch viel ausgefallenere Hobbies, auch in Basel. So etwa leidenschaftliche Filme von Einsatzfahrzeugen, Drämmli und Schiffen.
- von
- Mirjam Rodehacke

Mit seiner Kamera legt sich Fabio Casertano (15) beim Feuerwehrmagazin auf die Lauer.
Im Internet – besonders auf der Videoplattform Youtube – hat es Platz für alles. Seit Jahren schon buhlen Eisenbahn- und Flugzeugfans, sogenannte Train- bzw. Planespotter, mit ihren Aufnahmen um die Gunst von Gleichgesinnten. Zu den etablierten Hobbyfilmern kommen auch immer mehr «Exoten» hinzu, die sich Fahrzeugen wie Trams und Feuerwehrautos widmen. So etwa der 15-jährige Fabio Casertano aus Basel. 2013 begann er Videos von Einsatzfahrzeugen zu drehen und in seinem Youtube-Kanal «Blaulichtfilmer112CH» zu veröffentlichen.
Auf den richtigen Moment warten
Die Seite ist von 137 Usern abonniert und wurde bereits über 15'000 Mal besucht. Die meisten Filme wurden um die 200 Mal angeklickt, einer knackte sogar die 1000er-Marke . Die Leidenschaft für das Filmen von Einsatzwagen entdeckte Casertano, als er zufällig den Rettungsdienst eines Feuerwehrautos bei einem Jugendtreff beobachtete: «Mich fasziniert, dass diese Fahrzeuge so viel leisten und eine solch komplexe Ausrüstung dabei haben», so der Basler. Seit da filmt er regelmässig und lädt pro Woche etwa ein Video hoch – mittlerweile sind es 85. Meistens ist er alleine unterwegs und legt sich dabei vor dem Feuerwehrmagazin oder dem Spital auf die Lauer – dort wartet er, bis es zu einem Einsatz kommt. «Dabei können Stunden vergehen», erzählt der Schüler. Casertanos Hobby hängt zudem mit seinem Berufswunsch – er möchte Polizist werden – und seinem freiwilligen Engagement bei den Verkehrskadetten zusammen.
Interessen gehen über die Grenzen hinaus
Durch diesen Einsatz hat er auch Kenneth Arnold (16) kennengelernt, der unter dem Namen «KennyKanal» auf Youtube aktiv ist. Seine Seite zählt 133 Abonennten und wurde bisher über 60'000 Mal aufgerufen. 99 Videos sind auf seinem Kanal zu finden, wobei einige sogar schon um die 2'000 Mal angesehen wurden – eines sogar über 10'000 Mal. Arnold fokussiert sich auf die Transportmittel Bus, Zug und Tram. Letzteres filmt er am liebsten: «Als ich 2009 die Einweihung des neuen Tango-Trams gesehen habe, hat dies meine Begeisterung entfacht.» Sein Favorit ist die 200er Serie der BLT, denn dort gefällt ihm die Form und die Sänfte im vorderen Bereich am besten. Beide Youtuber erhoffen sich durch ihre Aktivitäten nicht etwa internationales Ansehen – es geht ihnen vor allem um den Austausch mit Gleichgesinnten und dem Spass an der Filmerei. Wenn das Interesse über die schweizerischen Grenzen hinausschwebt, haben sie aber auch nichts dagegen: Beide haben sich schon mit Gleichgesinnten Blaulicht- und Tramfilmern aus Deutschland ausgetauscht und Freundschaften geschlossen. Doch für grössere Filmprojekte fehlt schlichtweg die Zeit und das Geld.
Wenn die Leidenschaft zum Beruf wird
Thomas Kunadt (47) aus Hamburg ist den beiden Jungspunden schon etwas voraus. Er konnte sein Hobby, das Filmen von Schiffen, in der Szene Shipspotting genannt, zum Beruf machen. Seine Sammlung umfasst etwa 400'000 Bilder und ist damit einer der grössten der Welt. Mittlerweile hat er bereits seinen achten Bildband mit Fotografien von verschiedensten Dampfern veröffentlicht. Bis zu fünf Mal am Tag fährt er von seiner Wohnung im Hamburger Viertel Blankenese mit dem Rad an die knapp 300 Meter entfernte Elbe und fotografiert vorbeifahrende Schiffe – seit 18 Jahren. «Jeden Tag kommen etwa zwei Schiffe nach Hamburg, die noch nie hier waren und mit grosser Wahrscheinlichkeit auch nie wieder kommen», erklärte Kunadt dem «Spiegel». Mit den Schiffen liefert er sich täglich ein Wettrennen, sie bestimmten seinen Lebensrhythmus.
In der Basler «Spotting-Szene» liegt diese Kategorie derzeit noch brach – erst wenige Frachtschiffe sind zwischen Dreirosen- und Wettsteinbrücke gefilmt und veröffentlicht worden. Dies aber eher von Touristen oder Menschen, die zufällig gefilmt haben. Aber die Geschichte von Youtube lässt erahnen: Es wird nicht lange dauern und auch Basel hat seinen ersten Shipspotter.