Kanton Zürich: Bewegungsverbot für abgewiesene Asylbewerber

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Kanton ZürichBewegungsverbot für abgewiesene Asylbewerber

Im Kanton Zürich dürfen sich abgewiesene Asylbewerber nicht frei bewegen. Andere Kantone finden das unverhältnismässig und auch Flüchtlingsorganisationen reden von Schikane.

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Im Kanton Zürich dürfen viele abgewiesene Asylbewerber die Gemeinde, in der sich ihre Notunterkunft befindet, nicht verlassen.

Im Kanton Zürich dürfen viele abgewiesene Asylbewerber die Gemeinde, in der sich ihre Notunterkunft befindet, nicht verlassen.

Keystone/Gian Ehrenzeller/Symbolbild

Das Verbot erteilte ihm die Polizei vor einer Woche: Der junge Asiat darf die Gemeinde, in der seine Notunterkunft ist, nicht verlassen. Besonders schlimm sei für ihn, dass er seine kleine Tochter jetzt nicht mehr legal besuchen könne, sagt er. Denn sobald er zu ihr reist, riskiert der abgewiesene Asylbewerber eine Busse oder eine Gefängnisstrafe von bis zu drei Jahren. Eigentlich müsste er aus der Schweiz ausreisen, doch wegen seiner Familie will er unbedingt bleiben.

Deswegen sucht er nun bei einer Flüchtlingsorganisation um rechtlichen Rat, dort ist er nur einer von Dutzenden Abgewiesenen auf dem Platz Zürich mit dem gleichen Problem: Das Zürcher Migrationsamt unter der politischen Führung von SP-Sicherheitsdirektor und Regierungs­präsident Mario Fehr verbietet ihnen, sich frei zu bewegen.

33 Beschwerden beim Bezirksgericht

Flüchtlingsorganisationen kritisieren die Praxis des Migrationsamts scharf. Sie nehmen wahr, dass der Kanton in jüngster Zeit viel häufiger solche Verbote verhängt, nennen das Vorgehen gar «systematisch». Für Bea Schwager, Leiter der Sans-Papier-Anlaufstelle, handelt es sich um reine Schikane.

Die Beratungsstellen unterstützen die Betroffenen bei Beschwerden. Beim Bezirksgericht Zürich sind in den letzten Wochen 33 davon eingegangen. Dort ist ebenfalls umstritten, ob das Migrationsamt zu weit geht oder nicht: Mindestens ein Abgewiesener darf sich nun wieder frei bewegen.

Fehr: «Wer nicht bleiben darf, soll wieder gehen»

SP-Sicherheitsdirektor Mario Fehr ist hingegen überzeugt, dass Bewegungsverbote die Abgewiesenen zum Verlassen der Schweiz drängen und Kriminalität eindämmen. «Wer nicht bleiben darf, soll schnell wieder gehen», sagt er. Abgewiesene Asylsuchende müssten die Schweiz verlassen, weil ihr Asylgesuch rechtskräftig abgewiesen worden sei.

Das Schweizer Gesetz lässt es zu, abgewiesenen Asylbewerbern die Bewegungsfreiheit einzuschränken. Doch Zürich geht im Vergleich zu anderen Kantonen hart gegen abgewiesene Asylbewerber vor. So halten die Kantone St. Gallen oder Thurgau die Praxis nicht für angebracht. Im Thurgau braucht es etwa einen triftigen Grund, etwa wenn jemand die öffentliche Sicherheit gefährdet. Und laut Jürg Eberle, Leiter des St. Galler Migrationsamts, werden solche Verfügungen nur selten ausgesprochen: «Das sind ja keine Gefangenen von uns.»

Übernommen vom «Tages-Anzeiger», bearbeitet von 20 Minuten.

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