Mario Fehr «Bierwurf ist ein mittelalterliches Ritual»
SP-Regierungsrat Mario Fehr erklärt im Kantonsrat, warum er den Mann angezeigt hat, der ihn mit Bier überschüttete. Kritik von den Parteien gibt es trotzdem.
- von
- som
Sie gab am Montagmorgen zu reden im Zürcher Kantonsrat – die Bierdusch-Affäre um Regierungsrat Mario Fehr (SP). Als es von der SVP und AL Kritik hagelte, schilderte der Sicherheitsdirektor vor dem Parlament seine Sicht der Dinge.
Passiert ist es vor einem Jahr nach dem Fussballspiel FC Winterthur gegen den FC Zürich. In der Schützenwiese habe er «einen Schlag verspürt», zitiert ihn der «Tages-Anzeiger». Dann schüttete laut Fehr jemand ihm einen Becher Bier über den Kopf. Von «Kopf bis zur Hose» sei er nass gewesen, während er mit dem FC-Winterthur-Geschäftsführer Andreas Mösli gesprochen habe. Die Kantonspolizei habe ihm darauf geraten, eine Strafanzeige einzureichen. Lange habe er gezögert, so Fehr. Die Anzeige habe er erst eingereicht, nachdem der Fall mit dem Schachtdeckel, wobei ein FCZ-Fan schwer verletzt wurde, ausgelöst worden war, so Fehr.
Anzeige zurückgezogen
Für Fehr ist der Bierwurf ein «mittelalterliches Stammesritual». Die Polizei hätte die gleichen Ermittlungshandlungen vorgenommen, hätte eine Privatperson bei konkreten Hinweisen auf den Täter eine Anzeige eingereicht.
Das Bier gegen Fehr warf der Sohn der Thurgauer SP-Regierungsrätin Cornelia Komposch. Nach dessen Entschuldigung zog Fehr die Anzeige wieder zurück. Er wollte den beruflichen Werdegang eines jungen Mannes nicht durch ein Strafverfahren gefährden, erklärte Fehr. Der Bierwerfer habe ihm glaubhaft versichert, Stillschweigen über das Ganze zu bewahren und solches nie mehr zu tun. Zum Vorwurf, dass die Polizei nur auf seinen massiven Druck ermittelt habe, sagte Fehr, dass gewisse Teile in der Medienberichterstattung frei erfunden seien. Auch die Kantonspolizei Zürich wehrt sich auf Twitter gegen den Vorwurf, dass sie nur auf massiven Druck ermittelt haben soll.
«Säuhäfeli-Säudeckeli-Verhalten in Reinkultur»
Bei AL-Kantonsrat Markus Bischoff wirft das Vorgehen trotzdem Fragen auf. Er wollte in einer Anfrage wissen, warum die Stadtpolizei Winterthur nicht wie gesetzlich vorgesehen gegen den Bierwerfer ermittelt habe. Dass die Kantonspolizei, von der Fehr Chef ist, dies tat, erwecke den «Verdacht der Befangenheit». Ob eine Anzeige verhältnismässig sei, muss laut Bischoff jeder selbst entscheiden. Er selbst würde es aber in einem solchen Fall nicht tun.
SVP-Fraktion-Chef Jürg Trachsel findet die Anzeige «okay». Bierduschen müsse man nicht einfach so hinnehmen. Der Rückzug der Strafanzeige «gegen den verzogenen Sohn einer Couleurschwester und Gesinnungsgenossin» sei jedoch «Säuhäfeli-Säudeckeli-Verhalten in Reinkultur», sagt Trachsel gemäss dem «Tages-Anzeiger». Jeder In- und Ausländer wäre in einem ähnlichen Fall zur Kasse gekommen.
«Affentheater»
«Als Affentheater» bezeichnet FDP-Fraktionspräsident Thomas Vogel die Affäre: «Natürlich ist Bierwerfen inakzeptabel. Aber dass man deshalb gleich eine solche Maschinerie in Bewegung setzen muss, finde ich übertrieben.» Die Kantonspolizei hätte Besseres zu tun, als wegen einer solche Lappalie zu ermitteln.
Nicht zur Affäre äussern will man sich bei Fehrs Partei, so SP-Co-Präsident und Kantonsrat Andreas Daurù: «Jeder muss bei einem solchen Übergriff selbst entscheiden, wie er vorgeht.» Es sei nicht die Aufgabe der SP, dies zu kommentieren. Dass nur Fehr entscheiden kann, ob eine Anzeige nötig ist, findet auch Marionna Schlatter, Präsidentin der Grünen. Sie könne aber Fehrs Ärger verstehen: «Ich hätte auch keine Freude, wenn jemand mich mit Bier überschütten würde. Das ist unanständig.»