Schweiz steht vor Methadon Engpass: Experte warnt vor verheerenden Folgen

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Methadon-Engpass«Wenn nicht sofort gehandelt wird, sind die Folgen verheerend»

Die Produktion des Marktführers für Methadon wurde von Swissmedic sistiert. Laut dem Suchtmedizin-Experten könnten etliche Patienten wieder in die Heroinsucht getrieben werden.

von
Lynn Sachs
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Nach der Sistierung der Bewilligung des Methadon-Herstellers Amino AG befürchtet ein Suchtmediziner, dass etliche Patientinnen und Patienten zurück in die Heroinsucht fallen könnten.

Nach der Sistierung der Bewilligung des Methadon-Herstellers Amino AG befürchtet ein Suchtmediziner, dass etliche Patientinnen und Patienten zurück in die Heroinsucht fallen könnten.

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Wie er sagt, ist der Grosshandel von Methadon in Tablettenform bereits ausverkauft. «Es gibt lediglich noch die Restbestände der Apotheken. Diese könnten aber bereits in zwei Wochen ausgehen.»

Wie er sagt, ist der Grosshandel von Methadon in Tablettenform bereits ausverkauft. «Es gibt lediglich noch die Restbestände der Apotheken. Diese könnten aber bereits in zwei Wochen ausgehen.»

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Das Arud habe in den letzten Tagen etliche Anrufe von Betroffenen erhalten. «Sie rufen uns verängstigt an und fragen, wie es weitergeht.»

Das Arud habe in den letzten Tagen etliche Anrufe von Betroffenen erhalten. «Sie rufen uns verängstigt an und fragen, wie es weitergeht.»

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Darum gehts

  • Tausende Methadon-Patientinnen und -Patienten könnten bald ein Problem haben.

  • Dem grössten Schweizer Hersteller von Methadon-Tabletten wurde von Swissmedic die Lizenz sistiert.

  • Ein Experte warnt: «Wenn nicht sofort gehandelt wird, sind die Folgen verheerend.»

Der Schweiz droht ein Versorgungsengpass mit Methadon. Swissmedic hat dem grössten Produzenten, der Amino AG in Gebenstorf AG, die Betriebsbewilligungen und alle Arzneimittelzulassungen sistiert. Laut einer Mitteilung der Schweizerischen Gesellschaft für Suchtmedizin, könnte bereits im Laufe der nächsten Wochen mit einer Verschärfung der Versorgungslage zu rechnen sein. «Wenn nicht sofort gehandelt wird, sind die Folgen verheerend», sagt Thilo Beck des Arud Zentrum für Suchtmedizin. 

Wie er sagt, ist der Grosshandel von Methadon in Tablettenform bereits ausverkauft. «Es gibt lediglich noch die Restbestände der Apotheken. Diese könnten aber bereits in zwei Wochen ausgehen.» Für die 9000 Schweizer Patientinnen und Patienten gebe es kaum Alternativen. «Viele nehmen das Medikament seit Jahren und sind damit stabil. Wenn Methadon aber nicht mehr erhältlich ist, besteht die Gefahr, dass sie wieder Heroin illegal auf der Strasse besorgen», befürchtet der Suchtmediziner. Das Arud habe in den letzten Tagen etliche Anrufe von Betroffenen erhalten. «Sie rufen uns verängstigt an und fragen, wie es weitergeht.» 

Obwohl flüssiges Methadon weiterhin verfügbar wäre, sei das für viele Bezügerinnen und Bezüger keine Alternative. «Beim Einnehmen von flüssigem Methadon klagen viele über Nebenwirkungen. Zudem ist eine Umstellung schwierig und kann die Personen destabilisieren.» Auch logistisch sei es kaum möglich. «Die meisten Patientinnen und Patienten holen einmal im Monat ihre Dosis ab. Beim flüssigen Methadon müssten sie dann einen Sack voller Flaschen abholen, die zu Hause sicher verwahrt werden müssen. Zudem sei unklar, ob der Hersteller des flüssigen Methadons eine genügende Produktionskapazität habe.»

Notlager ist nicht verkehrsfähig

Gemäss einer Medienmitteilung von Swissmedic gilt die Sistierung der Bewilligung für die Amino AG solange, bis die Mängel behoben worden sind und bis Swissmedic die Aufhebung der Sistierung verfügt hat. Gegenüber 20 Minuten sagte ein Sprecher, dass man die heilmittelrechtlichen Vorschriften zum Schutz der Patientinnen und Patienten durchsetze. «Swissmedic hat keinen Versorgungsauftrag.» Im konkreten Fall sei der Ermessensspielraum nach einer Nutzen-Risiko-Abwägung genützt worden.

Wie das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung erklärt, gibt es in der Schweiz zwar ein Notlager für Methadon, dieses ist aber im Eigentum der Amino AG. «Da sie derzeit über keine Betriebsbewilligung mehr verfügt, sind diese Waren nicht mehr verkehrsfähig», so Sprecher Thomas Grünwald. Man stehe in engem Kontakt mit Spitälern, der Suchthilfe und anderen Firmen und Behörden, um diese bei der Lösungsfindung zu unterstützen. «Grundsätzlich ist Methadon in der Schweiz weiterhin verfügbar und eine Lohnherstellung durch eine andere geeignete Firma ist grundsätzlich auch möglich.»

Hast du oder hat jemand, den du kennst, ein Problem mit illegalen Drogen?

Hier findest du Hilfe:

Sucht Schweiz, Tel. 0800 104 104

Safezone.ch, anonyme Onlineberatung bei Suchtfragen

Feel-ok, Informationen für Jugendliche

Infodrog, Information und Substanzwarnungen

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