Bettelverbote sind rechtens
Das im vergangenen November vom Grossen Rat des Kantons Genf verfügte Bettelverbot ist nicht verfassungswidrig. Das Bundesgericht sieht darin weder einen Verstoss gegen die Wirtschafts- noch gegen die persönliche Freiheit. Wer in Genf bettelt, wird deshalb künftig gebüsst.
Am 30. November 2007 ergänzte der Grosse Rat des Kantons Genf das kantonale Übertretungsstrafgesetz mit einer Bestimmung, wonach das Betteln mit Busse geahndet wird. Zwei Privatpersonen und ein Verein riefen dagegen das Bundesgericht an. Sie argumentierten, das Bettelverbot sei verfassungswidrig, weil es gegen die Wirtschaftsfreiheit verstosse und die persönliche Freiheit einschränke.
Für das Bundesgericht ist die Wirtschaftsfreiheit nicht tangiert, weil diese nur die freie Wahl eines Berufes und den freien Zugang zu beziehungsweise die freie Ausübung einer wirtschaftlichen Aktivität garantiert. Betteln sei nun aber weder ein Beruf noch eine wirtschaftliche Aktivität, weil der Leistung keine Gegenleistungen gegenüberstehen.
Das Bundesgericht räumt in seinem Urteil ein, dass das Bettelverbot zwar das Recht auf freie Lebensgestaltung tangiert. Wie andere Freiheitsrechte kann jedoch auch das Recht auf persönliche Freiheit eingeschränkt werden, wenn hiefür eine gesetzliche Grundlage besteht, die Einschränkung im öffentlichen Interesse liegt und verhältnismässig ist. Alle diese Voraussetzungen sind laut Bundesgericht erfüllt. Es sei nicht selten, dass Passanten und Bürger von bettelnden Personen, vor allem wenn diese im Bereich von Passagen, Einkaufszentren oder öffentlichen Plätzen gehäuft auftreten, belästigt oder unter Druck gesetzt würden. Auch im Umstand, dass oft Kinder zum Betteln missbraucht würden, liege ein öffentliches Interesse für ein Bettelverbot.
Unter dem Blickwinkel der Verhältnismässigkeit ist es deshalb erlaubt, ein generelles Bettelverbot zu erlassen. Insbesondere eine örtliche oder eine zeitliche Einschränkung des Bettelns löst das Problem nach Meinung des Bundesgerichts nicht, weil sich dann das Betteln auf einen Ort oder auf einen gewissen Zeitpunkt konzentriert und die Bettelnden quasi permanent überwacht werden müssten. Schliesslich weist das Bundesgericht in seinem Grundsatzentscheid darauf hin, dass in der Schweiz jedermann Anspruch auf minimale soziale Leistungen hat, um ein menschenwürdiges Dasein zu führen. Aufgrund dieses sozialen Auffangnetzes verfügen die meisten Personen über die allernötigsten Mittel und sind deshalb gar nicht auf das Betteln angewiesen. (sda)