Iran Beriwan (27) kämpft gegen die Mullahs in Teheran
Beriwan kämpft im Iran für eine militante Untergrundorganisation und will den Sturz des Regimes. US-Sanktionen aber lehnt sie ab. Ein Wechsel müsse von innen kommen.
- von
- Ann Guenter
Erwartet hatten wir Tarnanzug und Kalaschnikow, doch sie kam mit einer schwarzer Lacktasche und perfekt gezupften Augenbrauen. So sieht man Beriwan (27) nicht an, dass sie ein Mitglied der militanten kurdischen Untergrundgruppe Partei für ein Freies Leben in Kurdistan (PJAK*) ist. «Wir sind ständig in Bewegung», erzählt sie. «Unsere Basis liegt in den Kandil-Bergen, aber wir kommen auch in geheimen Safehouses in iranischen und nordirakischen Städten unter.»
Der Kampf gegen das Regime in Teheran, das die Kurden als Volk nicht anerkennt, ihre politischen Parteien verbietet und den Frauen den Schleier aufzwingt, hat bislang Beriwans Leben bestimmt. Für ihren Lebenstraum – mehr Autonomie für die Kurden im Iran – verzichtet die 27-Jährige auch auf Kinder. «Wieso eine Seele auf die Welt bringen, wenn sie nicht frei sein kann?», sagt sie bei unserem Treffen, das Ende Jahr im Nordirak stattfand.
«Es endet immer gleich: im Gefängnis»
Im Land komme es seit Monaten zu Protesten, was im Westen lange Zeit unbemerkt geblieben war. Das Klima sei angespannt. «Diejenigen, die die Proteste organisieren, gehen riesige Risiken ein. Sie werden der politischen Umtriebe angeklagt oder es werden ihnen Verbrechen angedichtet. Es endet immer gleich: im Gefängnis.»
Das Leben in Iran bezeichnet die PJAK-Kämpferin als «unangenehm»: «Der Druck auf Teheran durch die US-Sanktionen wird direkt an die Bevölkerung weitergegeben.» Die Arbeitslosigkeit sei hoch, die Steuern ebenso. Die, die einen Job hätten, erhielten kaum noch Lohn. «Vor einem Jahr kostete ein Glas Konfi 2000 umgerechnet keine vier Rappen. Heute sind es 18'000 Rial, etwa 40 Rappen. Alles ist sehr teuer geworden. Ein normales Leben ist kaum möglich.»
«Weder Essen noch Arbeit»
Gerade in den Kurdengebieten im Nordwesten Irans gebe es weder Arbeit noch Essen. «Aus dieser Not holen viele Waren im Nordirak, um sie im Iran weiterzuverkaufen», so Berivan. «Werden sie erwischt, klagt man sie wegen Drogen- oder Waffenschmuggels an und richtet sie hin.»
Ist es nicht im Interesse der PJAK, wenn die US-Regierung mit wirtschaftlichen Sanktionen den Unmut in der Bevölkerung wecken und das Regime in Teheran in die Knie zwingen will? «Nein», sagt Beriwan. «Denn die wirtschaftlichen Strafsanktionen treffen als Erstes das iranische Volk. Das ist nicht in unserem Sinne. Wir arbeiten für, nicht gegen das Volk.»
«Es liegt am Volk»
Die aktuellen Proteste in Iran werden das Regime in Teheran in den kommenden Monaten nicht zum Stürzen bringen. Und doch stellen die immer breiter abgestützten und immer kürzer werdenden Protestwellen laut Beobachtern eine fundamentale Gefahr für den Fortbestand der Islamischen Republik dar. Die Kämpferinnen der PJAK dürften die Entwicklungen im Land mit Hoffnung verfolgen. Ausländische Interventionen, die auf einen Regimewechsel abzielen, lehnen sie gleichwohl ab: «Es liegt am Volk, das System von innen heraus zu ändern.»
* Die PJAK ist eine militante kurdische Untergrundorganisation im Iran und eine Schwesterorganisation der PKK. Im Gegensatz zur PKK ist die PJAK in Europa nicht als Terrororganisation gelistet. Seit 2004 führt die PJAK einen bewaffneten Kampf für mehr Autonomie der Kurden Irans, lehnt die Scharia und Kopftuchpflicht ab und setzt sich für Frauenrechte ein.