Berset rutscht ab – Amherd ist jetzt am beliebtesten

Publiziert

WahlumfrageBersets Beliebtheit leidet unter «Corona Leaks»

Alain Berset, der beliebteste Bundesrat – bis jetzt. Viola Amherd und Karin Keller-Sutter haben den Innenminister überholt.

von
Claudia Blumer
1 / 6
Alain Berset hat die Beliebtheits-Rankings trotz Negativschlagzeilen angeführt. Doch nun ist er auf Platz drei gerutscht. Viola Amherd ist jetzt am beliebtesten, gefolgt von Karin Keller-Sutter. «Es ist erstaunlich, dass Berset auch nach den neusten Enthüllungen immer noch auf Platz drei ist», sagt Politologe Sandro Lüscher von der Universität Zürich. Innenminister Alain Berset, aufgenommen am 1. März 2023 während der Frühlingssession.

Alain Berset hat die Beliebtheits-Rankings trotz Negativschlagzeilen angeführt. Doch nun ist er auf Platz drei gerutscht. Viola Amherd ist jetzt am beliebtesten, gefolgt von Karin Keller-Sutter. «Es ist erstaunlich, dass Berset auch nach den neusten Enthüllungen immer noch auf Platz drei ist», sagt Politologe Sandro Lüscher von der Universität Zürich. Innenminister Alain Berset, aufgenommen am 1. März 2023 während der Frühlingssession.

20min/Matthias Spicher
«Das habe ich noch nie erlebt, ein Politiker, der so viele Fehltritte macht und Kritik kassiert und immer noch so beliebt ist beim Volk», sagt Lüscher. Es müsse an Bersets Charme und Charisma liegen.

«Das habe ich noch nie erlebt, ein Politiker, der so viele Fehltritte macht und Kritik kassiert und immer noch so beliebt ist beim Volk», sagt Lüscher. Es müsse an Bersets Charme und Charisma liegen.

privat
Kommunikationsberater Manfred Messmer sagt, bisher hätten die Schlagzeilen Berset beim Volk nicht geschadet, weil die Privatsphäre tabu sei. Zum neusten Skandal sagt Messmer: «Berset wird auch diese Krise durchstehen, sofern er das will und den Rückhalt in der Partei nicht verliert.»

Kommunikationsberater Manfred Messmer sagt, bisher hätten die Schlagzeilen Berset beim Volk nicht geschadet, weil die Privatsphäre tabu sei. Zum neusten Skandal sagt Messmer: «Berset wird auch diese Krise durchstehen, sofern er das will und den Rückhalt in der Partei nicht verliert.»

privat

Darum gehts

  • Alain Berset ist nicht mehr der beliebteste Bundesrat. Das zeigt die neuste Wahlumfrage von 20 Minuten und Tamedia.

  • Grund seien die Corona Leaks, sagt Politologe Sandro Lüscher.

  • Es sei aber erstaunlich, dass Berset immer noch auf Platz drei ist, trotz des Mailverkehrs zwischen Innendepartement und Ringier.

Alain Berset ist nicht mehr der beliebteste Bundesrat. Der Innenminister (SP) ist auf Platz drei gerutscht, wie die dritte Wahlumfrage von 20 Minuten und Tamedia zeigt (siehe Box). Am beliebtesten ist jetzt Verteidigungsministerin Viola Amherd (Mitte), gefolgt von Finanzvorsteherin Karin Keller-Sutter (FDP).

Bisher führte Berset die Beliebtheits-Rankings an – aller Negativschlagzeilen zum Trotz. So auch in der zweiten Wahlumfrage im August 2022, wo er trotz Erpressungsaffäre, Flug-Malheur in Frankreich und Antennengeschichte ganz oben war. Nun scheint die Beliebtheit einen Knick zu bekommen.

«Erstaunlich, er ist immer noch auf Platz drei»

Die sogenannten Corona-Leaks hätten ihm durchaus geschadet, sagt Politologe Sandro Lüscher von der Universität Zürich. Im Januar hatte CHMedia publik gemacht, dass Bersets früherer Sprecher den Ringier-CEO während der Pandemie mit vertraulichen Informationen bedient habe. «Auf diese Enthüllungen reagierten auch Bersets Anhänger teilweise irritiert», sagt Lüscher.

Deshalb sei es erstaunlich, dass Berset auf dem dritten Platz ist und damit immer noch zu den beliebtesten Bundesratsmitgliedern zählt. «Das habe ich noch nie erlebt, ein Politiker, der so viele Fehltritte macht und Kritik kassiert und immer noch so beliebt ist beim Volk», sagt Lüscher. Es müsse an Bersets Charme und Charisma liegen.

Die Umfrage

Kommunikationsberater Manfred Messmer ordnete Bersets Beliebtheit im Sommer 2022 noch so ein: Private Skandale könnten ihm nichts anhaben, weil sie eben privat sind. Zudem machten ihn die Enthüllungen teilweise noch sympathischer. «Was, der Typ fliegt? Cool. Was, er wehrt sich gegen eine Antenne? Verstehe ich.» So ungefähr reagierten die Leute auf Privat-Skandale. Doch die Corona-Leaks sind nicht mehr privat, sondern Gegenstand juristischer Untersuchungen. Messmer sagt: «Berset wird auch diese Krise durchstehen, sofern er das will und den Rückhalt in der Partei nicht verliert.»

Roger Huber, Inhaber eines Kommunikationsbüros, führt die sinkenden Beliebtheitswerte auch auf die Themenkonjunktur zurück: «Während der Corona-Pandemie hatte Berset mit seiner Spitzenposition eine unglaublich grosse Sichtbarkeit. Und da wir die Covid-Krise weniger restriktiv gemeistert haben als andere Länder, war dies für ihn von Vorteil.» Heute seien Zuwanderung, Krieg und die Lebenshaltungskosten ein Thema. «Hier wirkt Berset kaum mehr mit.»

Parmelin ist bei der FDP beliebter als bei der SVP

Viola Amherd als beliebteste Bundesrätin bekommt in der Umfrage die Note 4,22, also knapp genügend. Auch Berset holte im letzten August nur eine 4,11. Laut Sandro Lüscher ist das nicht überraschend, die Bevölkerung bewerte Magistratspersonen streng. Eine Vier sei schon gut. Amherd verdanke ihren Spitzenplatz nicht nur der Dossierfestigkeit, sondern auch ihrer Volksnähe. «Sie geht unter die Leute, geht auch mal tanzen.»

Erstaunlich sei der Fall von Guy Parmelin, sagt Lüscher: Als einziger Bundesrat hat er ausserhalb seiner Partei höhere Beliebtheitswerte als in den eigenen Reihen. Der SVP-Wirtschaftsminister aus der Waadt bekommt von FDP-Wählenden die Note 4,29 – von SVP-Anhängern hingegen lediglich eine 4,1.

Themenkonjunktur schwierig für SP

Wenn Bersets Stern sinkt, habe das auf die Wahlchancen der SP im Herbst nicht unbedingt einen negativen Einfluss, schätzt Politologe Lüscher. Denn das öffentliche Gedächtnis sei enorm kurzlebig, die Corona Leaks seien im Herbst vergessen. Hingegen könnte die Hochkonjunktur des Migrationsthemas der SP schaden. «In diesem Bereich traut man der SVP die höchste Problemlösungskompetenz zu», sagt Lüscher. Er sehe das an seinem Wohnort im Aargau, wo eine Mehrzweckhalle sowie eine Zivilschutzanlage als Asylunterkunft gebraucht werden. «Das Thema ist präsent und bewegt die Leute.» Allerdings könne es bis im Herbst auch noch Überraschungen geben. Etwa eine Umweltkatastrophe, welche das Umweltthema in den Fokus rücken würde. 

Warum hat Bersets Beliebtheit nachgelassen?


Bundesratswahlen

Auch Nicht-Wiederwahl ist ein Thema

Falls es zu einer parteipolitisch neuen Zusammensetzung des Bundesrats käme, ist eine relative Mehrheit von 43 Prozent dafür, dass dies über die Nicht-Wiederwahl von amtierenden Mitgliedern geschieht. 39 Prozent sagen, dass eine neue Zusammensetzung über reguläre Rücktritte erfolgen soll. Die bevorzugten parteipolitischen Modelle eines Bundesrats sind das heutige sowie die Variante, dass die SP nur noch ein Mitglied stellen würde, dafür die GLP noch eines. Je 19 Prozent der Befragten sind für diese beiden Varianten.

Keine News mehr verpassen

Mit dem täglichen Update bleibst du über deine Lieblingsthemen informiert und verpasst keine News über das aktuelle Weltgeschehen mehr.
Erhalte das Wichtigste kurz und knapp täglich direkt in dein Postfach.

Deine Meinung

225 Kommentare