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Futterpapst Bei der HCG-Diät nimmt nur das Portemonnaie ab

Die «Hollywood Diät» propagiert Abnehmen dank Schwangerschaftshormon. Ernährungsexperte Jürg Hösli hat seine Zweifel.

Jürg Hösli
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Jürg Hösli
Globalstock, iStock

Das Abnehmen ist heute ein grosses Tummelfeld von Geschäftemachern und Pülverchenverkäufern. Kaum ein Markt boomt mehr und in keinem Umfeld sind mehr haarsträubende Verkaufsmethoden zu finden wie im Kampf gegen die ungewollten Kilogramm. So ist es natürlich, dass sich auch Ärzte mit dem Thema befassen und einige davon, mit einer Methode in der Schweiz werben, welche in anderen Ländern zurecht verboten ist.

Ernährung ist eine Frage der Prävention und kann weder mit Zäpfchen noch mit Spritzen geregelt werden. Dass dies nicht im Bereich der Kernkompetenz von Vertretern einer Berufsgattung liegt, welche sich mit Krankheiten und deren Lösung mittels Medikamenten befassen, liegt auf der Hand.

Doch ein paar findige Mediziner wollten im Bereich der Körperfettreduktion nun eine exklusive, einfache Lösung anbieten: Die HCG Diät. Da der Arzt als einziger etwas spritzen darf, musste etwas her, was zwar kaum Wirkung auf den Körper hat, aber somit auch kaum Nebenwirkungen.

Das Schwangerschaftshormon HCG wird den Abnehmwilligen indiziert und parallel eine strenge Diät von 500kcal pro Tag durchgeführt. Natürlich muss eine nette Geschichte darum gemacht werden, der Körper ziehe ja in der Schwangerschaft viele Energie aus dem Fett und darum werden nun alle in Windeseile schlank und schön.

Dass die Frauen ja durchschnittlich in der Schwangerschaft 12kg zunehmen, scheint hier auch niemanden zu stören. So bemerkt es folgerichtig auch niemand, dass alle, die mit 500kcal richtig gut abnehmen, sich genauso gut die Nase hätten rot anmalen können oder jeden Morgen das Knäckebrot hochleben lassen, das Resultat wäre das gleiche gewesen, doch dann hätte der Arzt nichts verdient.

Urheber dieser Diät war in den 1950er Jahren der Arzt Albert T.W. Simeons. Er hatte Frauen in Indien HCG in kleinen Dosierungen indiziert und dazu eine kohlenhydratreduzierte Diät von 500kcal gemacht. Er hielt fest, dass dann vor allem Körperfett und wenig Muskelmasse abgenommen wird. Von der amerikanischen Behörde für Lebens- und Arzneimittel wurde diese Aussage später als unlauter bezeichnet.

Als in den 70er Jahren die HCG Diät in den USA insbesondere durch Kevin Trudeau wiederaufgekommen war, wurde dieser schliesslich mit einer Haftstrafe und fünf Millionen Dollar bestraft aufgrund von irreführender Werbung. Und nun vierzig Jahre später scheinen einige Ärzte in der Schweiz ihr Studium in dieser Hinsicht zu nutzen, dass man etwas hochleben lässt, was hierzulande aufgrund einer zu laschen Politik noch nicht verboten ist und mit dem man richtig Kohle verdient kann.

Die Kur kostet für ein paar Injektionen mit einem Warenwert von 15 Franken und einem Ernährungsplan, der das Blatt nicht wert ist, ungefähr 1000 Franken.

Überall wo Geld verdient werden kann, gibt es Nachahmer. Und dies gibt es in der Fitnessbranche zuhauf. Sofort wurden wirkungslose Globuli erfunden und diesen den Namen «BIO – HCG» gegeben und die Produkte mit 500kcal Plänen verkauft. Auch hier werden nun Menschen, welche diese Produkte nehmen plötzlich schlank, jung und schön. Dass die Kunden eine Gratwanderung machen zwischen physiologischer Erschöpfung, Schlafstörung, Dünnhäutigkeit, hormonelle Störungen ja sogar Burnout scheint niemanden zu interessieren. Auf einen der es schafft, kommen 9 andere, welche durch diese Diäten in den Jo-Jo–Effekt mit Selbstzweifeln getrieben werden, mehr verunsichert als zuvor.

Darum Hände weg von solchen Diäten, ausser ihr wollt langfristig ein leichteres Portemonnaie.

Jürg Hösli ist Ernährungswissenschaftler, Querdenker und greift gerne kontroverse Themen aus Sport, Psychologie und Ernährung auf. Er ist seit 30 Jahren im Leistungssport, hat Weltmeister und Olympiasieger betreut. Er ist Begründer der Ernährungsdiagnostik und der Schule für Ernährungsdiagnostik erpse in Winterthur. Hösli betreut hier vor allem übergewichtige Klienten und Menschen mit Reizdarm oder Erschöpfungszuständen. Für 20 Minuten schreibt er als Futterpapst eine Kolumne.

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