Berlusconi oder Veltroni - Gebeuteltes Italien hat die Wahl
Silvio Berlusconi hat - noch - günstige Umfrageergebnisse im Rücken, sieht sich als Garant für wirtschaftlichen Aufschwung und stabile Verhältnisse. Gegenspieler Walter Veltroni verspricht frischen Wind und ein «neues Italien».
Bei den Neuwahlen zum Parlament am 13./14. April will der 52- jährige römische Linksdemokrat dem nahezu 20 Jahre älteren Mailänder Milliardär und Ex-Ministerpräsidenten die Rückkehr an die Macht versperren. Wer auch immer das Rennen macht - er hat es mit einem von Skandalen gebeutelten Land zu tun.
Zwei Monate nach dem Rücktritt der Mitte-Links-Koalition von Romano Prodi, der durch internen Streit die Mehrheit im Senat verlor, haben es die Italiener in der Hand: Die etwa 50 Millionen Wahlberechtigten sollen der 62. Regierung der Nachkriegszeit den Weg in die Amtssessel ebnen.
Nach einem eher müden Wahlkampf mit nur wenigen schweren Konfrontationen wissen viele noch nicht, ob sie zur Urne gehen und für wen sie ihr Kreuz machen sollen. Politikverdrossenheit ist weit verbreitet, das Vertrauen in die «Kaste» in Rom minimal. Kann Veltroni daran etwas ändern?
Veltroni wie Obama
«Es wird eine Überraschung geben», zeigt sich der frühere römische Bürgermeister optimistisch, zumal er auch bei einem «TV- Duell auf Distanz» (in separaten Sendungen) recht gut abschnitt. Bisher hatte er eine «weiche Strategie» gefahren, den Gegner geschont und so zu einem schlappen Wahlkampf beigetragen.
Der Ex-Kommunist Veltroni zog es vor, sanft sein Image als «Erneuerer» zu pflegen - ganz wie US-Präsidentschaftskandidat Barack Obama. Und vielleicht braucht man Berlusconi für eine grosse Koalition?
Berlusconis letzte Schlacht
Berlusconi zeigt sich siegessicher, scheut aber den direkten Schlagabtausch mit dem telegenen und jüngeren Veltroni. Er will seine engen Kontakte zum Business auch für eine Rettung der maroden Airline Alitalia in die Waagschale werfen, das Land noch einmal fünf Jahre lang «reformieren» und dann als Staatsmann abtreten.
Korruption und Mafia-Macht. Müllkrise in Neapel. Dioxin in der Mozzarella, gepanschter Billigwein. Das sind jüngste Schlagzeilen, die nicht allein die Italiener selbst, sondern auch das Ausland an «Bella Italia» zweifeln lassen.
Wenn die Blätter jedoch Titel setzen wie «Die Firma Italien liegt ganz hinten», dann geht es um die massivsten wirtschaftlichen Probleme des G8-Mitglieds: drohendes Null-Wachstum, ein rekordverdächtiges Staatsdefizit, Ebbe im privaten Geldbeutel.
«Nützliche Wahl»
Weil es nicht gelang, mit einer Reform des Wahlrechts den Parteiendschungel etwas auszulichten, schallt der Ruf nach einer «nützlichen Wahl» durchs Land: Die Italiener sollen eine der beiden grossen Parteien, Berlusconis Rechts-Bündnis PDL (Volk der Freiheit) oder Veltronis neue Mitte-Links-Partei PD (Demokratische Partei) wählen und damit für Stabilität sorgen.
Da wehren sich die Kleineren wie die Zentrumsunion UDC oder die «Regenbogen-Linke»: Die Hauptprotagonisten sollten nicht alles unter sich ausmachen können - zumal ein klares Bild nach dem Urnengang schon überraschend wäre.
(sda)