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Schlechtes JahrBeim SF schalten immer weniger ein

Die drei Fernsehkanäle des Schweizer Radio und Fernsehen sind erstmals unter 30 Prozent Marktanteil gerutscht. Hoffnung gibt SF1: Der erste SF-Sender konnte am Hauptabend sogar zulegen.

Der Marktanteil des Schweizer Fernsehens fiel 2011 erstmals unter 30 Prozent.

Der Marktanteil des Schweizer Fernsehens fiel 2011 erstmals unter 30 Prozent.

Langjährige Formate wie «Benissimo» sind beim Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) Auslaufmodelle. Stattdessen versucht SRF, mit Experimenten und Einzelsendungen neue Zuschauer zu gewinnen - so etwa mit einer Kleinkunst-Show und einer Backsendung.

«Wenn die Sendungen gut ankommen, werden sie weitergeführt. Wenn nicht, war es eine gute Erfahrung», fasst SRF-Unterhaltungschef Christoph Gebel das neue Konzept zusammen. Man habe nicht den Auftrag, Sendungen dreissig Jahre lang laufen zu lassen.

Intern hat SRF diese neue Haltung bereits umgesetzt: In der Unterhaltungsabteilung gibt es heute keinen Mitarbeiter und keine Mitarbeiterin mehr, die ausschliesslich für eine Sendung tätig ist. Alle arbeiten immer wieder an anderen Produktionen.

Was in den Büros des Leutschenbachs schon Realität ist, soll in diesem Jahr nun auch auf dem Bildschirm sichtbar werden: Das SRF will ausprobieren, was das Publikum wirklich will. Geplant sind Einzelsendungen und Staffeln mit nur wenigen Folgen.

«Guetzle» in der Weihnachtszeit

Ein Beispiel ist die achtteilige Kleinkunst-Sendung «Comedy aus dem Labor», die vom Magier und Kabarettisten Michel Gammenthaler moderiert wird. Sie versteht sich als Sprungbrett-Format für den Schweizer Humor-Nachwuchs.

Auch die Zuschauer können mitmachen, selbst wenn sie sich nicht auf die Bühne trauen. Gemäss Gebel können sie ihre Gags selber mit einer Kamera aufnehmen und auf die «Labor»-Website hochladen. In der Sendung werden die Filmchen dann ausgestrahlt.

Ein zweites Experiment ist die geplante Backsendung in der Weihnachtszeit. Während das SRF seit Jahren auf Kochsendungen setzt, künftig mit «Schwiizer Chuchi mit Ivo Adam», ist das «Guetzle» und Kuchenbacken als Hauptsendeinhalt neu.

Das noch namenlose Back-Format kann - wie auch das Comedy-Labor - günstig produziert werden und bleibt nur dann länger auf Sendung, wenn die Zuschauerzahlen stimmen.

Fernsehen findet nicht mehr nur am TV statt

Ein Versuchsballon, der bereits ausgestrahlt wird, ist die Sendereihe «wild@7» auf SFzwei, mit der das SRF neue Moderatoren finden und jüngere Zuschauer gewinnen will. Das Problem mit den Jungen: Für sie findet TV längst nicht mehr nur am TV statt.

An gewissen Tagen laufe die Sendung im Internet viel besser als am Fernseher, sagte Programmchef Hansruedi Schoch. Am klassischen TV- Gerät würden dann nur noch etwa 20 000 Personen einschalten.

Jene, die entweder die zeitverzögerte Nutzung beim Digital- Fernsehen nutzen oder die Sendung im Internet sehen, werden dabei nicht als Zuschauer erfasst - und werden damit auch nicht bei den Marktanteilen abgebildet.

Unter 30-Prozent-Marke gerutscht

Ab kommenden Jahr stellt die mit der Messung der Schweizer TV- Einschaltquoten beauftragte Mediapulse AG das Messsystem um. Von 2013 an werden auch die Internet-Zuschauer und die Nutzer der zeitverzögerten Sendungen erfasst. SRF hofft, dass die neue Messmethode einen positiven Einfluss auf den Marktanteil hat. Dieser ist im vergangenen Jahr unter die 30-Prozent-Marke gerutscht.

Im 2011 erreichten die SRF-Programme noch einen Ganztagesschnitt von 29,8 Prozent. Das sind 2,8 Prozent weniger als im Vorjahr, wie aus der Programmbilanz des SRF hervorgeht, die am Dienstag veröffentlicht wurde. Teilweise erklärt werden kann der Verlust damit, dass 2010 die Fussball-WM in Südafrika stattfand, was dem Fernsehen höhere Quoten beschwert hatte.

Positiver sieht die Bilanz des ersten SF-Senders aus. SF1 konnte die Marktanteile am Hauptabend um 0,5 Prozentpunkte steigern und erreichte 31 Prozent, das bedeutet, dass 31 Prozent aller Zuschauer, die gerade vor dem Fernseher sassen, SF1 eingeschaltet hatten.

Einen Teil des Verlustes begründet SRF damit, dass das Vorjahr mit der Fussball-WM in Südafrika ein Sportjahr war. Diese bescheren den SRF-Sendern für gewöhnlich gute Marktanteile. (sda)

Raus aus dem Studio

Das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) will der Polit-Diskussionsrunde «Arena» frischen Wind einhauchen. Die Sendung wird deshalb in diesem Jahr zwei Mal ausserhalb des Studios an symbolträchtigen Orten produziert. Welche Orte das sind, ist noch nicht klar, da die zwei «Arena vor Ort»-Sendungen erst für Herbst und Winter geplant sind. Falls die Asylproblematik dann aber immer noch oder erneut aktuell ist, wäre es gemäss SF-Chefredaktor Diego Yanez beispielsweise möglich, die Sendung direkt im Empfangszentrum Kreuzlingen TG durchzuführen.

Ein zweites Beispiel wäre das Thema Öffentlicher Verkehr, das in Olten, dem Knotenpunkt der SBB, durchdebattiert werden könnte. Neu werde es zusätzlich zur Diskussion auch themenbezogene Einspieler geben, sagte Yanez am Dienstag an der SRF-Jahresmedienkonferenz in Zürich.

Ziel der Ausseneinsätze ist es, die «Arena» weiterzuentwickeln. Das SRF setzt dabei auf ein Format, das sich beim Schweizer Fernsehen bereits lange Jahre bewährte. Diskussionsrunden vor symbolträchtiger Kulisse mit themenbezogenen Einspielern wurden bis 1992 unter dem Namen «Freitagsrunde» ausgestrahlt. 1993 wurde die Sendung abgelöst - von der «Arena».

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