Nach InterviewBauern grollen der Migros
Die Neuordnung des Milchmarkts geht nicht ohne Nebengeräusche ab: Nachdem der Migros-Chef den Verband der Milchproduzenten als «Betonklotz» betitelt hatte, bekommt der Grossverteiler nun den Zorn der Bauern zu spüren.
Die Organisatoren des Eidgenössischen Jodlerfests 2011 haben dem Grossverteiler einen Korb gegeben, wie Co-Präsident und alt Nationalrat Hanspeter Seiler gegenüber dem «Schweizer Bauern» vom Mittwoch sagte. Migros und Coop hätten sich mit gleich guten Offerten um das Sponsoring des Anlasses bemüht.
Nachdem er das fragliche Interview mit Migros-Chef Herbert Bolliger gelesen habe, sei für ihn klar gewesen, dass die «Migros unter diesen Umständen kaum mehr als Sponsoringpartner in Frage kommt», sagte der Berner SVP-Politiker. Damit bleiben dem Jodlerfest fünf Hauptsponsoren - darunter der Schweizer Milchproduzentenverband SMP.
Ohne Migros entgeht den Organisatoren ein sechsstelliger Betrag; die genaue Höhe nannte Seiler nicht. Für die Migros bedeutet die Absage einen Verlust an Publizität: Neben rund 12 000 aktiven Teilnehmenden erwarten die Organisatoren am Jodlerfest in Interlaken mindestens 200 000 Gäste. Zudem wird der Anlass von den Medien breit abgedeckt.
Stein des Anstosses ist ein Interview mit dem Migros-Chef, das der «Schweizer Bauer» am 9. April publiziert hatte. Mit Bezug auf den SMP kritisierte Bolliger darin die «verkrusteten Strukturen» im Agrarbereich. «Man will diesen Betonklotz auflösen», sagte er damals.
Migros gibt sich erstaunt
In einer Stellungnahme zeigte sich die Migros erstaunt über die harsche Reaktion der Bauern. Bolliger habe die Strukturen angesprochen, aber keine Kritik an den Bauern geübt. «Die Migros und ihre Industriebetriebe pflegen eine vertrauensvolle und langfristig angelegte Partnerschaft mit den Schweizer Bauern», heisst es in der Mitteilung.
Davon sind die Bauern offenbar nicht mehr überzeugt: Auch beim Schweizerischen Bauernverband (SBV) war die Empörung gross. Die Landwirtschaftskammer, das Parlament des SBV, verlangte eine Reaktion auf die abschätzigen Äusserungen Bolligers, wie SBV-Sprecherin Sandra Helfenstein auf Anfrage sagte.
Aus diesem Grund werden nun die jährlichen Spitzengespräche zwischen dem SBV und der Migros vorverlegt. Statt wie geplant im Juli findet das Treffen zwischen den Migros-Chefs und den obersten Bauernvertretern in den nächsten zwei Wochen statt. Das genaue Datum steht laut Helfenstein noch nicht fest. (sda)