Bertarelli fordert Reform der «Deed of Gift»
Ernesto Bertarelli fordert eine Reform der Stiftungsurkunde von 1887. Wenn der Alinghi-Patron seine Ideen verwirklichen kann, kommt das für den America's Cup einer Revolution gleich.
Seit dem Urteil des New York Supreme Court hatte sich Alinghi nur auf ein paar dürren Zeilen zur verfahrenen Situation rund um den America's Cup geäussert. Gestern wurde die PR-Maschinerie wieder in Gang gesetzt. In einem offenen Brief erklärte Ernesto Bertarelli, dass er die sogenannte «Deed of Gift» aus dem 19. Jahrhundert an die Bedürfnisse der Gegenwart anpassen will. Die Stiftungsurkunde, welche die Rahmenbedingungen für die Durchführung des America's Cup vorgibt, ist einer der Hauptgründe für die ständigen juristischen Auseinandersetzungen rund um den America's Cup. Sie lässt viel zu viel Interpretationsspielraum zu.
«Nach dem Studium der Regeln habe ich gesehen, dass die Deed of Gift nicht aktiv Parität für die Teams und eine langfristige Zukunft des Anlasses fördert», schreibt Bertarelli. Er suchte deshalb im Oktober den Dialog mit dem New York Yacht Club, der die «Deed of Gift» im 19. Jahrhundert verfasst hatte. «Ich wollte sehen, wie viel Enthusiasmus und Bereitschaft bestand, den Anlass auf das heutige Sportumfeld anzupassen, ohne dabei das zu verlieren, was den America's Cup einzigartig macht.»
Bertarelli hat sich in der Segelwelt zuletzt viele Sympathien verscherzt und agiert spätestens seit der Niederlage vor Gericht gegen BMW Oracle aus einer Position der Schwäche. Nun signalisierte er seine Bereitschaft, für eine Modernisierung der Stiftungsurkunde gewisse Privilegien des Cupholders zu opfern. «Innerhalb dieses Prozesses bin ich gerne bereit, bei einigen der Rechte des Titelverteidigers Kompromisse zu machen, um das zu erreichen, was für den Event am besten ist.»
Bertarelli stellt in diesem Zusammenhang selbst die automatische Qualifikation des Titelverteidigers für den Final in Frage. Er denkt auch an Anpassungen, die es erlauben würden, den Zeitplan und die Regeln für mehrere America's-Cup-Zyklen im Voraus festzulegen, um die Planung und Finanzierung zu erleichtern. «Während ich die faszinierenden Aspekte des America's Cup sah, wurden mir gleichzeitig auch seine Schwächen bewusst. Das unsichere Format des Anlasses bedeutete, dass Teams und die ganze America's-Cup- Gemeinschaft über den nächsten Cup hinaus keine Zukunft hatten. Das führt dazu, dass Teams nur einen Zyklus überleben und dass sich der ganze Anlass alle drei bis fünf Jahre neu erschaffen muss.» Als dritten Punkt führt Bertarelli die Möglichkeit ins Feld, die Schirmherrschaft über den America's Cup auf mehrere involvierte Teams zu verteilen. Bis heute hat der Cupholder de facto das alleinige Sagen und bestimmt unter anderem, wann und wo er die Trophäe aufs Spiel setzt.
Bertarelli schreibt weiter, dass er sich am vergangenen Wochenende auch mit Larry Ellison über seine Ideen unterhalten habe und sich freue, dass dieser den vorgeschlagenen Änderungen sehr positiv gegenüberstehe. Ellison ist der Boss von BMW Oracle, dass sich mit einer Klage vor dem New York Supreme Court das Recht erstritten hat, anstelle von Desafio Español als Vertreter der Herausforderer erster Ansprechpartner von Alinghi zu sein. Zu glauben, dass die beiden Erzrivalen zum Wohle des Cups gemeinsame Sache machen, fällt indes schwer. Zu erbittert haben sie sich vor Gericht bekämpft, zu gross scheinen ihre Egos.
(si)