Das Land ruftBauer sein ist in
Das Leben auf dem Hof ist im Trend: Die Anzahl Landwirte steigt seit ein paar Jahren wieder an. Und dies, obwohl es in der Schweiz zu wenig Höfe gibt.
- von
- Camilla Alabor

Wer Kühe und einen Stall besitzt, kann sich glücklich schätzen: Die grösste Schwierigkeit für Landwirtabsolventen ist es, einen eigenen Hof zu finden.
Tomaten anbauen auf dem Balkon, Bienen züchten auf der Dachterrasse: Die Städter und Agglomenschen holen das Land zu sich nach Hause. Oder aber sie kehren der Stadt ganz den Rücken – und werden Bauern. Dass die Anzahl Bauernhöfe seit Jahren schrumpft, schreckt sie offenbar nicht ab.
Insgesamt haben sich in den in den Jahren 2010 und 2011 erstmals wieder über 1000 Personen zum Landwirt ausbilden lassen; neuere Zahlen sind nicht erhältlich. So viele Bauern gab es zuletzt in den frühen 90er-Jahren. Seither pendelte die Zahl der Schulabgänger zwischen 800 und 900.
Ein Drittel steigt quer ein
Längst nicht mehr alle Landwirt-Studenten sind Bauernkinder. Laut Jakob Rösch vom Schweizerischen Bauernverband hat rund ein Viertel der Absolventen keinen familiären Bezug zur Landwirtschaft.
Für Jakob Rösch ist klar, warum sich Quereinsteiger für diesen Beruf entscheiden. «Es ist eine sehr vielfältige Arbeit: Man ist oft draussen, hat mit Tieren und der Natur zu tun und kann mit modernen Maschinen arbeiten.» Zudem habe man als Bauer eine gewisse Selbständigkeit.
Der Traum vom eigenen Hof
Die Quereinsteiger haben jedoch ein Problem: Selbst mit einem Abschluss in der Tasche ist es für sie «schwierig bis unmöglich», zu einem eigenen Hof zu kommen, wie Christoph Jenni von der Landwirtschafts-Ausbildungsstätte Strickhof sagt. Der Grund: Jedes Jahr verschwinden rund 1000 Höfe. Das zeigt der Agrarbericht 2013 des Bundesamts für Landwirtschaft.
Darüber hinaus sind Bauernhöfe eine teure Angelegenheit für jene, die Haus und Land nicht von ihren Eltern erben. Auf dem Markt kostet ein Hof mindestens eine bis zwei Millionen Franken. Rund zwei Drittel davon müssten die Anwärter als Eigenmittel aufbringen, wie August Köpfli vom Schweizer Bauernverband festhält. Pachtangebote gebe es praktisch keine, weil diese sich für den Besitzer nicht lohnten. Diesen Schwierigkeiten zum Trotz bleibe der eigene Hof für viele Landwirte der Traum, sagt Jakob Rösch.
Druck ist gewachsen
Diejenigen, die es dann doch schaffen, einen eigenen Hof zu führen, haben deswegen noch kein sorgenfreies Leben. Wie der Agrarbericht 2013 zeigt, sind die Bauern in den meisten Lebensbereichen weniger zufrieden als die durchschnittliche Schweizer Bevölkerung. Gründe für die Unzufriedenheit sind das tiefe Einkommen, die spärliche Freizeit und die schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.
Ueli Straub vom äuerlichen Sorgentelefon sagt: «Der Druck, Kosten zu sparen, ist grösser geworden.» Angestellte zu haben, könnten sich nur die wenigsten Betriebe noch leisten. Das heisse wiederum, dass auch die Frauen und Kinder im Haushalt mit anpacken müssten, damit der Hof keine roten Zahlen schreibe. Oder dass sich die Frau einen zweiten Job suchen müsse.
Bäuerin sucht Putzfrau
Erschwerend komme hinzu, dass sich Bauern nicht gewohnt seien, in schwierigen Situationen Hilfe zu suchen, so Straub. «Das hat auch mit dem Bild zu tun, das Bauern von sich haben – dass ein Landwirt nämlich selbständig und unabhängig ist.» Er weiss von einer Bäuerin, die nur schon der Schritt, eine Putzfrau anzustellen, enorm viel Überwindung gekostet habe.
Die Quereinsteiger gehen solche Fragen möglicherweise unbelasteter an. Doch auch sie werden es nicht leicht haben, nach dem Abschluss der Landwirtschule erst einmal einen eigenen Bauernhof zu finden.