Zu grosses AngebotBiomilch-Bauern müssen auf die Warteliste
Weil die Nachfrage kleiner ist als das Angebot, müssen Milchbauern ihre Biomilch bald als konventionelle Milch verkaufen.
- von
- Dorothea Vollenweider
Schweizer Biobauern müssen ihre Biomilch als konventionelle Milch verkaufen, weil die Nachfrage nach Biomilch zu klein ist. Was absurd tönt, wird für einige Landwirte bald bittere Realität sein.
Der Dachverband der Schweizer Bioproduzenten, Bio Suisse, erwatet in den kommenden Jahren erneut einen deutlichen Anstieg an Biomilch. Das Problem: «Die verwertete Biomilchmenge ist nie ganz so hoch wie die produzierte Biomilchmenge», sagt Lukas Inderfurth, Sprecher von Bio Suisse, zu 20 Minuten. Trotzdem: Immer mehr Landwirte rüsten um. Nicht zuletzt, weil sie für einen Liter Biomilch laut der Plattform Bioaktuell.ch 84 Rappen erhalten – das sind 24 Rappen mehr als für konventionelle Milch (Zahlen von November 2018) .
Nachfrage hinkt hinterher
Zwar gewinnt Biomilch zunehmend an Wichtigkeit und macht inzwischen 7,1 Prozent der gesamten Schweizer Milchproduktion aus – doch die Nachfrage seitens Verarbeiter und Konsumenten wächst nicht ganz so schnell. Nun wollen Biomilch-Organisationen einen Preiszerfall durch ein Überangebot verhindern. Sie haben laut dem Landwirtschaftlichen Informationsdienst (LID) deshalb entschieden, neue Biomilchproduzenten per 2020 auf eine Warteliste zu setzen.
Das funktioniert so: Bio Suisse verlangt von seinen Mitgliedern eine Pflichtmitgliedschaft in einer der sechs anerkannten Produzentenorganisationen. Dazu gehören Suisse Biomilch, der Verein Bio-Lieferanten Emmi-Biedermann, die Berner Biomilch-Gesellschaft, PMO Züger/Forster, Progana und die IG Bio ZMP. Diese Pflichtmitgliedschaft soll zu mehr Transparenz bei den Milchmengen führen und genauere Prognosen erlauben.
Ab 2020 gilt Aufnahmestopp
Die Biomilch-Organisationen können ihre Lieferanten auf Wartelisten setzen, wann immer sie zu viel Milch haben. Diese Warteliste gibt es gemäss Bio Suisse schon lange. Sie dient als Instrument, das freiwillig eingesetzt werden kann – es sei denn, es wird eine obligatorische Warteliste verordnet. Zuletzt geschah das 2013, weil das Angebot an Biomilch die Nachfrage überstieg.
Anfang Jahr wurde nun zum zweiten Mal entschieden, ab Anfang 2020 eine obligatorische Warteliste einzuführen. Konkret heisst das, dass vom 1. Januar 2020 bis 31. Mai 2020 schweizweit keine neuen Biomilchproduzenten aufgenommen werden können. Erreicht ein Produzent den Vollknospe-Status also per 1. Januar 2020, muss er seine Milch trotzdem weiterhin als konventionelle Milch abliefern.
«Dass der Produzent seine Milch nach der getätigten Umstellungszeit nicht unmittelbar als Biomilch absetzen kann, ist für jeden Landwirt enttäuschend», sagt Cemil Klein, Leiter des Kompetenzzentrums Suisse Biomilch bei der Mooh Genossenschaft. Doch der Bauer wisse genau, dass seine Produktion dem Markt ausgesetzt sei und ein Angebotsüberschuss einen Preisdruck verursache. «Wenn solche befristete Massnahmen helfen, das Preisniveau im Biomilchmarkt zu halten, dann kommt dies dem Bauer wieder zugute», erklärt Klein das Vorgehen. Die Massnahme kann bis höchstens Ende 2020 verlängert werden.
Der Markt für Biomilch
Auf rund 4000 Schweizer Betrieben werden laut der Plattform Bioaktuell.ch derzeit jährlich über 245'000 Tonnen Milch in Bioqualität produziert. Sie macht inzwischen 7,1 Prozent der gesamten Schweizer Milchproduktion aus. Biomilch wird bei rund 170 zertifizierten Käsereien und Molkereien zu verschiedenen Produkten verarbeitet. Am häufigsten kaufen Schweizer Konsumenten Trinkmilch, Käse und Joghurt in Bio-Qualität.