Skandal um LuxusmarkePädo-Gewalt in Balenciaga-Kampagne laut Experten «bewusste Provokation»
Balenciaga schockiert mit ihrer jüngsten Kampagne. Doch wer trägt die Verantwortung dafür? Marketing-Experten ordnen ein.
- von
- Michelle Ineichen
Darum gehts
Das Modelabel Balenciaga hat sich von seiner neusten Kampagne distanziert und rechtliche Schritte gegen die Verantwortlichen angekündigt.
Gemäss einer Marketing-Expertin versucht die Luxusmarke damit, einen Teil der Verantwortung auf Ausführende abzuschieben, obwohl das Label letztlich die Konsequenzen selbst tragen sollte.
Boykottaufrufe wegen Teddy-Bären im BDSM-Look und Gerichtsdokumenten über Kinderpornographie: Das spanische Modelabel Balenciaga hat mit seiner jüngsten Werbekampagne eine Kontroverse ausgelöst. «Werbung ist typischerweise ein Balanceakt von Grenzen ausloten. Durch Provokation wird versucht, die grösstmögliche Aufmerksamkeit zu erreichen», erklärt Sarah Seyr, Marketing-Expertin und Psychologin. Balenciaga habe jedoch über das Ziel hinausgeschossen.
Das Label hat sich in der Zwischenzeit von der Kampagne distanziert und angekündigt, gegen die Set-Verantwortlichen rechtlich vorzugehen. Laut Seyr liegt die Verantwortung aber bei Balenciaga. «Das Modehaus versucht, einen Teil der Verantwortung auf Ausführende abzuschieben. Die Konsequenzen sollte letztlich das Label selbst tragen.» Sie vermutet, dass der Luxusmarke eine letzte Kontrollinstanz fehlt, welche Kampagnen vor der Veröffentlichung prüft.
«Es ist anzunehmen, dass Balenciaga nicht klar war, was die Konsequenzen der Kampagne sind», sagt Marketingexpertin Carole Ramuz. Im kreativen Prozess versuche man oftmals Grenzen zu sprengen, Innovationen zu zeigen oder ein neues Statement zu bringen. «Manchmal geht man sehr weit, um dann wieder den Kern der Botschaft zu finden. Offensichtlich gab es bei der Entstehung der Kampagne keine Gatekeeper in Bezug auf Strategie oder Reputation, oder die Stimmen wurden einfach ignoriert», so Ramuz.
«Balenciaga hat definitiv eine rote Linie überschritten»
Marketing-Experte Felix Murbach sieht es anders: «Balenciaga provoziert oft mit Werbung, um die Umsätze zu steigern. Ich kann mir daher gut vorstellen, dass die Kampagne bewusst so geplant war und das Label damit bewusst provozieren wollte.» Dass das Modelabel nicht bemerkt haben soll, welche Inhalte es verbreitet, sei höchst unwahrscheinlich: «Eine Kampagne wird in der Regel vor der Veröffentlichung von der Auftraggeberin freigegeben.»
Balenciaga habe mit dieser Kampagne definitiv eine «rote Linie» überschritten. Dadurch leiden aktuell der Ruf und die Reputation des Unternehmens. «Idealerweise hätte sich Balenciaga glasklar und unmissverständlich für den Fauxpas entschuldigen sollen. Die Schuldzuweisungen an die Set-Verantwortlichen wirken nicht glaubwürdig und hinterlassen einen eher fahlen Beigeschmack», sagt Murbach.
«Aus dem Ruder gelaufen»
«Gemessen an den Aussagen und Erklärungen und dem Wissen, dass Balenciaga eine Marke ist, die immer wieder für Kontroversen sorgt, müssen wir davon ausgehen, dass ein Konzept hinter der Idee stand», sagt auch Colin Fernando, Markenexperte und Partner bei Brand-Trust.
Es handle sich um eine zentrale Kampagne für das nächste Jahr, daher könne man auch annehmen, dass es über entscheidende Tische läuft. «Ich tippe darauf, dass es sich ab einem Punkt aber verselbständigt hat und durch die schlussendlich ausführenden Personen übertrieben wurde», sagt Fernando.
Durch das wiederkehrende Prinzip der Provokation werde es für Balenciaga und alle handelnden Personen immer schwieriger, einen «oben draufzusetzen»: «Dieses Prinzip hat hier vermutlich dazu geführt, dass es aus dem Ruder gelaufen ist», so der Markenexperte.
Teddybären im BDSM-Look
Was hältst du von Balenciagas neuester Kampagne?
Bist du minderjährig und von sexualisierter Gewalt betroffen? Oder kennst du ein Kind, das sexualisierte Gewalt erlebt?
Hier findest du Hilfe:
Polizei nach Kanton
Kokon, Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene
Castagna, Beratungsstelle bei sexueller Gewalt im Kindes- und Jugendalter
Beratungsstellen der Opferhilfe Schweiz
Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147
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